Rz. 7

Der Anspruch auf das Krankengeld entsteht in den Fällen, in denen an dem entsprechenden ersten Tag keine stationäre Krankenhausbehandlung bzw. keine stationäre Vorsorge- oder Rehabilitationsleistung erfolgt, mit dem Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an. Hierbei ist insbesondere

  • die Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit (§ 44) sowie
  • die Arbeitsunfähigkeit wegen einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruchs (§ 44a)

gemeint. Es kommt allerdings nicht auf eine förmliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, sondern lediglich darauf an, dass ein Arzt die medizinischen Voraussetzungen für die Arbeitsunfähigkeit festgestellt hat. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 der "Richtlinie über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V" (AU-RL; Fundstelle Rz. 23) liegt Arbeitsunfähigkeit vor,

  • wenn der Versicherte aufgrund von Krankheit seine zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann oder
  • wenn aufgrund eines bestimmten Krankheitszustandes, der für sich allein noch keine Arbeitsunfähigkeit bedingt, absehbar ist, dass wegen der weiteren Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Gesundung abträgliche Folgen erwachsen, die Arbeitsunfähigkeit unmittelbar hervorrufen (vgl. auch BSG, Urteil v. 15.11.1984, 3 RK 21/83).

Maßstab und Bezugspunkt für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit sind grundsätzlich der versicherungsrechtliche Status des Betroffenen zum Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit; maßgebend sind somit z. B. bei Arbeitnehmern die arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistungen aus der letzten (versicherten) Erwerbstätigkeit vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit (z. B. muss über 25 kg heben). Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Komm. zu § 44 verwiesen.

 

Rz. 8

Die Attestierung der Arbeitsunfähigkeit erfolgt durch eine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). Für die Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsdaten an die jeweilige Krankenkasse hat die Arztpraxis die Telematikinfrastruktur direkt aus dem Praxisverwaltungssystem heraus zu nutzen. Bei einem Scheitern der Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsdaten an die Krankenkassen im elektronischen Verfahren entstehen dem Versicherten keine Nachteile, da bei einer elektronischen Übermittlung seit 1.1.2021 der Vertragsarzt und nicht der Versicherte zur Meldung der Arbeitsunfähigkeit an die Krankenkasse verpflichtet ist (BSG, Urteil v. 30.11.2023, B 3 KR 23/22 R).

Die Krankenkassen wiederum stellen dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeitsdaten (ohne Diagnosedaten) elektronisch zum Abruf bereit. Der Hinweis, dass der Arbeitgeber die Daten abrufen kann, erfolgt durch den Arbeitnehmer, der in jedem Fall immer den Arbeitgeber unverzüglich über die bestehende Arbeitsunfähigkeit unterrichten muss.

Wird das Verfahren der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) nicht genutzt (z. B. Ausfall der Praxissoftware oder bei Hausbesuchen), ist vom Vertragsarzt die Arbeitsunfähigkeit in Papierform auf dem dafür vorgesehenen Vordruck Muster 1 (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung) zu bescheinigen. Es handelt sich hierbei um ein Vordruckmuster, das im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung für den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit dient (Fundstelle Rz. 23).

Die Attestierung einer Arbeitsunfähigkeit (Erst- und Folgebescheinigung) darf nur von Vertragsärzten oder deren persönlicher Vertretung vorgenommen werden. Im Rahmen des stationären Entlassmanagements (§ 39 Abs. 1a sowie § 40 Abs. 2 Satz 6 SGB V und § 4a AU-RL) sind auch die Krankenhausärzte oder die Ärzte in der jeweiligen Rehabilitationseinrichtung zur Bescheinigung einer Arbeitsunfähigkeitszeit berechtigt.

Die Arbeitsunfähigkeit muss durch einen Arzt, aber nicht zwingend durch einen Vertragsarzt festgestellt werden. Die Feststellung kann zur Not auch auf einem formlosen Schriftstück erfolgen (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 27.7.2017, L 9 KR 239/17 B PKH). Das Attest mit der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit hat lediglich die Bedeutung einer ärztlichen Stellungnahme, die die Grundlage für den über den Krankengeldbezug zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet (vgl. BSG, Urteil v. 26.2.1992, 1/3 RK 13/90). Es ist deshalb auch nicht erforderlich, dass der Arzt den Ausdruck "Arbeitsunfähigkeit" gebraucht. Allerdings müssen sich aus der Bescheinigung alle relevanten Daten ergeben – also mindestens:

  • die persönlichen Angaben zum Versicherten,
  • der Beginn der Arbeitsunfähigkeit,
  • die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit,
  • der Tag der erstmaligen ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit und
  • alle die für die Arbeitsunfähigkeit maßgebenden Diagnosen.
 

Rz. 9

Der Beginn des Anspruchs auf Krankengeld richtet sich auch dann nach dem Tag der tatsächlichen ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, wenn der Versicherte ...

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