Das Oberlandesgericht hat gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen, indem es die Klage des Beschwerdeführers der Höhe nach zum überwiegenden Teil abgewiesen hat, ohne wegen der Höhe der angemessenen Lizenzgebühr Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben.
Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dabei soll das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge (vgl. BVerfGE 50, 32 ≪35≫; 60, 247 ≪249≫). Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebotes verstößt daher dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet.
Gegen diese Grundsätze hat das Oberlandesgericht verstoßen. Zwar hat es den Beweisantrag des Beschwerdeführers offensichtlich zur Kenntnis genommen. Es ging aber unter Verkennung der soeben dargestellten Grundsätze davon aus, es dürfe den Beweisantrag unberücksichtigt lassen und stattdessen nach § 287 ZPO eine “eigene Schadensschätzung” vornehmen. Diese Ablehnung des Beweisantrags des Beschwerdeführers findet im Prozessrecht keine Stütze mehr.
Zwar beruft sich das Oberlandesgericht hierfür auf § 287 ZPO, wonach das Gericht zur Ermittlung der Schadenshöhe nach Ermessen darüber entscheiden kann, ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme anzuordnen sei. Es ist aber in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass dieses Ermessen vom Gericht pflichtgemäß auszuüben ist. § 287 ZPO dient danach der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens, berechtigt das Gericht aber nicht, in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach der Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse zu verzichten (vgl. BGH VersR 1976, S. 389 ≪390≫). Ebenso überschreitet das Gericht die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, wenn es sich eine Sachkunde zutraut, über die es nicht verfügen kann (vgl. BGH VersR 1988, S. 466 ≪467≫; Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl. 2002, § 287, Rn. 10; Baumbach-Hartmann, ZPO, 60. Aufl. 2002, § 287, Rn. 30). Die Ablehnung eines Beweisantrags unter Verletzung der Grenzen pflichtgemäßen Ermessens stellt zugleich eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG dar (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 29. August 1995 – 2 BvR 175/95 – NJW-RR 1996, S. 183 ff.).
Das Oberlandesgericht hat hier mit der Ablehnung des Beweisantrags die seinem Ermessen gesetzten Grenzen verletzt. Es hat die Ablehnung des Beweisantrags damit begründet, dass “mangels entsprechenden Tarifsystems die von den Parteien unterbreiteten Umstände und Fakten dem Senat eine hinreichende Grundlage für eine eigene Schadensschätzung nach § 287 ZPO bieten”. Offensichtlich wollte es damit zum Ausdruck bringen, dass ein Sachverständigengutachten nicht in der Lage gewesen wäre, eine “angemessene Lizenzgebühr” festzustellen, weil kein einschlägiges Tarifsystem existiere. Das ergibt sich insbesondere aus dem Literaturhinweis des Oberlandesgerichts auf Schricker (Kommentar zum Urheberrecht, 2. Aufl. 1999, § 97, Rn. 63), wonach das Fehlen eines Tarifsystems Voraussetzung für eine vom Gericht nach § 287 ZPO vorzunehmende Schätzung des Schadens ist.
Ob aber ein Tarif für die hier einschlägige Nutzungsart (Verwendung einer Fotografie auf Zündholzbriefchen) vorliegt, ist seinerseits eine dem Sachverständigenbeweis zugängliche Tatfrage. Dass § 287 ZPO dem über eine angemessene Lizenzvergütung entscheidenden Gericht nicht die Einschätzung überlässt, ob ein einschlägiger Tarif existiert, ergibt sich auch aus dem vom Oberlandesgericht ausdrücklich in Bezug genommenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. Januar 1975 (BGH, GRUR 1975, S. 323 ff.). Dort hatte das vorinstanzliche Tatsachengericht Beweis über die Üblichkeit des Lizenzsatzes durch Sachverständigengutachten erhoben. Erst dieses Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass keine übliche Lizenz festgestellt werden konnte. Mit der die Ablehnung des Beweisantrags stützenden Behauptung, es existiere kein “entsprechendes Tarifsystem”, hat das Oberlandesgericht eigene Sachkunde in Anspruch genommen, ohne darzulegen, woher es diese bezieht und ohne den Gegenbeweis durch das angebotene Sachverständigengutachten zuzulassen.
Danach hat das Oberlandesgericht Art. 103 Abs. 1 GG durch die Ablehnung des Beweisantrags verletzt. Der Umstand, dass das Oberlandesgericht hiermit die ausdrückliche Vorgabe im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. April 2001 missachtete, macht diesen Verstoß besonders krass.
Das angefochtene Urteil beruht auch auf den dargelegten Verletzungen des Art. 103 Abs. 1 GG. Es ist nicht auszuschließen, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Feststellung eines für die Nutzungsart einschlägigen Tarifs und zur Festsetzung eines den zugesprochenen Betrag von 200 DM übersteigenden Schadensersatzes im Wege der Lizenzanalogie geführt hätte. Anhaltspunkte hierfür liefert insbesondere das vom Beschwerdeführer vorgelegte, nachträglich eingeholte Parteigutachten. Dieses legt nachvollziehbar dar, dass und warum die streitgegenständliche Nutzungsart der Kategorie “Verpackungen, Etiketten” unterfällt.