BMF, 21.03.2024, IV C 6 - S 2171 - b/19/10001 :001

Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind bei Kreditinstituten Einzelwertberichtigungen (EWB) von Kundenforderungen (§ 15 der Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute vom 11. Dezember 1998 – RechKredV – BGBl I S. 3658) steuerlich nur anzuerkennen, soweit sie im Einklang mit den nachfolgenden Grundsätzen gebildet werden:

 

I. Grundsätze der EWB

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Geldforderungen sind in der Steuerbilanz gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 1 EStG ebenso wie in der Handelsbilanz gemäß § 253 Absatz 1 Satz 1 Handelsgesetzbuch (HGB) grundsätzlich mit ihren Anschaffungskosten anzusetzen. Diese entsprechen in der Regel ihrem Nennwert.

2

Ist der Teilwert einer Forderung niedriger als ihr Nennwert, weil zweifelhaft ist, ob die Forderung in Höhe des Nennwerts erfüllt werden wird (Ausfallrisiko), so kann statt des Nennwerts der niedrigere Teilwert angesetzt werden, wenn die Wertminderung voraussichtlich dauerhaft ist (§ 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 EStG). Zum Begriff der voraussichtlich dauernden Wertminderung wird auf das BMF-Schreiben vom 2. September 2016 (BStBl 2016 I S. 995) verwiesen.

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Bei dem Teilwert handelt es sich um einen ausschließlich steuerrechtlichen Wertbegriff. Er tritt auf Grund des Bewertungsvorbehalts (§ 5 Absatz 6 EStG) für die Steuerbilanz zwingend an die Stelle des handelsrechtlichen Werts. Der Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (§ 6 Absatz 1 Nummer 1 Satz 3 EStG).

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Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung ist bei Kundenforderungen als Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens gegeben, wenn die Minderung bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz oder dem vorangegangenen Verkaufszeitpunkt anhält. Handelsrechtliche Abschreibungen von Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens, die nach dem strengen Niederstwertprinzip des § 253 Absatz 4 HGB in der Handelsbilanz vorgenommen werden müssen, aber nur einer vorübergehenden Wertminderung unterliegen, dürfen nicht in die steuerliche Gewinnermittlung (nachfolgend Steuerbilanz) übernommen werden.

5

Für die Umstände, die zur Bildung einer Wertberichtigung durch eine Teilwertabschreibung berechtigen, trägt das Kreditinstitut die Beweislast. Das Kreditinstitut muss belegen, dass seine Teilwertschätzung eine objektive betriebliche Grundlage hat. Die Ermittlung und Aufzeichnung von Einzelwertberichtigungen mittels eines Datenverarbeitungssystems ist vom Kreditinstitut i. S. des BMF-Schreibens vom 28. November 2019 - GoBD (BStBl 2019 I S. 1269) zu dokumentieren und maschinell nachprüfbar bereitzustellen. An den dem Bilanzstichtag der Wertminderung folgenden Bilanzstichtagen ist das Wertaufholungsgebot des § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 i. V. m. Nummer 1 Satz 4 EStG zu beachten.

 

1. EWB dem Grunde nach

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Bei der Bewertung von Forderungen ist der Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 Absatz 1 Nummer 3 HGB) zu beachten. Gegenstand der Betrachtung ist das spezielle Ausfallrisiko der jeweiligen Forderung.

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Sind Forderungen mit einem über das latente Ausfallrisiko hinausgehenden akuten Ausfallrisiko behaftet, kann diesem Umstand in der Steuerbilanz im Wege der EWB Rechnung getragen werden. Die Frage, wann ein über das latente Ausfallrisiko hinausgehendes akutes Ausfallrisiko vorliegt, richtet sich in erster Linie nach der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit des Schuldners, die individuell nach dessen Verhältnissen zu ermitteln ist.

EWB (zweifelhafte Forderungen) Pauschalwertberichtigung (PWB) (werthaltige Forderungen)  
EWB pauschalierte Einzelwertberichtigung (pEWB)  
akutes Ausfallrisiko latentes Ausfallrisiko  
vorliegendes BMF-Schreiben BMF-Schreiben vom 10. Januar 1994 (BStBl 1994 I S. 98)  

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Für eine EWB dem Grunde nach reichen bloße Vermutungen oder pessimistische Beurteilungen der künftigen Entwicklung, für die am Bilanzstichtag kein greifbarer Anhaltspunkt vorliegt, nicht aus. Es müssen beim Schuldner bereits Merkmale erkennbar sein, die auf einen nicht vollen Eingang der Forderung schließen lassen. Es muss daher eine Zahlungsstörung vorliegen, die am Bilanzstichtag bereits eine gewisse Zeit besteht und mindestens bis zur Bilanzaufstellung anhält.

9

Eine Zahlungsstörung liegt in folgenden Fällen immer vor:

  1. 90 Tage ununterbrochener Zahlungsverzug;
  2. drei aufeinanderfolgende rückständige Raten je Darlehenskonto;
  3. Insolvenzantrag;
  4. Abgabe der Vermögensauskunft nach § 802c Zivilprozessordnung durch den Schuldner oder
  5. Tod des Schuldners bei überschuldetem Nachlass.

Die Kriterien müssen am Bilanzstichtag vorliegen. Eine Zahlungsstörung im Sinne von a) und b) ist am Bilanzstichtag nicht gegeben, wenn die vertraglich vereinbarten Zahlungen wieder regelmäßig geleistet werden. Davon ist auszugehen, wenn bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz mindestens drei aufeinander folgende vertraglich vereinbarte Zahlungen geleistet worden sind.

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