Rz. 61

Die einvernehmliche Scheidung vor dem Notar ist im Gegensatz zum gerichtlichen Verfahren grundsätzlich von der Voraussetzung bestimmt, dass die Ehegatten keine gemeinsamen Kinder haben, wobei es unerheblich ist, ob die Kinder während der Ehe geboren oder sogar adoptiert wurden. Eine Ausnahme von dieser Grundregel bildet die Scheidung einer Familie mit Minderjährigen vor dem Notar, der auch in diesem Fall die Scheidung feststellen kann, sofern die Ehegatten einvernehmlich entsprechende Regelungen betreffend die Kinder und die Namen nach der Scheidung getroffen haben. Dabei unterliegen ihre Vereinbarungen betreffend die Kinder einer zusätzlichen Überprüfung durch das Jugendamt. Sollten sich die Ehegatten nicht hinsichtlich sämtlicher Punkte einigen können, wird der Antrag abgewiesen und die Herbeiführung eines gerichtlichen Urteils angestrebt.

 

Rz. 62

Das außergerichtliche Scheidungsverfahren ist detailliert im ZGB geregelt, wobei aus praktischer Sicht bedeutsam ist, dass der Scheidungsantrag beim Notar nicht nur persönlich, sondern auch durch einen Bevollmächtigten mit einer notariellen Spezialvollmacht eingereicht werden kann (Art. 376 ZGB). Allerdings müssen die Ehegatten nach Ablauf einer 30-tägigen Frist persönlich vor dem Notar für die Willensbekundung erscheinen. Nach Zulassung des Antrags wird eine Scheidungsbescheinigung ausgestellt. Stellt der Notar fest, dass nicht alle Voraussetzungen erfüllt sind, wird er den Antrag zurückweisen und die Ehegatten auffordern, eine gerichtliche Scheidung herbeizuführen. Gegen den Zurückweisungsbeschluss des Notars gibt es keine Rechtsmittel. Im Falle einer missbräuchlichen Abweisung des Scheidungsantrags durch den Notar können die Ehegatten gerichtlich Schadensersatzansprüche geltend machen.

 

Rz. 63

Infolge der neuen gesetzlichen Regelungen betreffend die außergerichtliche einvernehmliche Scheidung und der Vorteile in Bezug auf das nichtöffentliche Verfahren stellt deren Quote im Jahre 2019 mehr als 65 % aller Scheidungen dar (ca. 20.000 einvernehmliche Scheidungen vor dem Notar und dem Standesamt). Es ist davon auszugehen, dass ein Großteil davon von dem Notar ausgesprochen wurde.

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