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BSG Beschluss vom 10.07.2002 - B 13 RJ 101/02 B

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Revisionsgrund. grundsätzliche Bedeutung. Verfahrensmangel. Beweisantrag. Beweiswürdigung. Rente wegen Erwerbsminderung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Frage, ob das Urteil der Vorinstanz in der Sache richtig ist, stellt keinen zulässigen Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde dar.

 

Normenkette

SGG §§ 73a, 103, 128 Abs. 1 S. 1, § 160 Abs. 2, § 166; SGB VI § 43

 

Verfahrensgang

Sächsisches LSG (Urteil vom 26.02.2002; Aktenzeichen L 5 RJ 278/00)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 26. Februar 2002 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im vorstehend genannten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Gründe

Mit Urteil vom 26. Februar 2002 hat das Sächsische Landessozialgericht (LSG) einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Wesentlichen mit folgender Begründung verneint: Die Klägerin sei weder berufsunfähig noch erwerbsunfähig iS des § 43 Abs 2 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (SGB VI aF) bzw des § 44 Abs 2 Satz 1 SGB VI aF. Für die Beurteilung der Qualität des bisherigen Berufs der Klägerin könne dahinstehen, ob von ihrer Tätigkeit als Montagearbeiterin oder von derjenigen als Raumpflegerin auszugehen sei, da sie in beiden Berufen der Gruppe mit dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen und somit auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar sei. Nach ihrem gesundheitlichen Leistungsvermögen könne sie noch leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig unter Beachtung weiterer – im Einzelnen näher aufgeführten – Einschränkungen verrichten. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine sonstige schwerwiegende Behinderung lägen nicht vor. Bei einem Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien auch die Voraussetzungen für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (SGB VI nF) nicht erfüllt.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin persönlich beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt und für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.

Dem Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin kann nicht stattgegeben werden.

Nach § 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) iVm § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 166 Abs 2 SGG) in der Lage wäre, die Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen.

Gemäß § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder von der Klägerin vorgetragen noch nach Prüfung des Streitstoffes ersichtlich.

Zunächst ist nicht erkennbar, dass eine Zulassung der Revision gegen das von der Klägerin angegriffene Urteil auf § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gestützt werden könnte. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 11, 39). Die Frage muss außerdem klärungsbedürftig sein. Das ist grundsätzlich nicht der Fall, wenn die Antwort darauf von vornherein praktisch außer Zweifel steht (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 4) oder bereits höchstrichterlich entschieden ist (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 13, 65). Rechtsfragen, die in diesem Sinne grundsätzlich bedeutsam sein könnten, sind hier nicht ersichtlich.

Zu den Leistungsvoraussetzungen von Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach §§ 43, 44 SGB VI aF besteht eine umfangreiche Rechtsprechung des BSG (vgl dazu zB Niesel in KasselerKomm, Stand: März 2001 ≪Ablageordner≫, § 43 SGB VI RdNr 21 ff, § 44 SGB VI RdNr 12 ff). Auch hinsichtlich der Anwendung des § 43 SGB VI nF ist keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung erkennbar. Die Klägerin kann nach den Feststellungen des LSG noch vollschichtig arbeiten, so dass sich Auslegungsfragen hinsichtlich des mit § 43 SGB VI nF neu eingeführten Begriffs der teilweisen Erwerbsminderung nicht stellen. Soweit § 43 Abs 3 SGB VI nF für die Frage einer Erwerbsminderung auf die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes abstellt, haben die hierzu von der Rechtsprechung des BSG herausgearbeiteten Grundsätze weiterhin Gültigkeit (vgl Niesel, aaO, Stand: 1. Januar 2002, § 43 SGB VI, RdNr 30 ff; Kamprad in Hauck/Noftz, SGB VI ≪57. Lieferung III/01≫, § 43 RdNr 33 ff); Fragen von grundsätzlicher Bedeutung sind daher auch in diesem Zusammenhang vorliegend nicht ersichtlich.

Eine Zulassung nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG scheidet ebenfalls aus. Die danach erforderliche Abweichung (Divergenz) ist gegeben, wenn das angefochtene Urteil auf einer bestimmten Rechtsauffassung beruht, die zu der in einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG zu Grunde gelegten Rechtsansicht in Widerspruch steht. Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Die Vorinstanz hat sich ersichtlich an der Rechtsprechung des BSG orientiert, wie die zahlreichen Zitate der Rechtsprechung des BSG in dem Berufungsurteil zeigen.

Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel erkennen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Nach Halbsatz 2 dieser Bestimmung kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Ein derartiger Beweisantrag, den das LSG unter Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) übergangen haben könnte, ist hier nicht ersichtlich. Aber selbst wenn man in dem Schreiben vom 15. Januar 2002, mit dem die in der Vorinstanz nicht vertretene Klägerin die Einholung eines weiteren Gutachtens begehrte, einen den prozessrechtlichen Voraussetzungen noch genügenden Beweisantrag und nicht nur eine Beweisanregung (zu dieser Unterscheidung vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9; s auch Fichte, SGb 2000, 653, 654 mwN) sehen wollte, so ist nicht zu erkennen, wie mit der Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich gerügt werden könnte, dass das LSG – ausgehend von dessen Rechtsauffassung – sich hätte gedrängt sehen müssen, diesem fachmedizinisch nicht näher begründeten Antrag stattzugeben. Abgesehen davon könnte nicht davon ausgegangen werden, dass dieser fragliche Beweisantrag auch bis zuletzt von der Klägerin aufrechterhalten worden wäre (zu dieser Voraussetzung vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 12). Die Klägerin hatte sich von vornherein der Möglichkeit begeben, ihren Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens im Verhandlungstermin vor dem LSG zu wiederholen und – ggf mit Hilfe des Gerichts – näher zu präzisieren, weil sie trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne erkennbare Gründe diesem Termin ferngeblieben war.

Angriffe gegen die Beweiswürdigung des LSG iS von § 128 Abs 1 Satz 1 SGG scheiden nach der ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG für die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde aus. Soweit die Klägerin vorbringt, das vom LSG eingeholte Gutachten entspreche nicht im Entferntesten ihrer tatsächlichen körperlichen bzw krankheitsgemäßen Situation, könnte sie damit keinen Erfolg haben; denn zulässiger Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht, ob das zweitinstanzliche Urteil in der Sache richtig ist (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 7).

Da der Klägerin nach alledem keine Prozesskostenhilfe zusteht, kann sie auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO).

Die von der Klägerin persönlich gegen das Urteil des LSG eingelegte Beschwerde ist bereits deshalb unzulässig, weil sie nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (vgl § 166 SGG) eingelegt worden ist. Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 SGG idF des Sechsten Gesetzes zur Änderung des SGG (6. SGGÄndG) vom 17. August 2001 (BGBl I 2144) iVm § 169 Satz 3 SGG ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter (vgl dazu Art 17 Abs 2 des 6. SGGÄndG).

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1176637

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