Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen. Sozialpolitik. Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Diskriminierung wegen des Alters. Gelegenheitsarbeitsverträge, die mit Personen geschlossen werden können, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben. Automatische Beendigung des Arbeitsvertrags, sobald der Arbeitnehmer das 25. Lebensjahr vollendet

 

Normenkette

Richtlinie 2000/78/EG Art. 2 Abs. 1, 2 Buchst. a, Art. 6 Abs. 1

 

Beteiligte

Abercrombie & Fitch Italia

Abercrombie & Fitch Italia Srl

Antonino Bordonaro

 

Tenor

Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie Art. 2 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sind dahin auszulegen, dass sie einer Bestimmung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, wonach ein Arbeitgeber mit einem Arbeitnehmer, der noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, unabhängig von der Art der zu erbringenden Leistungen einen Gelegenheitsarbeitsvertrag schließen und diesen Arbeitnehmer entlassen kann, sobald er das 25. Lebensjahr vollendet, nicht entgegenstehen, sofern mit dieser Bestimmung ein legitimes Ziel der Beschäftigungs- und der Arbeitsmarktpolitik verfolgt wird und die zur Erreichung diese Ziels vorgesehenen Mittel angemessen und erforderlich sind.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Corte suprema di cassazione (Oberster Kassationsgerichtshof, Italien) mit Entscheidung vom 15. Dezember 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 9. März 2016, in dem Verfahren

Abercrombie & Fitch Italia Srl

gegen

Antonino Bordonaro

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter J.-C. Bonichot, A. Arabadjiev (Berichterstatter), C. G. Fernlund und S. Rodin,

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Abercrombie & Fitch Italia Srl, vertreten durch G. Di Garbo, G. Brocchieri, G. Iorio Fiorelli und E. Ceracchi, avvocati,
  • von Herrn Bordonaro, vertreten durch A. Guariso, avvocato,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. De Socio, avvocato dello Stato,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin und G. Gattinara als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. März 2017

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. 2000, L 303, S. 16) sowie von Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Abercrombie & Fitch Italia Srl (im Folgenden: Abercrombie) und Herrn Antonino Bordonaro über die Beendigung seines Gelegenheitsarbeitsvertrags, die nur aus dem Grund erfolgte, weil er das das 25. Lebensjahr vollendet hatte.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Der Zweck der Richtlinie 2000/78 ist nach ihrem Art. 1 „die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten.”

Rz. 4

In Art. 2 der Richtlinie heißt es:

„(1) Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet ‚Gleichbehandlungsgrundsatz’, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.

(2) Im Sinne des Absatzes 1

a) liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;

…”

Rz. 5

In Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie heißt es:

„(1) Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

Derartige Ungleichbehandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

  1. die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeit...

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