[1] A. Die Beteiligten streiten um die Abänderung einer Jugendamtsurkunde über Kindesunterhalt.

[2] Der im Februar 1995 geborene Antragsteller ist Student ohne eigenes Einkommen und wohnt im Haushalt seiner Mutter, die unstreitig ein monatliches Nettoeinkommen von 3.270 EUR bezieht. Der Antragsgegner ist sein Vater. Erstmals im Jahr 1995 hat sich der Antragsgegner mit einer Jugendamtsurkunde zur Zahlung von Kindesunterhalt für seinen Sohn verpflichtet. Die titulierte Unterhaltspflicht wurde im Folgenden mehrfach abgeändert, unter anderem durch ein Urteil des Amtsgerichts vom 6.8.2007, durch das der Antragsgegner in Abänderung eines im Jahr 1997 geschlossenen Prozessvergleichs (unter anderem) dazu verurteilt wurde, an den Antragsteller ab Februar 2006 einen Elementarunterhalt in Höhe von monatlich 343 EUR sowie Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von monatlich 34 EUR zu zahlen. Mit Jugendamtsurkunde des Landratsamts O. vom 16.6.2008 verpflichtete sich der Antragsgegner, unter "Abänderung" des vorgenannten amtsgerichtlichen Urteils an den Antragsteller 128 % des Mindestunterhalts der dritten Altersstufe abzüglich des hälftigen gesetzlichen Kindergelds (derzeit: 481 EUR) zu zahlen. Es war im Folgenden nicht streitig, dass die Krankenversicherungsbeiträge von dem Antragsgegner darüber hinaus zu zahlen waren.

[3] In dem vorliegenden, im Jahr 2011 eingeleiteten Verfahren hat der Antragsteller beantragt, den geschuldeten Unterhalt in Abänderung der Jugendamtsurkunde vom 16.6.2008 für den Zeitraum ab Januar 2010 zu erhöhen. Der Antragsgegner ist diesem Antrag entgegengetreten und hat seinerseits – im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingetretene Volljährigkeit des Antragstellers – widerantragend begehrt, die Unterhaltspflicht in Abänderung der Jugendamtsurkunde für den Zeitraum ab März 2013 auf monatlich 296 EUR herabzusetzen. Das Amtsgericht hat sowohl den Antrag (insoweit rechtskräftig) als auch den Widerantrag abgewiesen. Die gegen die Abweisung des Widerantrags gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.

[4] B. Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.

[5] I. Ohne Erfolg beruft sich die Rechtsbeschwerde allerdings darauf, dass dem Antragsteller schon aus verfahrensrechtlichen Gründen keinerlei Rechte aus der Jugendamtsurkunde vom 16.6.2008 zustünden.

[6] 1. Die Rechtsbeschwerde macht insoweit geltend, dass eine einseitig erstellte Jugendamtsurkunde, in der sich der Unterhaltspflichtige verpflichtet habe, einen bestimmten Unterhalt an den Unterhaltsberechtigten zu zahlen, nicht dazu geeignet sei, einen auf einer gerichtlichen Entscheidung beruhenden Unterhaltstitel abzuändern. Da der ursprüngliche Unterhaltstitel, nämlich das amtsgerichtliche Urt. v. 6.8.2007, mangels wirksamer Abänderung weiterhin Bestand habe, hätte sich das Abänderungsbegehren beider Beteiligter richtigerweise gegen diesen Titel und nicht gegen die Jugendamtsurkunde vom 16.6.2008 richten müssen. Weil einerseits die mit der Jugendamtsurkunde beabsichtigte Abänderung der gerichtlichen Entscheidung vom 6.8.2007 fehlgeschlagen, andererseits die Schaffung eines zweiten Unterhaltstitels ersichtlich nicht beabsichtigt gewesen sei, müsse der Antragsgegner die verfahrensrechtliche Möglichkeit haben, die Jugendamtsurkunde vom 16.6.2008 als weiteren Vollstreckungstitel über den gleichen Anspruch zu beseitigen. Sofern dieses Ziel nicht mit dem auf § 239 Abs. 1 FamFG gestützten Widerantrag des Antragsgegners erreicht werden könne, komme es in Betracht, das Rechtsschutzbegehren des Antragsgegners in einen – hilfsweise gestellten – Vollstreckungsabwehrantrag nach § 113 Abs. 1 FamFG, § 767 ZPO umzudeuten, was auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz noch möglich sei.

[7] 2. Allein dieser Einwand verhilft der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg. Denn ein Grundsatz, dass eine gerichtliche Entscheidung über Kindesunterhalt nicht durch eine von dem Unterhaltspflichtigen einseitig nach den §§ 59 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 60 SGB VIII errichtete Jugendamtsurkunde ersetzt werden könne, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen.

[8] a) Eine solche Beschränkung lässt sich nicht aus der Rechtskraftwirkung unanfechtbar gewordener Entscheidungen herleiten. Obwohl die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung als solche nicht der Disposition der Beteiligten unterliegt (vgl. Senatsurt. v. 28.1.1987 – IVb ZR 12/86, FamRZ 1987, 368, 369), erlaubt dieser Umstand – auch bei Entscheidungen in Unterhaltssachen – nicht die weitergehende Schlussfolgerung, dass die Beteiligten gehindert wären, ihre Rechtsbeziehungen abweichend von der rechtskräftigen Entscheidung als Ausdruck ihrer Privatautonomie neu zu gestalten (vgl. auch BGH, Urt. v. 2.4.1991 – VI ZR 241/90, NJW 1991, 2295, 2296 zur Zulässigkeit vollstreckungsbeschränkender Vereinbarungen).

[9] Dies zieht im Ausgangspunkt auch die Rechtsbeschwerde ni...

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