Die Entscheidung des BGH hat in mehrfacher Hinsicht Bedeutung für die unterhaltsrechtliche Praxis.

I. Bei der Bedarfsbemessung nach der Quotenmethode ist beim Unterhaltspflichtigen und dem Unterhaltsberechtigten ein Erwerbsanreiz zu berücksichtigen. Dies drückt sich in dem Erwerbstätigenbonus aus, der dem Erwerbstätigen von seinem Einkommen zugebilligt wird. Insoweit wird dem mit der Erwerbstätigkeit verbundenen höheren Aufwand Rechnung getragen und zugleich ein Anreiz für die Erwerbstätigkeit geschaffen. Wichtig ist die Aussage (Rn 18), dass der Erwerbsanreiz als Rechtfertigung für die Minderung der Unterhaltsquote auf Seiten des Unterhaltspflichtigen entfällt, wenn dieser nicht erwerbstätig ist, auch, wenn er auf längere Zeit aus dem Erwerbsleben ausgeschieden ist. Dass der Unterhaltspflichtige Renteneinkünfte bezieht, hindert nicht den Abzug des Erwerbsanreizes vom Erwerbseinkommen des Unterhaltsberechtigten. In gleicher Weise wird für den umgekehrten Fall zu verfahren sein.

Der BGH nimmt sodann zur Berücksichtigung eines Erwerbsanreizes im Grundsätzlichen und zur Höhe Stellung.

In Auseinandersetzung mit der vereinzelt gegen die Berechtigung eines Erwerbstätigenbonus geäußerten Kritik hält der BGH daran fest, dass bei der Unterhaltsbemessung zum Ehegattenunterhalt der Erwerbstätigenbonus grundsätzlich abgezogen werden kann; dies kennzeichnete bislang auch die unterhaltsrechtliche Rechtsprechung. Er räumt zur Höhe indes ein, dass er seine Berechtigung insoweit verliert, als berufsbezogener Aufwand bereits pauschal oder konkret das Erwerbseinkommen gemindert hat (Rn 23). In tatrichterlicher Verantwortung kann dann ein geringerer Erwerbstätigenbonus angesetzt werden.

Beachtenswert ist die sich daran anschließende Ausführung, wonach nichts dagegen einzuwenden sei, den Erwerbstätigenbonus – wie es die Süddeutschen Leitlinien vorsehen – allgemein auf ein Zehntel zu bemessen.

Dies darf als Anstoß zu Überlegungen gewertet werden, über die Höhe des Erwerbstätigenbonus im Rahmen der Bedarfsermittlung nachzudenken. Die Erwägungen des BGH erscheinen sachgerecht. Es ist stimmig, die Höhe des Bonus zu reduzieren, wenn – wie in der Praxis üblich – berufsbezogener Aufwand vom Einkommen bereits abgezogen wurde. Auch die Überlegung, in allen Oberlandesgerichtsbezirken nach einheitlichen Kriterien zu verfahren, legt es nahe, zu einer einheitlichen Größe des Erwerbstätigenbonus zu gelangen. Allein der in der Praxis immer wieder zu hörende "Grundsatz", es schon immer so gemacht zu haben, sollte nicht von einer – aus Sicht des Verfassers – begrüßenswerten Abstimmung in allen OLG-Bezirken im Sinne einer 1/10-Handhabung abhalten.

II. Einen Hinweis verdienen ferner die Ausführungen zur Berücksichtigungsfähigkeit von Unterhaltszahlungen bei der Bedarfsermittlung (Rn 32, 33). Der Abzug von Unterhaltszahlungen rechtfertigt sich nicht nur dann, wenn sie wegen des Bestehens eines gesetzlichen Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt geleistet werden, vielmehr auch dann, wenn kein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt bestanden haben sollte, die Unterhaltszahlungen aber im Einvernehmen beider Elternteile erfolgten. Entscheidend ist, dass nur die geminderten Einkünfte für den allgemeinen Lebensbedarf zur Verfügung gestanden haben und stehen.

III. Wichtig für den Unterhaltsberechtigten wie den Unterhaltspflichtigen sind die Ausführungen zum Altersvorsorgeunterhalt nach § 1578 Abs. 3 BGB, der zweckgebunden zu verwenden ist.

Der Unterhaltsberechtigte braucht bei erstmaliger Geltendmachung keine konkreten Angaben über die Art und Weise der von ihm beabsichtigen Vorsorge zu machen. Sein Verlangen ist jedoch dann nicht (mehr) schlüssig begründet, wenn er in der Vergangenheit als Vorsorgeunterhalt erhaltene Beträge nicht bestimmungsgemäß verwendet hat oder er einem Auskunftsverlangen zur Verwendung des gezahlten Vorsorgeunterhalts nicht nachgekommen ist. Für den Unterhaltspflichtigen hat die Auskunftsverweigerung die Konsequenz, dass seine Verpflichtung entfällt, weiterhin Vorsorgeunterhalt zu zahlen (Rn 36, 37). Wird in der Folge die gewünschte Auskunft erteilt, setzt die Zahlungspflicht aber wieder ein.

IV. Zur Frage der Abänderbarkeit eines Unterhaltsvergleichs im Hinblick auf § 1578b BGB zieht der BGH seine bisherige Rechtsprechung heran (Rn 40, 41). Danach kommt es vorrangig darauf an, inwiefern der Vergleich im Hinblick auf die spätere Befristung eine bindende Regelung enthält. Ein Ausschluss der Einwendung nach § 1578b BGB liegt nicht darin, dass der Unterhaltspflichtige im Vorverfahren den zunächst erhobenen Einwand der Befristung fallen gelassen hat; dies besagt nicht mehr, als dass die Prüfung der Befristung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden sollte.

V. Auf der bisherigen Rechtsprechung beruhen auch die Ausführungen zum ehebedingten Nachteil. Dieser ist dann gegeben, wenn ein Ehegatte sich entschließt, seinen Arbeitsplatz aufzugeben, um die Haushaltsführung und Kinderbetreuung zu übernehmen. Anders liegt es, wenn die Ehegestaltung für den E...

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