Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen bei der Besteuerung in den Niederlanden (”Heffingskorting“)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Werden in den Niederlanden wohnhafte Ehegatten aufgrund der inländischen Einkünfte des Ehemannes antragsgemäß als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, bewirkt die Fiktion der unbeschränkten Steuerpflicht der lediglich niederländische Lohneinkünfte beziehenden Ehefrau bei ihrer Zusammenveranlagung gemäß § 1 a Abs. 1 Nr. 2 EStG weder die Einbeziehung dieser - lediglich dem Progressionsvorbehalt unterliegenden - Einkünfte in die Besteuerung noch die Abzugsfähigkeit der damit zusammenhängenden Beiträge zur niederländischen Sozialversicherung als Sonderausgaben.
  2. Ein solcher Sonderausgabenabzug wird zudem gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 c EStG durch die Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen bei der Besteuerung der Ehefrau in den Niederlanden ("Heffingskorting") ausgeschlossen.
  3. Der Nichtabzug der mit den niederländischen Einkünften der Ehefrau zusammenhängenden Sozialabgaben bei der inländischen Besteuerung verstößt nicht gegen das Gemeinschaftsrecht, wenn sie tatsächlich und effektiv bei der Besteuerung im Wohnsitzstaat berücksichtigt werden können (Abgrenzung zum EuGH-Urteil vom 22.6.2017 C-20/16 "Bechtel", BStBl II 2017, 1271).
 

Normenkette

EStG § 1 Abs. 3, § 1a Abs. 1 Nr. 2, § 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1c, § 26 Abs. 1 S. 1, § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 49 Abs. 1 Nr. 4; DBA NLD Art. 14 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2017, 2018

 

Tatbestand

Die Kläger wenden sich mit ihrer am 20.11.2019 erhobenen Klage gegen die Einkommensteuerfestsetzungen für die Veranlagungszeiträume 2017 und 2018 mit Bescheiden vom 2.10.2018 und vom 21.6.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8.10.2019, geändert für 2017 im Klageverfahren am 20.5.2021.

Streitig ist, ob Beiträge zur niederländischen Sozialversicherung als Sonderausgaben bei der Besteuerung eines nach § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unbeschränkt Steuerpflichtigen Berücksichtigung finden können.

Die Kläger wohnten in den Streitjahren in den Niederlanden. Der Kläger bezog in den Niederlanden Arbeitslohn i.H.v. [...] € (2017) und [...] € (2018). Die Klägerin erzielte im Inland Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. [...] € (2017) und [...] € (2018). Die Klägerin stellte einen Antrag, nach § 1 Abs. 3 EStG auf Grund ihrer inländischen Einkünfte (vgl. § 49 Abs. 1 EStG) als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt zu werden. Die Kläger stellten zudem den Antrag, den Kläger für die Anwendung des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG nach § 1 a Abs. 1 Nr. 2 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln.

Der Kläger hat neben den Beiträgen zur Krankenversicherung in Bezug auf seine Lohneinkünfte Beiträge zum niederländischen Sozialversicherungssystem geleistet:

Beiträge zur Pflegeversicherung (AWBZ) [...] € (2017) [...] € (2018)

Beiträge zur Rentenversicherung (AOW) [...] € (2017) [...] € (2018)

Bei den Beiträgen zur Renten- und Pflegeversicherung handelt es sich um Beiträge, die aufgrund des niederländischen Arbeitslohns, der Höhe nach abhängig von der Höhe des Arbeitslohns, einbehalten wurden. Beide Versicherungen sind Pflichtversicherungen, deren Leistungsinhalte denen der deutschen Sozialpflichtversicherung ähneln, sich aber im Einzelnen unterscheiden. Bei den Beiträgen zur Krankenversicherung handelt es sich um Beiträge aufgrund der in den Niederlanden zu zahlenden ”Kopfpauschale“ zzgl. weiterer freiwilliger Zusatzversicherungen.

Bei der Versteuerung des Lohnes des Klägers in den Niederlanden wurde die sog. Heffingskorting abgezogen. Dabei handelt es sich um einen Abgabennachlass auf Steuern unter Berücksichtigung der Sozialversicherungsabgaben an Stelle eines persönlichen Grundfreibetrages. Dies bedeutet eine steuerliche Vergünstigung unter Berücksichtigung der persönlichen Gesamtumstände im Zusammenhang mit der Pflicht-Sozialversicherung (Volksverzekering).

In den Streitjahren reduzierte sich dadurch die Belastung durch die Beiträge zur Rentenvorsorge um [...] € (2017) und [...] € (2018) auf [...] € (2017) und [...] € (2018). Auf die Pflegeversicherungsbeiträge entfiel eine Heffingskorting von [...] € (2017) und [...] € (2018).

Der Beklagte führte eine Zusammenveranlagung der Kläger durch. Er ließ dabei die Beiträge des Klägers zur niederländischen Renten- und Pflegeversicherung bei der Besteuerung unberücksichtigt. Nur die Krankenversicherungsbeiträge wurden zum Sonderausgabenabzug zugelassen, soweit sie die in den Niederlanden verpflichtende Basisversorgung betrafen, denn insofern war dem Kläger in den Niederlanden weder eine Steuervergünstigung noch eine Förderung gewährt worden. Die Einkünfte des Klägers wurden für Zwecke der deutschen Besteuerung im Übrigen lediglich in Form des Progressionsvorbehalts einbezogen.

Die Kläger vertreten die Auffassung,

letztlich sei die durch die Anträge gem. §§ 1 Abs. 3, 1 a Abs. 1 Nr. 2 EStG ausgelöste steuerliche Behandlung die Gleiche, die der Sachverhalt erfahren würde, we...

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