Entscheidungsstichwort (Thema)
Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens gegen Steuerberater. Ruhen der Verfolgungsverjährung einer Berufspflichtverletzung
Leitsatz (amtlich)
Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens im Sinne von StBerG § 109 Abs. 1 S. 1 ist die Einreichung der Anschuldigungsschrift bei dem Berufsgericht.
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Ruhen der Verfolgungsverjährung einer Berufspflichtverletzung bestimmt sich ausschließlich nach § 93 Satz 2 StBerG. Danach ruht die Verjährung, solange die Verfolgung nach dem Gesetz nicht begonnen oder fortgesetzt werden kann.
2. Die Einleitung eines Strafverfahrens gegen einen Steuerberater hemmt die Verjährung der Verfolgung der Berufspflichtverletzung nicht. Im Gegensatz zum Disziplinarrecht (§ 4 Abs. 3 BDO) enthält das Steuerberatungsgesetz keine Vorschrift, die dem Strafverfahren als solchem eine derartige Rechtswirkung auf das berufsrechtliche Verfahren beilegt.
3. Das berufsgerichtliche Verfahren kann bei laufendem Strafverfahren gegen einen Steuerberater ausnahmsweise fortgesetzt werden, wenn dem Berufsgericht die Sachaufklärung durch seine Verhandlung so gesichert erscheint, daß bei vernünftiger Überlegung eine entgegenstehende Entscheidung im Strafverfahren nicht zu befürchten ist.
Normenkette
StBerG § 109 Abs. 1 Sätze 1, 3, § 93 S. 2
Verfahrensgang
KG Berlin (Urteil vom 25.05.1983; Aktenzeichen StO 2/82) |
LG Berlin (Urteil vom 22.09.1982; Aktenzeichen 1 StL 6/82) |
Tatbestand
I.
1. Der Betroffene war ab Februar 1967 hauptberuflich als Vorstand des Bundes zur steuerlichen Beratung von Arbeitnehmern e.V. (BBAeV) tätig. Diese Tätigkeit gab er im Juli 1973 auf, um Steuerberater zu werden. Am 16. Dezember 1974 bestand er die Steuerberaterprüfung und wurde zum Steuerberater bestellt. Bereits im Jahr 1972 hatte er im Auftrag des BBAeV die „BBA Steuerberatungsgesellschaft Buchführungs- und Betriebsberatungsgesellschaft mbH” (BBA-GmbH) gegründet. Diese Gesellschaft stellte im Oktober 1977 ihre steuerberatende Tätigkeit wieder ein.
2. a) Nach seiner Zulassung begann der Steuerberater, die BBA-GmbH in seinen alleinigen Besitz zu bringen. Am 24. April 1975 bestellte er sich durch Selbstkontrahieren zum alleinigen Geschäftsführer. In der Folgezeit bis zum 10. November 1975 übertrug er – ebenfalls durch Vertrag mit sich selbst – die Anteile der anderen Gesellschafter auf sich, davon die Anteile des BBAeV in Höhe von 19.000 DM unentgeltlich. Bei Abschluß des 1. Übertragungsgeschäfts am 29. April 1975 legte er dem Notar eine auf ihn lautende Generalvollmacht des Vereins vom 1. Juli 1973 vor.
Das Landgericht B hat durch Urteil vom 24. Juni 1977 rechtskräftig die Unwirksamkeit der Übertragung der Vereinsanteile auf den Steuerberater festgestellt.
b) Im Jahr 1976 kamen der Steuerberater und das Vorstandsmitglied D. des Vereins „Lohnsteuerhilfe- Steuerberatungsverband für Arbeitnehmer B e.V.”, das im Juli 1973 auch die Tätigkeit des Steuerberaters beim BBAeV übernommen hatte, überein, daß die BBA-GmbH drei Geschäftslokale des BBAeV mitbenutzen dürfe. Im Januar 1977 vereinbarte er mit D. von den je zwei Telefonnummern des BBAeV für zwei Geschäftslokale jeweils eine auf die BBA-GmbH umzuschreiben. Auf von D. unterschriebenen Blanko-Formularen beantragte der Steuerberater die Übertragung beider Telefonnummern der beiden Geschäftslokale sowie der einzigen Telefonnummer des dritten Geschäftslokals und der Privatnummer D.s auf die BBA-GmbH.
