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BSG Beschluss vom 07.12.2022 - B 2 U 14/22 B

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Verfahrensgang

SG Stuttgart (Entscheidung vom 18.05.2020; Aktenzeichen S 1 U 7008/18)

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 18.01.2022; Aktenzeichen L 9 U 2090/20)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Januar 2022 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Die Beteiligten streiten in dem der Beschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit darüber, ob beim Kläger ein starker Verschleiß der Wirbelsäule als Berufskrankheit (BK) nach Nr 2108 der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) anzuerkennen ist.

Die darauf gerichtete Klage hat das SG abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 18.5.2020). Das LSG hat die Berufung nach Durchführung weiterer Ermittlungen und Einholung eines Gutachtens auf orthopädischem Fachgebiet zurückgewiesen (Urteil vom 18.1.2022).

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG rügt der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht formgerecht dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

1. Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit, also Entscheidungserheblichkeit, sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, die sog Breitenwirkung, darlegen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 12.7.2022 - B 2 U 11/22 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 7.3.2017 - B 2 U 140/16 B - SozR 4-1920 § 52 Nr 18 RdNr 5 mwN; BSG Beschluss vom 4.1.2022 - B 9 V 22/21 B - juris RdNr 5 mwN).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Sie versäumt es bereits, eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage anzugeben. Der Kläger hält folgende Frage für grundsätzlich bedeutsam:

Kann und muss eine Berufskrankheit auch dann anerkannt werden, wenn die medizinischen Schäden und bestehenden Beeinträchtigungen in einem über das altersuntypische Maß hinausgehenden Umfang als Folge beruflicher Tätigkeit und Exposition auch schon vor dem rechnerischen Erreichen und Überschreiten des maßgeblichen und notwendigen hälftigen Orientierungswertes vorgelegen haben, weil die gesundheitlichen Beeinträchtigungen und medizinischen Schäden jedenfalls fortbestanden haben und auch noch zu dem rechnerisch sich ergebenden späteren Zeitpunkt des Überschreitens des hälftigen Orientierungswertes vorhanden gewesen sind.

Damit fehlt es an einer klar formulierten abstrakt-generellen Rechtsfrage zur Auslegung, Anwendbarkeit oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG) mit höherrangigem Recht (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Die Frage lässt schon offen, welche Normen zur Überprüfung gestellt werden sollen. Nicht ausreichend sind zudem Fragestellungen, deren Beantwortung - wie hier - von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt; denn im Kern zielen Rechtsfragen iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG auf die Entwicklung abstrakter Rechtssätze durch das BSG ab (zB BSG Beschluss vom 28.6.2022 - B 2 U 181/21 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 27.5.2020 - B 1 KR 8/19 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 40 RdNr 5 mwN; BSG Beschluss vom 1.3.2018 - B 8 SO 104/17 B - juris RdNr 8). Es ist auch nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung aus dem Beschwerdevorbringen selbst herauszufiltern (zB BSG Beschluss vom 13.9.2022 - B 2 U 7/22 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 19.8.2019 - B 14 AS 264/18 B - juris RdNr 4 mwN; BSG Beschluss vom 12.9.2018 - B 6 KA 12/18 B - juris RdNr 6 mwN). Dessen unbeschadet zeigt die Beschwerdebegründung den abstrakten Klärungsbedarf angesichts der vorhandenen und vom LSG auch zitierten Rechtsprechung des BSG zur Einwirkungskausalität nicht auf, sondern beschränkt sich - insoweit unzutreffend - auf Ausführungen zur Breitenwirkung.

Die Beschwerdebegründung wendet sich dagegen im Wesentlichen gegen die durch die Vorinstanzen vorgenommene Beweiswürdigung iS von § 128 Abs 1 Satz 1 SGG. Auf letztere kann eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision jedoch nicht gestützt werden (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG). Die Beschränkung von Verfahrensrügen kann auch nicht durch eine Rüge in anderer Gestalt umgangen werden (stRspr; zB BSG Beschluss vom 28.6.2022 - B 2 U 181/21 B - juris RdNr 12; BSG Beschluss vom 22.12.2021 - B 9 SB 42/21 B - juris RdNr 12 mwN; BSG Beschluss vom 6.2.2007 - B 8 KN 16/05 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 12 RdNr 7).

Auch soweit der Kläger sich mit seinen Ausführungen gegen die inhaltliche Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung im Einzelfall wendet, kann hierauf eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gestützt werden (vgl BSG Beschluss vom 23.2.2022 - B 2 U 197/21 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 25.5.2020 - B 9 V 3/20 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BSG Beschluss vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10, juris RdNr 2).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 Satz 2 und 3 SGG).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.

Roos                              Karmanski                           Karl

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15523901

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