Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG ist anwendbar, wenn ein vom UrhG geschütztes Recht vorliegt. Dieses Recht muss vom Rechteinhaber eingeräumt, übertragen oder wahrgenommen werden.

a) Der Vortrag als urheberrechtlich geschütztes Werk

Die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG umfasst alle Rechte, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) ergeben.[9] Zumeist sind dies die in § 2 Abs. 1 UrhG geschützten Werke des Urhebers.[10] Ein Werk i.S.d. UrhG liegt nach § 2 Abs. 2 UrhG nur bei "persönlich geistigen Schöpfungen" vor. Dabei zählt der § 2 Abs. 1 UrhG exemplarisch die geschützten Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst auf.[11] Dem Urheber als Schöpfer des Werks (§ 7 UrhG) steht insbesondere das Recht zu, sein Werk zu verwerten.[12] Die dem Urheber zustehenden Verwertungsrechte sind im Überblick in § 15 Abs. 1 und Abs. 2 UrhG aufgeführt. Unterschieden wird zwischen der Verwertung in körperlicher Form und der öffentlichen Wiedergabe in unkörperlicher Form.[13] Zu der Verwertung in körperlicher Form gehört nach § 15 Abs. 1 UrhG insbesondere das Vervielfältigungsrecht (§ 16 UrhG), das Verbreitungsrecht (§ 17 UrhG) und das Ausstellungsrecht (§ 18 UrhG). Zu der öffentlichen Wiedergabe nach § 15 Abs. 2 UrhG gehört das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19 UrhG), das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG), das Senderecht (§ 20 UrhG), das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21 UrhG) und das Recht der Wiedergabe von Funksendungen (§ 22 UrhG).

Urheberrechtlich geschütztes Sprachwerk: Der vom Referent selbst erstellte Vortrag ist ein nach § 2 UrhG urheberrechtlich geschütztes Sprachwerk.[14] Dem Vortragenden stehen daher die Verwertungsrechte aus den §§ 15 ff. UrhG zu, die er dem Veranstalter durch entsprechende Vereinbarung einräumen kann.

[9] Vgl. Heidner in Bunjes, 20. Aufl. 2021, § 12 UStG Rz. 110.
[10] Vgl. Schüler-Täsch in Sölch/Ringleb, § 12 UStG Rz. 533 (Stand: Juni 2017).
[11] Vgl. Abschn. 12.7 Abs. 3 UStAE; Schulze in Dreier/Schulze, 7. Aufl. 2022, § 2 UrhG Rz. 3.
[12] Vgl. Heidner in Bunjes, 20. Aufl. 2021, § 12 UStG Rz. 117.
[13] Vgl. Heidner in Bunjes, 20. Aufl. 2021, § 12 UStG Rz. 117 f.
[14] Vgl. Abschn. 12.7. Abs. 13 Satz 1 UStAE; Huschens in Schwarz/Widmann/Radeisen, § 12 UStG Abs. 2 Nr. 7c Rz. 62 (Stand: September 2017).

b) Einräumung eines Nutzungsrechts an dem Vortrag

Das Urheberrecht selbst ist grundsätzlich nicht übertragbar, vgl. § 29 Abs. 1 UrhG. Der Urheber des Vortrags kann einem anderen die Verwertung nur durch Einräumung – also durch vertragliche Bestellung – eines Nutzungsrechts nach § 31 UrhG überlassen.[15] Die Einräumung der Nutzung der Rechte des Urhebers ist als einfaches oder ausschließliches Recht möglich; außerdem kann das Nutzungsrecht nach § 31 Abs. 1 Satz 2 UrhG beschränkt werden.[16] Bei einer Veräußerung des Originals des Werks räumt der Urheber dem Erwerber im Zweifel kein Nutzungsrecht ein, vgl. § 44 UrhG.[17]

Keine Anwendung des ermäßigten Steuersatzes: Der BFH geht – allerdings ohne dies näher zu erläutern oder zu problematisieren – davon aus, dass die Vortragsleistung (eines Trauerredners) nicht dem ermäßigten Steuersatz aus § 12 Abs. 2 Nr. 7c UStG unterfällt.[18] Die Finanzverwaltung[19] und das steuerliche Schrifttum[20] unterwerfen Vortragsleistungen nicht dem ermäßigten Steuersatz, weil der Referent durch seine Vortragstätigkeit keine urheberrechtlichen Nutzungsrechte einräume.

Für das Abhalten von Vorträgen in Präsenz ist dieser Begründungsansatz zutreffend. Der Referent genießt für den Vortrag den Schutz des Vortragsrechts aus § 19 UrhG.[21] Das Vortragsrecht schützt die unmittelbare persönliche Darbietung des Vortrags durch den Referenten.[22] Die unmittelbare persönliche Darbietung des Vortrags ist aber nur durch den Referenten selbst möglich und kann nicht gegenüber dem Veranstalter bzw. den Zuhörenden als Nutzungsrecht eingeräumt werden: Der Vortragende bleibt stets der Referent selbst.

Keine Übertragbarkeit auf Online-Seminare: Übertragbar auf das Abhalten von Online-Seminaren sind diese Überlegungen und Argumentationsansätze jedoch nicht. Denn der Live-Stream eines Vortrags als urheberrechtlich geschütztes Sprachwerk tangiert nicht nur das Vortragsrecht aus § 19 UrhG, sondern auch das Senderecht aus § 20 UrhG. Dieses definiert § 20 UrhG als das Recht, das Werk durch Funk, wie Ton- und Fernsehrundfunk, Satellitenrundfunk, Kabelfunk oder ähnliche technische Mittel, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Livestream eines urheberrechtlich geschützten Vortrags ist der Zugänglichmachung mit "ähnlichen technischen Mitteln"i.S.v. § 20 UrhG zuzuordnen.[23] Damit der Veranstalter den Vortrag des Referenten per Livestream senden darf, muss diesem daran das Senderecht aus § 20 UrhG durch den Referenten eingeräumt werden.

Hinzu kommt, dass Online-Seminare häufig aufgezeichnet werden und im Anschluss der Durchführung und Aufzeichnung den Teilnehmern sowie weiteren Interessierten zum Abruf und zum Download zur Verfügung gestellt werden. Um die Aufzeichnung des Vortrags im Anschluss den Teilnehmern und weiteren Intere...

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