Betriebliches Gesundheitsmanagement

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) ist ein Managementprozess, der zielgerichtet gesundheitsförderliche Maßnahmen, Strukturen und Prozesse integriert und steuert.

Es beinhaltet verhaltens- und verhältnisorientierte Maßnahmen, um Arbeitsbedingungen gesundheitsförderlich zu gestalten und Beschäftigte zu einem Ressourcen stärkenden Verhalten zu befähigen.

Davon abzugrenzen ist die Gesundheitsförderung, die sich primär auf individuelle verhaltenspräventive Maßnahmen in den Themen Bewegung, Ernährung, Stressbewältigung und Suchtprävention konzentriert und damit ein Teilbereich des BGM ist.

BGM hat demgegenüber eine ganzheitliche, integrative Betrachtung und Herangehensweise, die

  • Führung und Kultur
  • Arbeits- und Gesundheitsschutz
  • betriebliche Gesundheitsförderung sowie
  • Personal- und Organisationsentwicklung

umfasst. Dabei agieren unterschiedlichste (über-)betriebliche (Gesundheits-)Akteure unter einer gemeinsamen Strategie im Themenfeld Arbeit und Gesundheit.

BGM ist grundsätzlich eine freiwillige Leistung, hat aber zahlreiche Berührungspunkte mit dem gesetzlich verpflichtend durchzuführenden Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie dem Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM).

Aus Sicht des Unternehmens stellt sich aber bei der Ein- und Durchführung eines BGM weniger die Frage nach der Freiwilligkeit oder Verpflichtung, sondern vielmehr nach der Senkung von Fehlzeiten, dem Erhalt der Arbeitsfähigkeit und der Zufriedenheit sowie der Erhöhung des Engagements und der Verbundenheit mit dem Unternehmen. BGM wird damit zunehmend zum Wettbewerbsfaktor und kann daher auch als eine Unternehmensstrategie betrachtet werden.





Maßnahmen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement

Die Wirksamkeit von BGM-Maßnahmen konnte in den vergangenen Jahren durch Studien und Untersuchungen belegt werden. Maßnahmen müssen von Anfang an so entwickelt werden, dass ihre Wirkungen später messbar und bewertbar sind. Bei den Daten darf es sich auch um subjektive Eindrücke und Sichtweisen der Beschäftigten handeln – vorausgesetzt, diese werden mit anerkannten, statistisch sauberen Methoden erhoben. Die spätere Erfassung der Ergebnisse und die Auswertungsmethoden sind unverzichtbare Bausteine bereits bei der Konzeption von Gesundheitsmaßnahmen.

Seit dem 1.1.2009 erhalten Unternehmen für betriebliche Maßnahmen der Gesundheitsförderung im Bereich Bewegung, Ernährung, Stressbewältigung und Suchtprävention sowie psychosozialer Beratung einen jährlichen Steuerfreibetrag. Dieser wurde zum 1.1.2020 von maximal 500 Euro auf maximal 600 Euro pro Mitarbeiter erhöht.

Konzepte, Ideen und Prozesse

Das gemeinsame Element aller Managementsysteme ist der Mitarbeiter mit seinen Kenntnissen und Fähigkeiten, seiner Einstellung, seiner Motivation und seinem daraus resultierenden Verhalten. Der Managementprozess BGM bildet hier eine Querschnittsaufgabe und ist Bestandteil der Führungsstrategie.

Nachhaltige Erfolge lassen sich nur durch eine systematische und schrittweise Vorgehensweise erreichen, die sich durch folgende wesentliche Elemente kennzeichnet:

  • Definition eines oder mehrerer Ziele für das Betriebliche Gesundheitsmanagement, Planung des Projektes,
  • Analyse der Ausgangssituation,
  • Durchführung zielführender Maßnahmen z. B. Rückenschule, Entspannung, Ernährung,
  • Bewertung der initialen Maßnahmen und Gestaltung der Nachhaltigkeit.

Studien haben gezeigt, dass v. a. bei der Durchführung von Maßnahmen die Kombination von Verhaltens- und Verhältnisprävention unter Einbezug der Organisations- und Führungsebene erfolgsversprechender ist.

Praxisbeispiele im BGM

Zur Reduzierung oder Beseitigung erhöhter Belastungen, stehen den Unternehmen eine Vielzahl möglicher Maßnahmen zur Verfügung. Daher ist zur optimalen Verringerung der Belastungen oftmals eine Kombination aus mehreren Maßnahmen sinnvoll oder sogar notwendig. Vom Grundsatz her lassen sich die Maßnahmen zum Beispiel zur Verminderung von Rückenbelastungen danach unterscheiden, ob sie auf die Optimierung der technischen und organisatorischen Arbeitsbedingungen (Verhältnisprävention) oder das personenbezogene, gesundheitsförderliche Verhalten der Beschäftigten (Verhaltensprävention) abzielen.

