Entscheidungsstichwort (Thema)

Investitionsabzugsbetrag: Höchstbetrag –Einheitlicher Gewerbebetrieb – Einander ergänzende gewerbliche Tätigkeiten eines Einzelunternehmens

 

Leitsatz (redaktionell)

Einander ergänzende, im engen räumlichen und organisatorischen Zusammenhang ausgeübte gewerbliche Tätigkeiten eines Einzelunternehmens (hier: Kupferrecycling und Schrotthandel) begründen einen einheitlichen Gewerbebetrieb, der der Höchstbetragsbegrenzung von 200.000 € für den Abzug von Investitionsabzugsbeträgen unterliegt.

 

Normenkette

EStG § 7g Abs. 1 Sätze 1, 4

 

Streitjahr(e)

2016, 2017, 2018, 2019

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger im Streitzeitraum nach ertragsteuerlichen Grundsätzen einen einheitlichen Gewerbebetrieb oder zwei einzelne Gewerbebetriebe führte und deshalb in einer Gesamtschau der Veranlagungszeiträume 2016 bis 2019 Investitionsabzugsbeträge über den betriebsbezogenen Höchstbetrag von 200.000 € hinaus beanspruchen durfte.

Der Kläger betreibt seit 1999 unter der Anschrift A.-straße in R. einen Großhandel mit Altmaterialien und Reststoffen, welcher seither als O. („...recycling“) bezeichnet wurde und in den Streitjahren unter der Steuernummer N01 erfasst wird. Unter derselben Anschrift hatte zunächst seine Mutter I. S. seit 19 00 einen Großhandel mit Rohprodukten, außer unedlen Metallen. („Schrotthandel“) betrieben. Letzteren führte der Kläger nach dem Tod seiner Mutter am 26.11.2013 als Rechtsnachfolger fort. Entsprechende E-Bilanzen übermittelte der Kläger insoweit unter der Steuernummer N02.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung (BP) für die Veranlagungszeiträume 2013 bis 2015 stellte die Prüferin (Z.) fest, dass für die Betriebszweige „...Recycling“ einerseits und „Schrotthandel“ andererseits zwar separate Gewerbesteuererklärungen eingereicht worden seien. Seit der Übernahme des Geschäfts von der Mutter durch den Kläger sei aber ein einheitlicher Gewerbebetrieb anzunehmen: Der Betrieb werde von einer Person geführt und sei nach der Verkehrsauffassung auch als einheitlich anzusehen (vgl. BP-Bericht vom 08.04.2019, Seite 5). Diese Auffassung vertrat der Beklagte sodann in den streitgegenständlichen Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheiden, jeweils für die Veranlagungszeiträume (VZ) 2017 bis 2019.

Nach Eingang der Einkommensteuererklärung 2017 am 22.03.2019 erließ der Beklagte am 13.08.2019 den Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheid 2017. Die darin angesetzten Einkünfte aus Gewerbebetrieb setzten sich wie folgt zusammen:

Gewinn aus dem Tätigkeitsfeld „...recycling“:

 22.166 €

 + Gewinn aus dem Tätigkeitsfeld „Schrotthandel“:

 63.582 €

 Einkünfte aus Gewerbebetrieb insgesamt:

 85.748 €

Bei den Besteuerungsgrundlagen wurden im Begründungsteil des Steuerbescheides entsprechend zwei Gewinne als Einzelunternehmer ausgewiesen, wobei dem Gewinn in Höhe von 63.582 € der Passus „2. Betrieb“ maschinell beigefügt wurde. Im Erläuterungsteil hieß es:

„Da die Betriebszweige „Schrott...“ und „...Recycling“ einen einheitlichen Gewerbebetrieb darstellen, sind die Gewinne aus beiden Betriebszweigen in einer einheitlichen Gewerbesteuerfestsetzung zu berücksichtigen.“

Mit Einspruch vom 23.08.2019 begehrten die Kläger wegen zusätzlicher Inanspruchnahme eines weiteren Investitionsabzugsbetrages die Berücksichtigung eines Verlustes von 22.834 € im Betriebszweig „...Recycling“.

Im Kern argumentierten die Kläger, dass es sich um zwei Betriebe handele und der betriebsbezogene Höchstbetrag für Investitionsabzugsbeträge nach § 7g des Einkommensteuergesetztes -EStG- somit insgesamt zweimal ausgeschöpft werden könne. Dem lag folgende bilanzielle Entwicklung zugrunde: Die Kläger hatten bereits für das Tätigkeitsfeld „Schrotthandel“ im VZ 2016 einen Investitionsabzugsbetrag von 28.000 € und im VZ 2017 in Höhe von 57.500 € (vgl. dazu Jahresabschluss v. 29.11.2019, Bl. 172 Gerichtsakte) sowie für das Tätigkeitsfeld „...Recycling“ im VZ 2016 in Höhe von 40.000 € und im VZ 2017 bislang 47.500 €, insgesamt also bislang Investitionsabzugsbeträge von 173.000 € steuerlich berücksichtigt. Aus der dem o.g. Einspruch beigefügten Ergänzungsliste zur Anlage G ergab sich, dass anstelle des in der ursprünglichen E-Bilanz vom 26.03.2019 für den Tätigkeitsbereich „...Recycling“ in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbetrages (dort bislang 47.500 €) nunmehr ein Abzugsbetrag von 92.500 € beansprucht wurde (vgl. dazu auch Jahresabschluss 2017 v. 09.06.2020, Bl. 156 Gerichtsakte). Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten, insbesondere der daraus resultierenden steuerlichen Gewinne, wird auf die zusammenfassende Übersicht im Schreiben des Beklagten vom 21.08.2020 verwiesen. Mit dem gleichen Begehren legte der Kläger am 23.08.2019 auch Einspruch gegen den am 13.08.2019 erlassenen Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2017 ein, mit welchem die Gewinne aus beiden o.g. Betriebszweigen zusammengefasst wurden.

Nach Erlass des Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheides 2018, jeweils am 09.06.2020, legten die Kläger am 24...

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