Rz. 781

Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB kann sich eine zur Unwirksamkeit der Klausel führende unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Klausel nicht klar und verständlich ist. Das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ist Bestandteil der Inhaltskontrolle. Die Anwendbarkeit des Transparenzgebotes setzt damit eine wirksam in den Vertrag einbezogene Klausel voraus. Dies unterscheidet das Transparenzgebot von dem Verbot einer überraschenden Klausel nach § 305c BGB. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer AGB i.R.d. Möglichen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (BAG v. 31.8.2005 5 AZR 545/04, NZA 2006, 324, 328; BAG v. 1.9.2010, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 50). Eine Klausel muss i.R.d. rechtlich und tatsächlich Zumutbaren die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders so klar und präzise wie möglich umschreiben. Sie verletzt das Bestimmtheitsgebot, wenn sie vermeidbare Unklarheiten und Spielräume enthält (BAG v. 20.4.2011 – 5 AZR 200/10, NZA 2011, 917). Deshalb verstoßen widersprüchliche Vertragsklauseln in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag gegen das Transparenzgebot und sind unwirksam, soweit sie den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (BAG v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, NZA 2008, 40). Ein solcher Verstoß ist anzunehmen, wenn sich der Arbeitgeber in einem von ihm vorformulierten Arbeitsvertrag zu einer Bonuszahlung verpflichtet und im Widerspruch dazu in einer anderen Vertragsklausel einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Bonuszahlung ausschließt. In einem solchen Fall ist die Bonusregelung nicht insgesamt unwirksam, sondern nur insoweit, als der Arbeitnehmer durch den Ausschluss eines Rechtsanspruches auf die Bonuszahlung benachteiligt wird (BAG v. 24.10.2007 – 10 AZR 825/06, NZA 2008, 40; BAG v. 30.7.2008, NZA 2008, 1173).

 

Rz. 782

Nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB sind die Verwender von AGB entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Bei der Beurteilung, ob eine Regelung dem Transparenzgebot genügt, ist nicht auf den flüchtigen Betrachter, sondern auf den aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr abzustellen (BAG v. 19.8.2010 – 8 AZR 645/09, BB 2011, 767). Wie z.B. § 106 S. 1 GewO zum Ausdruck bringt, kann in Arbeitsverträgen regelmäßig nur eine rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht festgelegt werden. Das ist eine im Arbeitsrecht geltende Besonderheit, die nach § 310 Abs. 4 S. 2 BGB zu berücksichtigen ist (BAG v. 11.4.2006 – 9 AZR 557/05, NZA 2006, 1149). Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verlangt von dem Verwender nicht, alle möglichen Konkretisierungen der Arbeitspflicht und des Weisungsrechtes ausdrücklich zu regeln. Vielmehr ist das gesetzliche Weisungsrecht in § 106 GewO Ausschluss und Folge der vertraglichen Festlegung der Arbeitspflicht (BAG v. 13.3.2007, NZA 2007, 974). Eine Klausel etwa, die zur Bestimmung des Umfanges der Arbeitszeit des Arbeitnehmers auf die durch Rechtsverordnung geregelte Arbeitszeit vergleichbarer Beamter verweist, ist nicht unklar oder unverständlich i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB (BAG v. 14.3.2007 – 5 AZR 630/06, NZA 2008, 45).

 

Rz. 783

In der Rspr. des BAG fand das Transparenzgebot an verschiedenen Stellen Berücksichtigung, etwa bei der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung (BAG v. 27.10.1988, NZA 1989, 643) oder bei freiwilligen Sonderzuwendungen (BAG v. 22.12.1970 – 3 AZR 52/70, DB 1971, 729). An dieser Rspr. ist festzuhalten; die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten stehen einer Anwendung des so ausgeformten Transparenzgebotes nicht entgegen. Dies hat praktische Konsequenzen bei der Kombination von verschiedenen Instrumenten. Führt die in einem Arbeitsvertrag enthaltene Stichtagsklausel für eine Weihnachtsgratifikation zu einer längeren Bindungsdauer als die im selben Vertrag enthaltene Rückzahlungsklausel, sind diese Regelungen in ihrer Kombination unwirksam nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Diese beiden Klauseln können auch nicht geteilt werden, dass nur eine wirksame Rückzahlungsklausel aufrechterhalten wird. In Fällen, in denen die Intransparenz gerade aus der Kombination mehrerer Klauseln besteht, kann die Streichung nicht erfolgen und damit die Klausel transparent gemacht werden. Hier würde die Grenze der geltungserhaltenen Reduktion überschritten (LAG Düsseldorf v. 15.2.2017 – 7 Sa 397/16).

Ganz wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Folgerung, dass auch sog. preisbestimmende oder leistungsbeschreibende sowie deklaratorische Klauseln sich an dem Transparenzgebot messen lassen müssen. Hierunter fallen auch Bezugnahmeklauseln auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, welche selbst gem. § 310 Abs. 4 S. 1 BGB nicht auf Transparenz am Maßstab des § 3...

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