Rz. 31

Als Waffen gem. Abs. 2 Nr. 2 kommen sowohl solche im technischen Sinn in Betracht, die nicht bereits unter Nr. 1 fallen, als auch sonstige Werkzeuge oder Mittel, mit denen ggf. der Widerstand eines anderen durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt verhindert oder überwunden werden soll und die objektiv geeignet sind, bei ihrem geplanten Einsatz wenigstens eine Leibesgefahr für das (potenzielle) Opfer hervorzurufen. Hierbei muss es sich stets um eine körperliche Sache handeln, unabhängig ob sie eine mechanische, physikalische oder chemische Wirkung hat.[1] Im Übrigen kommen auch Hieb-, Schlag-, Stoß- oder Stichwaffen in Betracht. Als "sonst ein Werkzeug oder Mittel" kommen grundsätzlich alle (beweglichen) Sachen in Betracht, die nicht schon als Waffe einzustufen sind (z. B. Messer). Zu den Mitteln gehören auch Sachen ohne feste Form, die zum Angriff auf oder zur Abwehr gegen Menschen gebraucht werden können, z. B. Gase, Narkotika, Pfeffer, Säuren etc.[2]

 

Rz. 32

Streitig ist, ob Scheinwaffen unter den Anwendungsbereich des § 373 Abs. 2 Nr. 2 AO fallen. Da die Gesetzesänderung im Jahr 1998[3] im Rahmen der §§ 244, 250 StGB bei § 373 AO nicht nachvollzogen wurde, dauert die Diskussion im Rahmen des § 373 AO an.[4] Während von der Lit. wegen der fehlenden objektiven Gefährlichkeit die Anwendung der §§ 244, 250 StGB überwiegend verneint wurde, war nach gefestigter Rechtsprechung wegen der Bedrohungswirkung aufseiten des Opfers der Qualifikationstatbestand auch bei Scheinwaffen erfüllt, was sodann im Rahmen des StGB durch die Gesetzesänderung i. S. d. Rechtsprechung geregelt wurde. Nach zutreffender h. M.[5] setzt auch der Wortlaut des § 373 AO keine objektive Gefährlichkeit voraus, sodass – wie bei §§ 244, 250 StGB – die Anwendung des § 373 Abs. 2 Nr. 2 AO auch bei einem Beisichführen von Scheinwaffen in Verwendungsabsicht zu bejahen ist.

 

Rz. 33

Nicht unter den Anwendungsbereich des § 373 AO fallen allein Gegenstände, die nicht schon aufgrund ihrer Wahrnehmung als bedrohlich empfunden werden, sondern dies erst durch eine Drohung bzw. Täuschung des Täters vermittelt wird.[6]

 

Rz. 34

Irrelevant ist auch, ob das Opfer bemerkt, dass es sich um eine objektiv ungefährliche Scheinwaffe handelt, denn die Absicht des Täters, mit einer Scheinwaffe zu drohen, entfällt nicht dadurch, dass das Opfer seinen Plan durchschaut.[7]

[1] Ebner, in MüKoStGB, 4. Aufl. 2023, § 373 AO Rz. 28.
[2] Ebner, in MüKoStGB, 4. Aufl. 2023, § 373 AO Rz. 28 m. w. N.
[3] 6. StRG, in Kraft getreten zum 1.4.1998. G. v. 26.1.1998, BGBl I 1998, 164ff.
[5] Z. B. Schuster/Schulteheinrichs, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 373 AO Rz. 35 m. w. N.; Ebner, in MüKoStGB, 4. Aufl. 2023, § 373 AO Rz. 29 m. w. N.; Tully, in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2017, § 373 AO Rz. 22; a. A. z. B. Hilgers-Klautzsch, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 373 AO Rz. 69.
[6] Z. B. durch ein Drücken eines Lippenstifts in den Rücken des Opfers; BGH v. 13.11.1991, 5 StR 477/91, BGHSt 38, 116.
[7] BGH v. 29.3.1990, 4 StR 67/90, StV 1990, 546; vgl. auch BGH v. 20.5.1981, 2 StR 157/81, NStZ 1981, 436.

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