In zwei Fällen entsprach die Bundespost den Anträgen, im übrigen im Hinblick auf einen von D. eingelegten Widerspruch nicht.
c) Der Steuerberater und die von ihm vertretene BBA-GmbH führten ab Januar 1976 außerhalb ihrer – ebenfalls in B. befindlichen – beruflichen Niederlassung eine nach außen erkennbare Steuerberatungstätigkeit auch in den Räumen des Vereins „Lohnsteuerhilfe” und des BBAeV durch, denen es ab Januar 1976 untersagt war, steuerberatend tätig zu sein. Äußere Hinweise auf die Steuerberatungstätigkeit in den Räumen des BBAeV wurden von dem Steuerberater auf Aufforderung der Berufskammer entfernt.
d) Der Steuerberater ließ es ab Januar 1976 zu, daß der BBA-GmbH von dritter Seite Mandanten zugeführt wurden. Dabei handelte es sich insbesondere um die Mitglieder des Vereins „Lohnsteuerhilfe” und des BBAeV, die ihm zugeführt wurden und deren steuerliche Belange er wahrnahm.
Durch Schreiben vom 9. März 1977 teilte der Steuerberater der Steuerberaterkammer mit, daß er mit Wirkung vom 7. März 1977 die Zusammenarbeit mit den Lohnsteuerhilfevereinen eingestellt habe.
e) Nachdem die BBA-GmbH ihre steuerberatende Tätigkeit eingestellt hatte, stellte der Steuerberater sich ihren Kunden weiterhin werbend zur Verfügung. In vorgedruckten Schreiben u.a. an zwei Mitglieder des Vereins „Lohnsteuerhilfe” teilte er Ende 1977 mit, daß die BBA-GmbH keine Steuerberatung mehr ausübe, er aber ab 2. Januar 1978 für die Steuerberatung zu den bisherigen Bedingungen zur Verfügung stehe. Ersichtlich wollte er auf diese Weise den Kontakt zu sämtlichen Mandanten der BBA-GmbH wieder herstellen oder erhalten.
Das Landgericht B hat dem Steuerberater dieses werbende Anbieten seiner Tätigkeit durch Beschluß vom 22. Dezember 1977 untersagt.
f) Von zwei Auftraggebern nahm der Steuerberater im April 1977 bzw. Mai 1981 Unterlagen für die Abfassung von Einkommensteuererklärungen entgegen, bearbeitete die Angelegenheiten jedoch – in einem Fall trotz mehrfacher Mahnung – nicht. In einem dieser Fälle und in einem weiteren Fall gab der Steuerberater die ihm übergebenden Unterlagen trotz Aufforderung nicht zurück. Für einen weiteren Auftraggeber nahm er nach Kündigung des Mandatsverhältnisses Bescheide des Finanzamts vom 6. Februar und 1. März 1979 entgegen, leitete sie aber nicht umgehend an den ehemaligen Auftraggeber weiter und zeigte auch dem Finanzamt die Beendigung des Mandats nicht an; dadurch wurde es dem ehemaligen Auftraggeber unmöglich, rechtzeitig Rechtsmittel einzulegen.
g) Trotz wiederholter Aufforderung der Berufskammer nahm der Steuerberater zu fünf Beschwerden nicht Stellung.
h) Für das 4. Vierteljahr 1981 zahlte der Steuerberater den Kammerbeitrag trotz wiederholter Aufforderung nicht.
3. a) Wegen des Sachverhalts zu 2 a und b wurde der Steuerberater durch Urteil des Landgerichts B vom 7. September 1979 wegen Untreue und Urkundenfälschung zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 60 DM rechtskräftig verurteilt.
b) Die für die Verfolgung von Berufspflichtverletzungen zuständige Staatsanwaltschaft teilte dem Steuerberater mit Verfügung vom 20. Juni 1977 erstmalig u.a. mit, daß sie auf Antrag der Steuerberaterkammer sein Verhalten in bezug auf seine Zusammenarbeit mit den beiden Steuerhilfevereinen prüfe und daß ihm auch vorgeworfen werde, daß er in den Räumen der nicht mehr zur Lohnsteuerhilfe zugelassenen Vereine Geschäftsstellen errichtet, dort Steuerberatung betrieben und sich aufgrund der Werbung der Vereine Mandanten habe zuführen lassen. Mit Verfügung vom 7. Juli 1977 wurde dem Steuerberater von der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, daß weitere Vorwürfe gegen ihn bekannt geworden seien, die – soweit zum Gegenstand der Anschuldigung gehörig – in der Nichtabgabe erbetener Stellungnahmen gegenüber der Steuerberaterkammer bestünden. Schließlich teilte die Staatsanwaltschaft dem Steuerberater mit Verfügung vom 10. Mai 1982 mit, daß die Ermittlungen in dem berufsgerichtlichen Ermittlungsverfahren abgeschlossen seien, und gab ihm unter Aufzählung der im wesentlichen auch in der Anschuldigungsschrift vom 7. Juni 1982 angeführten Verfehlungen Gelegenheit zur Äußerung zu den Vorwürfen.
c) Die Kammer für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen bei dem Landgericht B hat dem Steuerberater aufgrund des zu 2. festgestellten Sachverhalts durch Urteil vom 22. September 1982 einen Verweis erteilt und ihm eine Geldbuße von 5.000 DM auferlegt, weil er sich in allen Fällen eines berufswidrigen Verhaltens im Sinne des § 57 StBerG schuldig gemacht habe.
Auf die Berufung des Steuerberaters, die er in der Hauptverhandlung am 25. Mai 1983 auf den Maßnahmenausspruch beschränkt hat, hat der Senat für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen des Kammergerichts die verhängte Geldbuße auf 1.000 DM herabgesetzt, da bei der Festsetzung der berufsgerichtlichen Maßnahmen die Fälle 2 a und b wegen Verjährung unberücksichtigt zu bleiben hätten.
Auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat das Berufungsgericht durch Beschluß vom 20. Oktober 1983 die Revision zugelassen.
d) Die Staatsanwaltschaft vertritt mit der Revision die Auffassung, § 109 Abs. 1 StBerG beziehe sich auch auf das berufsrechtliche Ermittlungsverfahren. Deshalb habe die Verjährung während des Strafverfahrens bis zum Erlaß des Urteils vom 7. September 1979 gemäß § 93 Satz 2 StBerG in Verb. mit § 78 b StGB geruht. Durch die Mitteilung vom 10. Mai 1982 sei sie gemäß § 93 Satz 2 StBerG in Verb. mit § 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB unterbrochen worden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht sie ausdrücklich zugelassen hat (§ 129 Abs. 1 Nr. 3 StBerG). Sie ist aber unbegründet.
1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die dem Steuerberater zur Last gelegten Fälle I 2 a und b seien verjährt, hält rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht entschieden, daß der Steuerberater insoweit zwar Berufspflichtverletzungen begangen hat, daß diese, auch in Verbindung mit den anderen festgestellten Berufspflichtverletzungen, aber die Ausschließung aus dem Beruf nicht rechtfertigen. Die Verfolgung solcher Berufspflichtverletzungen verjährt in fünf Jahren (§ 93 Satz 1 StBerG). Die Verjährungsfrist ist im April 1982 abgelaufen; denn die Berufspflichtverletzungen waren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts am 10. November 1975 bzw. im April 1977 beendet (§ 93 Satz 2 StBerG iVm § 78 a StGB), und die Verjährung ist auch während ihres Laufes weder unterbrochen noch gehemmt worden.
b) Die Verfolgungsmaßnahmen im Strafverfahren haben die Verjährung nicht unterbrochen, da nur Maßnahmen, die auf berufsrechtliche Ahndung abzielen, die Verjährung der Verfolgung einer Berufspflichtverletzung unterbrechen können (zutreffend – für das anwaltliche Ehrengerichtsverfahren – EGH München NJW 1976, 816; Gehre, Steuerberatungsgesetz, 1981, § 93 Rn. 8).
Die erste demnach zur Unterbrechung der Verjährung geeignete Handlung war die Bekanntgabe, daß gegen den Steuerberater wegen der Vorwürfe zu I 2 a und b ein berufsrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet sei (§ 93 Satz 2 StBerG in Verb. mit § 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB). Diese Bekanntgabe erfolgte erst durch die Mitteilung der Staatsanwaltschaft vom 10. Mai 1982; denn die Mitteilungen vom 20. Juni und 5. Juli 1977 bezogen sich nicht auf die Vorwürfe zu I 2 a und b.
c) Die Verjährung war mithin im Zeitpunkt der ersten Unterbrechungshandlung bereits eingetreten. Denn der Ablauf der Verjährungsfrist ist auch nicht durch zeitweiliges Ruhen der Verjährung hinausgeschoben worden.
Die Einleitung des Strafverfahrens gegen den Steuerberater hat die Verjährung der Verfolgung der Berufspflichtverletzung nicht gehemmt. Im Gegensatz zum Disziplinarrecht (§ 4 Abs. 3 BDO) enthält das Steuerberatungsgesetz keine Vorschrift, die dem Strafverfahren als solchem eine derartige Rechtswirkung auf das berufsrechtliche Verfahren beilegt. Eine analoge Anwendung des § 4 Abs. 3 BDO im berufsrechtlichen Verfahren ist nicht möglich, da das Steuerberatungsgesetz in § 93 die Wirkungen des Strafverfahrens in Anlehnung an § 17 BDO geregelt, die Bestimmung des § 4 Abs. 3 BDO aber gerade nicht übernommen hat (ebenso – für das anwaltliche Ehrengerichtsverfahren – EGH München NJW 1976, 816).
Das Ruhen der Verfolgungsverjährung einer Berufspflichtverletzung bestimmt sich daher ausschließlich nach § 93 Satz 2 StBerG. Danach ruht die Verjährung, solange die Verfolgung nach dem Gesetz nicht begonnen oder fortgesetzt werden kann (§ 93 Satz 2 StBerG iVm § 78 b StGB). Dadurch soll der Eintritt der Verjährung in den Fällen verhindert werden, in denen keine Verfolgungshandlung und damit keine Unterbrechung der Verjährung rechtlich möglich ist (BVerfGE 35, 282; RGSt. 52, 36, 37; Mösl LK StGB 9. Aufl. § 69 Rn. 1; Schönke/Schröder/ Stree StGB 21. Aufl. § 78 b Rn. 1).
§ 109 StBerG hinderte hier berufsrechtliche Verfolgungsmaßnahmen gegen den Steuerberater, durch die die Verjährung hätte unterbrochen werden können, nicht. Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 StBerG kann gegen einen Steuerberater, gegen den wegen einer Verletzung seiner Pflichten die öffentliche Klage im strafgerichtlichen Verfahren erhoben ist, ein berufsgerichtliches Verfahren eingeleitet werden; allerdings muß es bis zur Beendigung des strafgerichtlichen Verfahrens ausgesetzt werden. Der Sinn dieser Regelung besteht darin, die grundsätzlichen Bindungen des Berufsgerichts an die Feststellungen des Urteils im Strafverfahren (§ 109 Abs. 3 StBerG) zu sichern und einander widersprechende Entscheidungen im strafgerichtlichen und im berufsgerichtlichen Verfahren zu vermeiden (vgl. BGHSt 28, 178, 181; Gehre, aaO § 109 Rn. 1). Deshalb kann das berufsgerichtliche Verfahren ausnahmsweise fortgesetzt werden (§ 109 Abs. 1 Satz 3 StBerG), wenn dem Berufsgericht die Sachaufklärung durch seine Verhandlung so gesichert erscheint, daß bei vernünftiger Überlegung eine entgegenstehende Entscheidung im Strafverfahren nicht zu befürchten ist (BGHSt aaO).
Die Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens durch Einreichung einer Anschuldigungsschrift bei dem Landgericht (§ 114 StBerG) war zur Zeit der Erhebung der öffentlichen Klage im Strafverfahren noch nicht erfolgt. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Steuerberater noch nicht einmal mitgeteilt, daß sie gegen ihn wegen der Vorwürfe zu I 2 a und b berufsrechtliche Ermittlungen mit dem Ziel der Verfolgung einer Berufspflichtverletzung aufgenommen habe. Die Staatsanwaltschaft hatte daher die Möglichkeit, die Verjährung sowohl durch die Bekanntgabe, daß gegen den Steuerberater insoweit ein berufsrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet sei (§ 93 Satz 2 StBerG iVm § 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB), als auch durch die Einreichung einer Anschuldigungsschrift bei dem Berufsgericht (§ 93 Satz 2 StBerG iVm § 78 c Abs. 1 Nr. 6 StGB) zu unterbrechen. Solange diese Möglichkeiten bestanden, ruhte die Verjährung nicht.
Der Auffassung, die Erhebung der öffentlichen Klage habe bereits die Möglichkeit, das berufsrechtliche Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft weiterzuführen, gehindert und deshalb zum Ruhen der Verjährung geführt, vermag der Senat nicht zu folgen.
§ 109 Abs. 1 Satz 1 StBerG läßt ausdrücklich die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens nach Erhebung der öffentlichen Klage im Strafverfahren zu. Entgegen der Ansicht der Revision gibt es dafür, daß mit der Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens in § 109 StBerG etwas anderes gemeint sein könnte als die Einreichung der Anschuldigungsschrift bei dem Berufsgericht (§ 114 StBerG), keinerlei Anhaltspunkte (ebenso Gehre, StBerG, 1981, § 109 Rn. 3). Vielmehr spricht gegen eine solche Annahme schon, daß § 109 zwei gerichtliche Verfahren sowie die Erhebung der öffentlichen Klage und die Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens einander gegenüberstellt.
Bestätigt wird diese Auslegung durch die Verwendung des Begriffs „Aussetzung” in § 109 Abs. 1 Satz 1 StBerG. Dieser Begriff wird vom Gesetzgeber üblicherweise nur für gerichtliche Entscheidungen dieser Art verwandt. Auch ein lange andauerndes strafrechtliches Ermittlungsverfahren hindert die Durchführung des berufsrechtlichen Ermittlungsverfahrens nicht und bewirkt daher auch nicht das Ruhen der berufsrechtlichen Verfolgungsverjährung. Daß in einem solchen Falle zwei staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren nebeneinander herlaufen können, nimmt das Gesetz in Kauf. Das gleiche gilt für das Nebeneinander eines strafgerichtlichen Verfahrens und eines berufsrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Lediglich der gleichzeitigen Befassung zweier Gerichte mit demselben Sachverhalt unter den verschiedenen Gesichtspunkten einer Straftat und einer Berufspflichtverletzung steht § 109 Abs. 1 Satz 1, 2 StBerG entgegen.
Die Revision führt hiergegen im wesentlichen Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte ins Feld. Diese vermögen aber eine Auslegung gegen den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes um so weniger zu rechtfertigen, als eine Unterbrechung der Verjährung schon durch eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft nach § 78 c Abs. 1 Nr. 1 StGB herbeigeführt und im übrigen unnötige Doppelarbeit im berufsrechtlichen Ermittlungsverfahren durch eine enge Zusammenarbeit mit der im Strafverfahren tätigen Staatsanwaltschaft weitestgehend vermieden werden kann. Insbesondere kann die Einleitung des berufsgerichtlichen Verfahrens auf die Ermittlungsergebnisse gestützt werden, die Grundlage der öffentlichen Klage sind. Wenn dieses Ermittlungsergebnis ausreicht für die Erhebung der öffentlichen Klage, wird das gleiche in aller Regel auch für die Einreichung der Anschuldigungsschrift gelten.
d) Der Annahme des Eintritts der Verfolgungsverjährung in den Fällen I 2 a und b steht auch nicht entgegen, daß die Fälle I 2 c bis h nicht verjährt sind, im Grundsatz aber im berufsgerichtlichen Verfahren das Gesamtverhalten des Betroffenen als ein einheitliche Berufspflichtverletzung anzusehen ist und es deshalb in der Regel darauf ankommt, wann der Betroffene die letzte Teilhandlung dieses Gesamtkomplexes begangen hat (BGHSt 22, 157, 166). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt dann, wenn es sich um mehrere völlig selbständige, in keinem Zusammenhang stehende Verfehlungen handelt (vgl. BGH aaO; BGH LM BDO § 3 Nr. 1 = MDR 1966, 523).
Das Verhalten des Steuerberaters in den Fällen I 2 a und b steht mit den übrigen ihm zur Last gelegten Verhaltensweisen in keinem Zusammenhang, der eine Verjährung bis zur Beendigung auch dieser Verhaltensweisen ausschließen würde. Dies wird auch von der Revision nicht geltend gemacht.
Die Handlungen des Steuerberaters in diesen beiden Fällen stehen mit seiner Berufstätigkeit nur insofern in Zusammenhang, als sie diese in der von ihm beabsichtigten Form ermöglichen und erleichtern sollten. Sie sind von der Berufstätigkeit eindeutig abgrenzbar und haben die bei Ausübung des Berufs selbst begangenen Verfehlungen nicht in irgend einer Weise beeinflußt. Dies reicht aus, um den für eine einheitliche Beurteilung der Verjährungsfrage erforderlichen Zusammenhang insoweit zu verneinen.
2. Die Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es den Maßnahmenausspruch hinsichtlich der nicht von der Verjährung erfaßten Berufspflichtverletzungen begründet hat, werden von der Revision nicht angegriffen und lassen Rechtsfehler auch nicht erkennen.
Fundstellen