Rz. 160

Sind die Voraussetzungen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht erfüllt, unterliegt der Besteuerung in Deutschland zum einen das Inlandsvermögen i. S. v. § 121 BewG (s. Rn. 83 ff.). Darüber hinaus unterliegt der Besteuerung aber auch das so genannte erweiterte Inlandsvermögen. Dies sind Vermögensteile, deren Erträge bei unbeschränkter Einkommensteuerpflicht nicht ausländische Einkünfte i. S. d. § 34c Abs. 1 EStG wären (s. § 4 Abs. 1 AStG).

 

Rz. 161

Zum erweiterten Inlandsvermögen gehören im Einzelnen folgende Vermögensgegenstände (s. BMF vom 14.05.2004, BStBl I 2004, Sonder-Nr. 1, Rn. 4.1.1):

  • Kapitalforderungen gegen Schuldner im Inland (auch ohne dingliche Absicherung),
  • Spareinlagen und Bankguthaben bei Geldinstituten im Inland,
  • Aktien und Anteile an Kapitalgesellschaften, Investmentfonds und offene Immobilienfonds sowie Geschäftsguthaben bei Genossenschaften im Inland (unter 10 %-Beteiligung),
  • Ansprüche auf Renten und andere wiederkehrende Leistungen gegen Schuldner im Inland sowie Nießbrauchs- und Nutzungsrechte an Vermögensgegenständen im Inland,
  • Erfindungen und Urheberrechte, die im Inland verwertet werden,
  • Versicherungsansprüche gegen Versicherungsunternehmen im Inland,
  • bewegliche Wirtschaftsgüter, die sich im Inland befinden,
  • Vermögen, dessen Erträge nach § 5 AStG der erweiterten beschränkten Steuerpflicht unterliegen (Vermögen von Zwischengesellschaften),
  • Vermögen, das nach § 15 AStG dem erweiterten beschränkt Steuerpflichtigen zuzurechnen ist (Vermögen von Familienstiftungen und Trusts).
 

Rz. 162

Schulden und Lasten können nur insoweit abgezogen werden, als sie in wirtschaftlichem Zusammenhang zu dem der Steuerpflicht unterliegenden Vermögen stehen (s. § 10 Abs. 6 ErbStG, ebenso hierzu s. Rn. 130 ff.). Ein negatives erweitert beschränkt steuerpflichtiges Vermögen kann mit einem positiven beschränkt steuerpflichtigen Vermögen nach § 121 BewG verrechnet werden. Umgekehrt kann auch ein negatives beschränkt steuerpflichtiges Inlandsvermögen nach § 121 BewG mit einem positiven erweitert beschränkt steuerpflichtigen Vermögen verrechnet werden.

 

Rz. 163

Bei der Steuerpflicht nach § 4 AStG kommt wie bei der beschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG nur der Freibetrag i. H. v. 2.000 EUR gem. § 16 Abs. 2 ErbStG zur Anwendung.

 

Rz. 164

vorläufig frei

 
Praxis-Beispiel

Herr B, wohlhabender deutscher Staatsbürger, und seine Ehefrau, Frau B, verlegten am 01.02.1998 ihren deutschen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthaltsort nach Andorra. In seinem Wertpapier-Portfolio befanden sich zur Hälfte Aktien von US-Chrysler (Steuerwert: 10 Mio. EUR). Die andere Hälfte bestand zu diesem Zeitpunkt aus Daimler-Aktien. Im März 2003 (also nach Ablauf der Fünfjahresfrist i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c ErbStG) schenkte Herr B die Hälfte seiner Aktien (konkret: die früheren Chrysler-Papiere) seiner Frau. Das restliche Vermögen (gleichwertiger Immobilienbesitz in Deutschland, Andorra und Frankreich) schenkt er seinen in Deutschland lebenden Kindern.

Lösung:

  • Bei der Schenkung des Grundbesitzes kann die Frage des Inlandsvermögens dahingestellt bleiben, da die Kinder als Erwerber unbeschränkt steuerpflichtig sind und sich demnach die Steuerpflicht auf alle Immobilien erstreckt. Bei der Immobilienschenkung an die Kinder wird zusätzlich in Frankreich Steuer ausgelöst, die ggf. nach § 21 ErbStG auf die deutsche Steuer anzurechnen ist.
  • Die Schenkung des hälftigen Aktienpakets (Inhaberpapiere der früheren US-Chrysler) von Herrn B an Frau B unterliegt nicht der Schenkungsteuer, wenn es sich um Auslandsvermögen handelt. Nach § 121 Nr. 4 BewG liegt im Falle einer KapG-Beteiligung nur dann "Inlandsvermögen" vor, wenn der Übergeber zu mindestens 10 % an der KapG mit Sitz im Inland beteiligt war. Bei einer Beteiligung an einem weltweit tätigen Unternehmen (dessen Börsenwert sich auf mehrere Mrd. Euro beläuft) ist offensichtlich, dass bei einem Kurswert der Beteiligung von nur 10 Mio. EUR (der gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 BewG zugleich der Steuerwert ist) die 10-%-Grenze nicht überschritten wurde. Herr B könnte somit steuerfrei die (alten) Chrysler-Papiere seiner Frau schenken, wenn nicht eine Ausnahmebestimmung greift.
  • § 4 AStG ordnet jedoch die erweitert beschränkte Steuerpflicht in den Fällen des § 2 Abs. 1 Satz 1 AStG an. Alle qualifizierenden Steuermerkmale sind bei Herrn B im März 2003 erfüllt, im Einzelnen:

    • deutscher Staatsangehöriger,
    • unbeschränkte Steuerpflicht in dem maßgeblichen Zeitraum vor Wegzug,
    • Wegzug in ein niedrigbesteuerndes Ausland,
    • wesentliche wirtschaftliche Interessen nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 AStG, da das Immobilienvermögen in Deutschland (0,3 Mio. EUR) den dort genannten Betrag von 154 TEUR übersteigt,
    • der Zehnjahreszeitraum ab dem Wegzug ist im März 2003 ebenfalls noch nicht überschritten.

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