Dioxin-Verdacht bei Tierfutter - Haftung des Verkäufers

Wer haftet für Folgeschäden durch dioxinbelastetes Hühnerfutter? Der BGH hat im Futtermittelskandal die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und klar gestellt, dass eine verschuldensunabhängige Haftung des Verkäufers bei einem bloßem Verdacht auf Verunreinigung nicht gelte. Dem Futterlieferanten müsse hier die Möglichkeit zu Entlastung von diesem Verdacht gegeben werden.

In dem zugrunde liegenden Fall belieferte die klagende Futtermittelherstellerin den Inhaber einer Legehennenanlage.  Ende 2010 stellte die Klägerin im Rahmen einer Untersuchung anderer, im selben Zeitraum hergestellter Futtermittel eine Überschreitung der zulässigen Dioxinkonzentration fest.

Verdacht auf dioxinbelastetes Tierfutter – Legehennenanlage gesperrt

Zu diesem Zeitpunkt hatte der beklagte Legehennenhalter das Tierfutter jedoch bereits an seine Hennen verfüttert. Aufgrund dessen wurden zwei Ställe der Anlage zum Jahreswechsel 2010/2011 vom zuständigen Landrat gesperrt.

Konsumenten verunsichert – Umsatzeinbußen auch nach Aufhebung der Handelssperre

Zwar erstattete die Futterhändlerin dem Beklagten den Schaden, welcher durch die Handelssperre entstand. Da die Verbraucher durch die Berichterstattung in den Medien sensibilisiert waren und weniger Eier kauften, erlitt der Hofbetreiber aber eine Umsatzeinbußen in Höhe von rund 43.000 Euro.

Kaufpreis für mangelfreie Lieferung wegen Folgeschäden nicht beglichen

Mit der Klage verlangte die Futtermittelherstellerin die Zahlung des Kaufpreises in Höhe von über 20.000 Euro für andere, mangelfreie Futtermittellieferungen. Der Beklagte war jedoch der Ansicht, dass dieser Anspruch wegen der Aufrechnung mit einem Schadenersatzanspruch wegen der Umsatzeinbußen erloschen sei.

Verschuldensunabhängige Haftung soll Qualität des Tierfutters sichern

Die Vorinstanzen bejahten einen Schadenersatzanspruch des Beklagten, da ein Verkäufer von Tierfutter bereits dann verschuldensunabhängig hafte, wenn der auf konkrete Tatsachen gestützte Verdacht einer Verunreinigung bestehe. Dieser Ansicht folgte der BGH nicht und verwies die Sache zurück an das OLG Oldenburg.

  • Zwar hafte der Verkäufer unabhängig von seinem Verschulden gem. §§ 280 Abs. 1 BGB, 24 LFGB (a.F.) für Schäden, welche infolge einer tatsächlichen Überschreitung der zulässigen Dioxinbelastung entstanden seien.
  • Diese verschärfte Haftung sei auch mit dem Grundgesetz vereinbar.
  • Eine tatsächliche Belastung des Futtermittels hatte das Berufungsgericht jedoch nicht festgestellt.

Bei bloßem Verdacht besteht eine Haftung nur, wenn Verkäufer Gelegenheit zur Entlastung erhält

Auch ein konkreter Verdacht einer unzulässigen Verunreinigung stelle grundsätzlich einen Sachmangel dar, wenn die unter dem Einsatz des Futtermittels erzeugten Lebensmittel unverkäuflich werden. Der Verkäufer haftet hierfür jedoch nur, wenn er den in dem Verdacht liegenden Mangel zu vertreten hat. Sein Verschulden wird dabei grundsätzlich vermutet, wobei diese Vermutung widerlegt werden kann. Dazu müsse er aber die Möglichkeit erhalten, die Vermutung zu widerlegen.

Tierfutterlieferant muss Möglichkeit zur Entlastung erhalten. In dem konkreten Fall könne nicht sicher davon ausgegangen werden, dass das verfütterte Mittel wirklich dioxinverseucht gewesen sei. Es bestehe zwar ein Verdacht, der auch auf konkrete Tatsachen gestützt und naheliegend sei.

Es greife aber nicht die verschuldensunabhängige Haftung gemäß § 24 LFGB in der zu der Zeit geltenden Fassung. Stattdessen müsse der Tierfutterverkäufers nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB  nur dann haften, wenn er sich nicht exkulpieren könne.  Da hierzu weiterer Feststellungen nötig sind, hob der BGH die Entscheidung auf und verwies die Sache zurück an das OLG Oldenburg.

(BGH, Urteil v. 22.10.2014, VIII ZR 195/13).

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