Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflege-Pauschbetrag: Mindestpflegedauer. Wohnungsbegriff

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine „Wohnung” im Sinne des § 33b Abs. 6 EStG kann auch ein Zimmer im Alten- oder Pflegeheim sein, wenn die betreute Person in ihrer persönlichen Umgebung verbleibt (im Streitfall: abgeschlossene Wohnung in einer Betreuungseinrichtung, mit der die Mutter des Steuerpflichtigen einen Betreuungsvertrag über Pflegeleistungen geschlossen hat).

2. Der Pflege-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 6 EStG kann nur gewährt werden, wenn die Tätigkeit des Steuerpflichtigen eine Mindestpflegedauer von mindestens 10 % des gesamten pflegerischen Zeitaufwandes erreicht (Anschluss an FG Düsseldorf, Urteil v. 13.11.2017, 15 K 3228/16).

 

Normenkette

EStG 2022 § 33b Abs. 6

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Berücksichtigungsfähigkeit eines Pflegepauschbetrages.

Die gemeinsam veranlagten Kläger erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. In der Einkommensteuererklärung für 2022 machte der Kläger einen Pflegepauschbetrag für seine Mutter geltend. Dabei gab er an, dass sie seit 1. Juni 2021 in einer Wohnung in …. untergebracht und in Pflegestufe 3 eingestuft ist. Die Mutter hat einen Betreuungsvertrag mit einer Pflegeeinrichtung geschlossen. Die Schwester des Klägers ist 2020 verstorben. Der Beklagte erließ am 28. Juli 2023 den Einkommensteuerbescheid für 2022 und setzte die Einkommensteuer für 2022 auf EUR 29.751 fest, dabei berücksichtigte er den Pflegepauschbetrag nicht, weil die Mutter weit vom Kläger entfernt wohne. Dagegen legten die Kläger Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 28. September 2023 hinsichtlich der hier streitigen Frage als unbegründet zurückwies.

Die Kläger tragen vor, dass die Voraussetzungen für die Gewährung eines Pflegepauschbetrages vorlägen. Die Mutter des Klägers wohne in einer eigenen Wohnung. Der Kläger habe seine Mutter im Jahr 2022 fünf Mal über mehrere Tage besucht und sie dort unterstützt, indem er ihr bei der Körperpflege, beim An- und Auskleiden, bei den Mahlzeiten sowie beim Verlassen der Wohnung geholfen habe. In der übrigen Zeit habe er organisatorische Dinge für sie erledigt. Dem Wortlaut des Gesetzes sei keine Mindestpflegedauer zu entnehmen, vielmehr sei lediglich Voraussetzung, dass Aufwendungen für die Pflege entstanden seien.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid über Einkommensteuer für 2022 vom 28. Juli 2023 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. September 2023 dahingehend zu ändern, dass beim Kläger ein Pflegepauschbetrag in Höhe von EUR 1.100 berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, dass zwar Pflegeleistungen im Inland vorlägen, es fehle jedoch an der Außergewöhnlichkeit der Aufwendungen. Nicht erkennbar sei, dass dem Kläger Mehraufwendungen finanzieller Art entstanden seien, die ihrer Art und der Höhe nach außergewöhnlich wären, weil der Kläger seine Mutter fünf Mal im Jahr auch dann besucht hätte, wenn sie gesund gewesen wäre. Trotz der erhöhten Entfernung wäre dies bei einer älteren und alleinlebenden nahen Angehörigen noch im mittleren Bereich des Üblichen. Eine krankheitsbedingte Häufung oder längere Dauer sei hier im Jahr 2022 nicht erkennbar. Die Pflege müsse auch mehr als geringfügig sein und über die – bei einem älteren Angehörigen – üblichen familiären Hilfestellungen hinausgehen. Dies wäre der Fall, wenn der Pflegende krankheitsbedingt mehr Zeit mit der gepflegten Person verbringen müsse, als er – oder ein durchschnittlicher Dritter – sonst für die Besuche bei seinen Eltern aufgewandt hätte. Hier betrage der Pflegeanteil des Klägers lediglich 4,4%, was nicht ausreichend sei. Die Mutter des Klägers habe zum Beginn des Jahres 2022 seit über 15 Monaten Pflegestufe 3 gehabt, aber noch einen eigenen Haushalt geführt. Aus ihrer Unterbringung im „betreuten Wohnen” könne geschlossen werden, dass sie nur gelegentlich Hilfe benötige und nachts nicht überwacht und versorgt werden müsse.

Die Übernahme von organisatorischen Tätigkeiten für die Mutter liege innerhalb der Betreuung, nicht aber der Pflege einer hilfebedürftigen Person. Unter dem Begriff der „Pflege” sei die Hilfeleistung bei Verrichtungen des täglichen Lebens zu verstehen, bei denen der Pflegebedürftige der Hilfe bedürfe, also regelmäßig wiederkehrende Unterstützungsleistungen zur Sicherung der persönlichen Existenz im Bereich der Körperpflege, der Ernährung, der Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhaltes im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftstücke, die zu Gericht gereichten Behördenakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2024 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Dem Kläger steht für das Jahr 2022 kein Pflegepauschbetrag gemäß § 33b Abs. 6 EStG zu.

Ein Steuerpflichtiger kann nach § 33b...

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