Rz. 26

Für das vorbereitende Verfahren werden die Gebühren in Teil 4, Abschnitt 1, Unterabschnitt 2 VV RVG geregelt. Unter dem vorbereitenden Verfahren, meist nur Vorverfahren genannt, versteht man das Ermittlungsverfahren, welches dem gerichtlichen Verfahren vorausgeht. Hierzu gehören das polizeiliche Ermittlungsverfahren und das Verfahren vor der Staatsanwaltschaft.

Der Beginn der Tätigkeit im Vorverfahren liegt regelmäßig im ersten Informationsgespräch mit dem Mandanten. Weitere typische Tätigkeiten im Vorverfahren können die nachstehend genannten sein, wobei für das Entstehen der Gebühr bereits eine dieser Tätigkeiten ausreicht, da es sich um eine Pauschgebühr handelt. Es genügt, dass der RA z. B. die Staatsanwaltschaft um Akteneinsicht ersucht hat, selbst wenn dieses Ersuchen erfolglos ist. Folgende Tätigkeiten können im Vorverfahren vorkommen:

das erstmalige Gespräch mit dem Auftraggeber zur Entgegennahme der Information
Beistandstätigkeit im polizeilichen Ermittlungsverfahren
Beistandstätigkeit im Verfahren vor der Staatsanwaltschaft
Briefwechsel mit dem Mandanten
Schriftlicher oder mündlicher Verkehr mit Polizei und Staatsanwaltschaft
Einsicht in die Ermittlungsakte
Besprechungen mit dem Mandanten, auch in der Untersuchungshaftanstalt
Besichtigung des Tatorts usw.
 

Rz. 27

Das Ende des Vorverfahrens liegt in der Einreichung der Anklageschrift bzw. des Antrags auf Erlass des Strafbefehls bei dem zuständigen Gericht (Anmerkung zu Nr. 4104 VV RVG). Im beschleunigten Verfahren (§§ 417 ff. StPO) endet das Vorverfahren mit dem Vortrag der Anklage, wenn diese nur mündlich erhoben wird. Dies bedeutet, dass der RA, der z. B. erst nach der Zustellung des Strafbefehls beauftragt wurde, gegen diesen Einspruch einzulegen, keine Gebühr für das Vorverfahren erhalten kann.

 

Rz. 28

Für seine Tätigkeit im strafrechtlichen Vorverfahren erhält der RA eine Verfahrensgebühr (Vorverfahrensgebühr) gemäß Nr. 4104 VV RVG. Bei Haft des Mandanten entsteht diese Gebühr auch mit Zuschlag (Nr. 4105 VV RVG).

 

Merke:

Im Vorverfahren erhält der RA eine Vorverfahrensgebühr neben der Grundgebühr und je nachdem eine Terminsgebühr für die Wahrnehmung besonderer Termine.

Der RA muss vor dem Ende des Vorverfahrens tätig geworden sein, um die Vorverfahrensgebühr beanspruchen zu können.

Das Vorverfahren endet, und das Hauptverfahren beginnt mit der Einreichung der Anklageschrift bzw. des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls bei dem zuständigen Gericht bzw. im beschleunigten Verfahren mit dem Vortrag der Anklage, wenn diese nur mündlich erhoben wird.

 

Rz. 29

Nach § 17 Nr. 10 Lit. a) RVG sind das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren verschiedene Angelegenheiten. Das heißt, dass für die Tätigkeit des RA im Vorverfahren eine gesonderte Vergütungsrechnung anzufertigen ist. Die Vorverfahrensgebühr wird nicht auf eine Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren angerechnet. Die Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte (Nr. 7002 VV RVG) entsteht demnach im Vorverfahren und noch einmal im gerichtlichen Verfahren. Auch die Dokumentenpauschale (Nr. 7000 VV RVG) wird im Hauptverfahren neu berechnet wenn erneut Kopien gefertigt werden.

 

Beispiel:

RA Justus wird mit der Vertretung des Klaus Hahn beauftragt, der 12 Hühner gestohlen haben soll. RA Justus wird im polizeilichen Ermittlungsverfahren tätig, in dem er den Hahn wegen der zu machenden Aussage berät. Es handelt sich um eine durchschnittliche Angelegenheit. Das Verfahren gegen Hahn wird eingestellt, da die Polizei den wirklichen Täter ermittelt.

Berechnung der Vergütung:

 
  Grundgebühr gem. §§ 2 Abs. 2, 14 RVG, Nr. 4100 VV RVG 220,00 EUR
  Vorverfahrensgebühr gem. §§ 2 Abs. 2, 14 RVG, Nr. 4104 VV RVG 181,50 EUR
20 %

Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte

gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
    421,50 EUR
19 % USt. gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7008 VV RVG 80,09 EUR
    501,59 EUR
 

Beispiel:

RAin Justin wird mit der Vertretung der Frau Henne beauftragt, der eine schwere Körperverletzung vorgeworfen wird. Frau Henne soll den Rentner Hackmann die Treppe hinunter geworfen haben. RAin Justin wird im polizeilichen Ermittlungsverfahren tätig, in dem sie Frau Henne wegen der zu machenden Aussage berät. Nach polizeilicher Ladung begleitet sie Frau Henne zum Vernehmungstermin. Es handelt sich um eine durchschnittliche Angelegenheit.

Berechnung der Vergütung:

 
  Grundgebühr gem. §§ 2 Abs. 2, 14 RVG, Nr. 4100 VV RVG 220,00 EUR
  Vorverfahrensgebühr gem. §§ 2 Abs. 2, 14 RVG, Nr. 4104 VV RVG 181,50 EUR
 

Terminsgebühr für einen Termin außerhalb der Hauptverhandlung

gem. §§ 2 Abs. 2, 14 RVG, Nr. 4102 Ziff. 2 VV RVG
187,00 EUR
20 %

Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte

gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
    608,50 EUR
19 % USt. gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7008 VV RVG 115,62 EUR
    724,12 EUR
 

Merke:

Das Vorverfahren ist eine eigene Angelegenheit. Für die Tätigkeit des RA im Vorverfahren ist eine...

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