Rz. 133

Es wird vermutet, dass ein Kind von dem Ehemann der Mutter abstammt, wenn die Geburt während des Bestehens einer Ehe stattfand (Art. 62 § 1 S. 1 Alt. 1 FVGB). Dies gilt auch dann, wenn das Kind vor Ablauf von 300 Tagen seit der Beendigung oder Nichtigerklärung einer früheren Ehe geboren wurde (Art. 62 § 2 FVGB). Ist das Kind vor Ablauf von 300 Tagen seit Beendigung oder Nichtigerklärung der Ehe geboren und war die Mutter zu diesem Zeitpunkt wieder verheiratet, so gilt der zweite Ehemann der Mutter als Vater des Kindes (Art. 62 § 1 S. 1 Alt. 2 FVGB). Die Vermutungen nach Art. 62 § 1 S. 1 FVGB gelten nicht, wenn das Kind nach Ablauf von 300 Tagen seit der Entscheidung über die Trennung von Tisch und Bett geboren ist (Art. 62 § 1 S. 2 FVGB).

 

Rz. 134

Die Vaterschaftsvermutungen können nur durch Anfechtung der Vaterschaft in einem gerichtlichen Verfahren beseitigt werden (Art. 62 § 3 FVGB). Der Art. 71 FVGB, wonach die Anfechtung nach dem Tod des Kindes unzulässig war, wurde am 4.12.2013 durch Urteil des Verfassungsgerichtshofes[124] aufgehoben. Die Anfechtung der Vaterschaft erfolgt durch den Nachweis, dass der Ehemann nicht der Vater des Kindes ist (Art. 67 FVGB). Hinsichtlich der einzuhaltenden Fristen für die Anfechtung der Vaterschaft stellt das Gesetz unterschiedliche Anforderungen auf:

Der Ehemann der Mutter kann die Vaterschaft nur binnen sechs Monaten seit dem Tag anfechten, an dem er von der Geburt des Kindes durch seine Ehefrau Kenntnis erlangt, jedoch nicht mehr nach Erlangung der Volljährigkeit des Kindes (Art. 63 FVGB). Die Klage ist sowohl gegen das Kind als auch gegen die Mutter zu erheben. Ist die Mutter verstorben, so ist die Klage nur gegen das Kind zu erheben (Art. 66 FVGB). Die Anfechtung der Vaterschaft ist nicht zulässig, wenn das Kind durch einen medizinischen Eingriff, mit dem der Ehemann der Mutter einverstanden war, gezeugt wurde (Art. 68 FVGB).
Die Mutter kann die Vaterschaft innerhalb einer Frist von sechs Monaten seit der Geburt des Kindes gerichtlich anfechten (Art. 69 § 1 FVGB). Die Klage ist gegen den Ehemann sowie das Kind zu richten; ist der Ehemann verstorben, so ist die Klage nur gegen das Kind zu richten (Art. 69 § 2 FVGB).
Das volljährige Kind kann die Vaterschaft durch Klage gegen den Ehemann seiner Mutter und gegen die Mutter binnen einer Frist von drei Jahren nach Volljährigkeit erheben (Art. 70 § 1 FVGB). Ist die Mutter verstorben, so ist die Klage nur gegen ihren Ehemann zu richten. Ist nur dieser verstorben, so ist die Klage gegen den vom Vormundschaftsgericht zu bestellenden Pfleger zu richten (Art. 70 § 2 FVGB).
[124] Urteil des VerfGH vom 26.11.2013, P 33/12, GBl 2013, Pos. 1439. Formell gelten weiterhin ähnliche Beschränkungen aus anderen Vorschriften: Art. 61/15 FVGB (Ausschluss der Feststellung der Mutterschaft nach dem Tod des Kindes), Art. 83 § 1 FVGB (Ausschluss der Feststellung der Unwirksamkeit der Anerkennung der Vaterschaft nach dem Tod des Kindes), Art. 84 § 1 S. 2 FVGB (Ausschluss der gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung nach dem Tod des Kindes). Die Entscheidung des VerfGH vom 26.11.2013 lässt sich auch auf diese Beschränkungen übertragen, vor allem wenn sie durch deutsche Organe der öffentlichen Gewalt, die kein Verfahren vor dem poln. VerfGH initiieren könnten, anzuwenden wären.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge