Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbwerbs

Bereits im September 2019 beriet der Bundestag über den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs. Nach längerem Stillstand soll das Gesetz nach der Sommerpause im Bundestag beschlossen werden. Erwartet wird, dass der Entwurf noch einmal geändert wird.

Kurze Historie zum Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs

Am 31.7.2019 übermittelte die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs (Drucksache 19/12084) an den Bundestag, der darüber im September 2019 beriet. Seither herrschte Stillstand.

Laut einer Pressemitteilung der CDU/CSU vom 13.7.2020 haben sich die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD nun darauf geeinigt, dass das Gesetz unmittelbar nach der parlamentarischen Sommerpause im Deutschen Bundestag beschlossen werden soll. Im Zentrum des Gesetzes steht der Schutz von Kleinunternehmen vor missbräuchlichen Abmahnungen und eine Neuregelung über Gerichtsstände. Es ist anzunehmen, dass der Gesetzesentwurf vom Juli 2019 nach der Sommerpause noch geändert wird, denn ein neuer Entwurf liegt noch nicht vor.

Das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken vom 1.10.2013 sowie das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb enthalten bereits Regelungen zum Schutz vor missbräuchlichen Abmahnungen. Diese sollten unter anderem die vom Abgemahnten zu erstattenden Rechtsanwaltskosten gering halten und so den finanziellen Anreiz für Abmahnungen reduzieren. In letzter Zeit mehren sich die Anzeichen dafür, dass trotz dieser Regelungen weiterhin missbräuchliche Abmahnungen ausgesprochen werden. Es liegt ein nicht hinnehmbarer Missstand vor, wenn Abmahnungen primär zur Erzielung von Gebühren und Vertragsstrafen ausgesprochen werden. Der neue Gesetzesentwurf sieht Änderungen in verschiedenen Gesetzen vor.

UWG-Änderung gegen Abmahnungsmissbrauch im Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs

Besonders wichtig für Unternehmen ist die Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (Art. 1). Neu ist § 8a UWG: Das Bundesamt für Justiz führt eine Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände und veröffentlicht sie in der jeweils aktuellen Fassung auf seiner Internetseite. Weiter wird § 8b UWG eingefügt, der ein Verbot der missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen und Haftungsregelungen enthält.

Die Geltendmachung der Beseitigung und – bei Wiederholungsgefahr – der Unterlassung ist unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist (§ 8 Abs. 2 UWG). Eine missbräuchliche Geltendmachung liegt insbesondere vor, wenn

  • die Geltendmachung der Ansprüche vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen;
  • ein Mitbewerber eine erhebliche Anzahl von Verstößen gegen die gleiche Rechtsvorschrift durch Abmahnungen geltend macht;
  • wenn die Anzahl der geltend gemachten Verstöße außer Verhältnis zum Umfang der eigenen Geschäftstätigkeit steht oder wenn anzunehmen ist, dass der Mitbewerber das wirtschaftliche Risiko des außergerichtlichen und gerichtlichen Vorgehens nicht selbst trägt;
  • ein Mitbewerber den Gegenstandswert für eine Abmahnung unangemessen hoch ansetzt;
  • erheblich überhöhte Vertragsstrafen vereinbart oder gefordert werden oder
  • eine vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung erheblich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.

Im Fall der missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen kann der Anspruchsgegner vom Anspruchsteller Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen (§ 8 Abs. 3 UWG).

Auch im Unterlassungsklagengesetz wird die Definition einer missbräuchlichen Geltendmachung in § 2b eingefügt. Eine solche besteht, wenn die Vereinbarung einer erheblich überhöhten Vertragsstrafe verlangt wird oder die verlangte Unterlassungsverpflichtung erheblich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.

Der Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen ist für Anspruchsberechtigte ausgeschlossen (§ 13 UWG Abs. 4), wenn kleine Unternehmen oder kleine gewerblich tätige Vereine im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten oder gegen die Datenschutz-Grundverordnung und das Bundesdatenschutzgesetz verstoßen. Ebenfalls ausgeschlossen ist in diesen Fällen bei einer erstmaligen Abmahnung die Vereinbarung einer Vertragsstrafe (§ 13a Abs. 2 UWG). Laut Stellungnahme des Bundesrates ist das ein Kernvorschlag des Gesetzentwurfs. Es soll kleine Unternehmen davor schützen, für willkürliche Abmahnungen Kosten tragen zu müssen.

Geplantes Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs: Neue Regeln über die Abmahnung

Im neuen § 13 Abs. 2 UWG wird zusätzlich klar festgelegt, was in einer Abmahnung anzugeben ist, unter anderem die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung, ob und in welcher Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch geltend gemacht wird und wie sich dieser berechnet.

Soweit die Abmahnung unberechtigt ist oder nicht den vorgeschriebenen Anforderungen entspricht oder ein unerlaubter Anspruch auf Aufwendungsersatz geltend gemacht wird, hat der Abgemahnte gegen den Abmahnenden einen Anspruch auf Ersatz der für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen (§ 13 Abs. 5 UWG).

Der neue § 13a Abs. 1 UWG regelt, was bei der Festlegung einer angemessenen Vertragsstrafe zu berücksichtigen ist, z.B. Art, Ausmaß und Folgen der Zuwiderhandlung, Schuldhaftigkeit der Zuwiderhandlung und bei schuldhafter Zuwiderhandlung die Schwere des Verschuldens, Größe, Marktstärke und Wettbewerbsfähigkeit des Abgemahnten.

Zur Stärkung des Wettbewerbs bei formgebundenen Ersatzteilen komplexer Erzeugnisse wird ins Designgesetz eine sogenannte Reparaturklausel (§ 40a) eingefügt: Es besteht kein Designschutz für ein in ein Erzeugnis eingebautes oder darauf angewandtes Design, das ein Bauelement eines komplexen Erzeugnisses ist und das allein mit dem Ziel verwendet wird, eine Reparatur zu ermöglichen. Das gilt nur, wenn die Verbraucher ordnungsgemäß über den Ursprung des zu Reparaturzwecken verwendeten Erzeugnisses unterrichtet werden. Die Verbraucher sollen in Kenntnis der Sachlage aus den miteinander im Wettbewerb stehenden Erzeugnissen für Reparaturzwecke wählen können.

Neue Gerichtsstandregelung im geplanten Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs

Als weitere wichtige Maßnahme wird die Gerichtsstandregelung geändert. Dies soll laut Bundesrat kleine und mittlere Unternehmen davor schützen, dass einstweilige Verfügungen gezielt bei von deren Sitz weit entfernten Gerichten beantragt werden, um den Betroffenen die Rechtsverteidigung zu erschweren.

Nach § 14 Abs. 2 UWG (neu) ist für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund des UWG geltend gemacht wird, das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Nur wenn sich die geschäftliche Handlung an einen örtlich begrenzten Kreis von Marktteilnehmern wendet, ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen wurde. Das Gericht, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen wurde, ist ferner zuständig, wenn der Beklagte im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand hat.

Gemischte Kommentare zum geplanten Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs

Der Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, meinte zu dem Gesetzesentwurf vom Juli 2019: „Wir setzen mit diesem Gesetz die Vereinbarung mit der SPD vom Sommer 2018 um, mit der wir zugesagt hatten, kleine und mittlere Unternehmen vor Abmahnmissbräuchen wegen der Datenschutzgrundverordnung zu schützen. Denn gerade kleine Akteure waren in Sorge vor kostenpflichtigen Abmahnungen wegen Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung. Dieser Schutz wird jetzt Gesetz.“

Bei den Onlinehändler-News wurden kritische Kommentare erwähnt. „Richtig eins war man sich jedoch bei den konkreten rechtlichen Regelungen nicht. Nicht nur die Parteien äußerten Kritik an einzelnen Punkten, etwa weil der Entwurf für die Praxis zu ungenau definiere, wann Vertragsstrafen nun eigentlich zu hoch seien. Oder weil abmahnende Verbände und Mitbewerber unterschiedlich behandelt werden sollen.“ Bei der Expertenanhörung im Oktober 2019 wurden auch unklare Rechtsbegriffe kritisiert.

Im Bundestag wurde der Gesetzesentwurf vom Juli 2019 im Parlament besprochen. Kommentare dazu gab es nicht aus allen Parteien, aber einige kritische Argumente, unter anderem:

Ingmar Jung CDU/CSU meinte: „Wenn wir die Frage der Abmahnbefugnis diskutieren, dann fällt sofort auf, dass die privatrechtlich konstituierten Landesinnungsverbände und Bundesinnungsverbände im Gesetz plötzlich nicht mehr auftauchen. Das sind nun wirklich nicht die Fälle, bei denen man einen Abmahnmissbrauch befürchten muss.“

Die AfD-Fraktion stellte dem Gesetzesentwurf einen eigenen Entwurf entgegen mit dem Namen, den der Abgeordnete Fabian Jacobi als klarer bezeichnete: Gesetz zur Bekämpfung des Abmahnmissbrauchs. Man wolle den Abmahnmissbrauch insgesamt, also nicht nur gegen kleinere Unternehmen ausschließen.

Roman Müller-Böhm (FDP) kritisierte, dass die Unternehmen gegenüber den Verbänden schlechtergestellt werden: „Sie schließen die Wettbewerber teilweise vom Aufwendungsersatz aus, lassen aber den Verbänden weiterhin Möglichkeiten, diese zu tätigen.“

Manuela Rottmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) kritisierte, dass man den Missbrauch an Faktoren knüpft, die ein Abgemahnter gar nicht kennen kann. „Wir haben einen anderen Vorschlag gemacht. Wenn jemand in einer solchen Drucksituation eine Unterlassungsverpflichtung unterschreibt, warum machen wir nicht das, was Sie an einer Stelle sogar tun, bei der Vertragsstrafe, nämlich sagen: Nur das Angemessene ist wirksam.“

Es ist also zu erwarten, dass das Gesetz bei den Verhandlungen nach der Sommerpause noch mal überarbeitet wird.


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