Entscheidungsstichwort (Thema)

Soziale Pflegeversicherung. Qualitätsprüfung. Maßnahmebescheid nach § 115 Abs 2 S 1 SGB 11. Bestimmtheitserfordernis

 

Orientierungssatz

1. Ein Maßnahmebescheid nach § 115 Abs 2 S 1 SGB 11 ist bestimmt genug, wenn das geforderte Verhalten für eine durch Versorgungsvertrag zugelassene Pflegeeinrichtung, bei der die Kenntnis der Maßstäbe und Grundsätze für Qualität und Qualitätssicherung als Geschäftsgrundlage der Vertragsbeziehungen vorausgesetzt werden kann, klar und unzweideutig erkennbar ist (vgl ua LSG Essen vom 26.2.2014 - L 10 P 120/13 B ER = PflR 2014, 524; LSG Chemnitz vom 20.4.2015 - L 5 P 14/15 B ER = juris RdNr 31).

2. Es reicht aus, wenn durch die Verfügungssätze im Zusammenhang mit Erläuterungen und Beispielen konkrete Hilfestellung zur Beseitigung der festgestellten Defizite gegeben wird und bei Unklarheiten auf den Gesamtinhalt des Bescheids sowie den Prüfbericht des MDK zurückgegriffen werden kann (vgl LSG Chemnitz vom 20.4.2015 - L 5 P 14/15 B ER = juris RdNr 32).

3. Es ist weder erforderlich noch mit der Systematik der Regelprüfungen vereinbar, dass die Maßnahmen jeweils auf konkrete Bewohner bezogen werden müssen. Im Rahmen der Qualitätsprüfungen geht es nicht darum, einen konkreten Missstand im Einzelfall zu beseitigen, sondern aufgrund eines festgestellten Missstandes eine allgemeine Handlungsforderung zu formulieren.

4. Die Befolgung von Maßnahmebescheiden, die einer Pflegeeinrichtung bzw einem Pflegedienst die Beseitigung von Mängeln auferlegen, führen grundsätzlich nicht zu inadäquaten Nachteilen für diese (vgl ua LSG Essen vom 26.2.2014 - L 10 P 120/13 B ER aaO). Denn der eingeforderte Zustand wird von dem Leistungserbringer sowieso geschuldet (vgl § 72 Abs 3 S 1 SGB 11).

5. Zur Bestimmtheit einzelner Maßnahmen iSd § 115 Abs 2 S 1 SGB 11.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 28.7.2017 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin (Ast.) begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen von den Antragsgegnerinnen und Antragsgegnern (AG) erlassenen Maßnahmenbescheid nach § 115 Abs. 2 S. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI).

Die Ast. betreibt mit dem "F-Haus" in C eine nach dem SGB XI zugelassene stationäre Pflegeeinrichtung. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) führte im Auftrag der AG am 3.11.2016 eine Qualitätsprüfung der Einrichtung nach § 114 ff SGB XI durch. Diese umfasste zum Prüfzeitpunkt 88 Pflegeplätze (davon zwölf in der Kurzzeitpflege). Geprüft wurden neun Bewohner (P1 bis P9). In seinem Prüfbericht vom 08.11.2016 stellte der MDK Verbesserungspotenziale bei der Behandlungspflege fest. Wegen der näheren Einzelheiten des Prüfberichts wird auf Bl. 114 ff. der Verwaltungsakte der AG Bezug genommen. Im Rahmen der Anhörung monierte die Ast. beispielsweise, dass P1 gar keinem Sturzrisiko ausgesetzt gewesen sei. Bei P2 habe überhaupt kein Schwindel vorgelegen. Bei anderen Patienten sei ein Dekubitusrisiko angenommen worden, welches aus pflegefachlicher Sicht nicht bestanden habe. Entgegen den Ausführungen der Prüferin habe bei P7 sehr wohl eine Einwilligung der Bewohnerin und deren Bevollmächtigten zu freiheitsentziehenden Maßnahmen vorgelegen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Stellungnahme nimmt der Senat auf Bl. 100 ff der Verwaltungsakte der AG Bezug. Der MDK erwiderte hierzu am 10.1.2017, dass er bei seinen bisherigen Ausführungen bleibe. Die Einzelheiten der Stellungnahme ergeben sich aus Bl. 53 ff. der Verwaltungsakte der AG.

Mit Bescheid vom 26.04.2017 forderten die AG die Ast. nach nochmaliger Abwägung im Rahmen der Ermessensentscheidung dazu auf, die festgestellten Mängel durch folgende Maßnahmen zu beheben:

- Bei Bedarf muss eine aktive Kommunikation mit dem Arzt nachvollziehbar sein.

- Die Durchführung der behandlungspflegerischen Maßnahmen muss den ärztlichen Anordnungen entsprechen.

- Die Durchführung der Medikamentenversorgung muss den ärztlichen Anordnungen entsprechen.

- Eine systematische Schmerzeinschätzung muss erfolgen.

- Die stationäre Pflegeeinrichtung muss bei Schmerzpatienten eng mit dem behandelnden Arzt kooperieren.

- Die Bewohner mit chronischen Schmerzen müssen die verordneten Medikamente erhalten.

- Das individuelle Sturzrisiko muss erfasst werden.

- Bei Bewohnern mit erhöhtem Sturzrisiko müssen die erforderlichen Prophylaxen gegen Stürze durchgeführt werden.

- Das individuelle Dekubitusrisiko muss erfasst werden.

- Die erforderlichen Dekubitusprophylaxen müssen durchgeführt werden.

- Individuelle Ernährungsrisiken müssen erfasst werden.

- Individuelle Risiken bei der Flüssigkeitsversorgung müssen erfasst werden.

- Die erforderlichen Maßnahmen bei Einschränkungen der selbstständigen Nahrungsversorgung müssen bei Ernährungsrisiken durchgeführt werden.

- Die erforderlichen Maßnahmen bei Einschränkungen der selbstständigen Flüssigkeitsversorgung müss...

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