Daraus leitet sich die Klassifizierung präventiver Maßnahmen durch das "TOP-Prinzip" ab:

  • Technische Maßnahmen
  • Organisatorische Maßnahmen
  • Personenbezogene Maßnahmen

Dabei sollten technische Maßnahmen grundsätzlich Vorrang vor organisatorischen oder personenbezogenen Maßnahmen haben. Zu den verhältnispräventiven Ansätzen gehören technische oder organisatorische Veränderungen am Arbeitsplatz. So lassen sich z. B. durch die Optimierung von Bürostühlen, Beleuchtung, Fußbodenbelägen oder Arbeitsgeräten die Risiken der Entstehung von Rückenbeschwerden reduzieren (Stichwort "Ergonomie"). Maßnahmen der Verhaltensprävention hingegen zielen darauf ab, die Gesundheit der Beschäftigten mit sinnvollen Hilfen zu fördern. Dazu zählen etwa rückenschulende Maßnahmen.

Der betriebliche Gesundheitsmanager

Im betrieblichen Gesundheitsmanagement sind Akteure gefragt, die initiieren, koordinieren, motivieren, kommunizieren und Maßnahmen durchführen können. Als qualifizierte Fachkraft koordiniert der Betriebliche Gesundheitsmanager die Entwicklung, Implementierung und Steuerung eines BGM. Zusammen mit der Geschäftsführung und den Interessenvertretungen werden Ziele definiert und daraus Strategien abgeleitet.

Betriebliches Gesundheitsmanagement im Unternehmen

Die Einführung eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) erfolgt am besten in 6 Phasen. Diese strategische und schrittweise Herangehensweise ist wirkungsvoller als einzelne, unkoordinierte Maßnahmen zur Förderung der Mitarbeitergesundheit. Das 6-Phasen-Modell dient als Handlungsleitfaden für die Vorgehensweise in der Praxis.

  • Phase 1: Bedarfsbestimmung und Projektinitiierung
  • Phase 2: Analyse zur Identifizierung der Faktoren, die die Gesundheit beeinflussen
  • Phase 3: Interventionsplanung
  • Phase 4: Maßnahmen mit Berücksichtigung der aktuellen Situation im Unternehmen
  • Phase 5: Evaluation des Projektes
  • Phase 6: Nachhaltigkeit zur dauerhaften Durchführung von BGM-Maßnahmen.

Zur nachhaltigen Implementierung eines BGM im Unternehmen ist es sinnvoll folgende Schritte einzuhalten:

  1. Verständigung über eine betriebliche Gesundheitspolitik
  2. Abschluss einer Betriebsvereinbarung
  3. Einrichtung eines interdisziplinären Steuerkreises Gesundheit
  4. Bereitstellung von Ressourcen (Budget, Infrastruktur)
  5. Festlegung personeller Verantwortlichkeiten
  6. Qualifizierung von Experten und Führungskräften als betriebliche Gesundheitsakteure;
  7. Sensibilisierung, Beteiligung und Befähigung der Mitarbeiter;
  8. Kontinuierliche interne Kommunikation/internes Marketing;
  9. Anwendung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses;
  10. Erhebung/Aufbau einer BGM-Dateninfrastruktur und von Kennzahlen;
  11. Integration von "Gesundheit" in die betrieblichen Routineprozesse.

Die Grundlage für zielgerichtetes Handeln im BGM bildet eine datenbasierte Organisationsanalyse im Unternehmen bzw. in ausgewählten Pilotbereichen. Zur Messung und Bewertung dienen die Instrumente der Organisationsdiagnose, d. h. medizinische, technische und psychosoziale Kenngrößen – z. B. Erkrankungen und Beschwerden, technische Gefährdungsanalysen, subjektives Wohlbefinden oder soziales Klima in Gruppen – und die jeweils geeigneten Erhebungsmethoden.

Neben der Wirksamkeit von Maßnahmen im Sinne solcher Kriterien muss auch die Relation von Aufwand und Nutzen, also die Effizienz bewertet werden. Ziel des Vorgehens ist es, gesundheitlich bedeutsame Informationen in betriebliche Entscheidungs- und Arbeitsprozesse zu integrieren. Dafür ist die fundierte, zuverlässige und glaubwürdige Bewertung dieser Informationen unerlässlich. Erst dadurch unterscheidet sich ein nachhaltiges betriebliches Gesundheitsmanagement-Konzept vom kurzatmigen Aktionismus der Gesundheitsförderung im Betrieb und marketingorientierten Maßnahmen von Krankenkassen.