Auch wenn es sich viele Unternehmen oder deren Organisationsentwickler vielleicht wünschen: Die agile Transformation ist kein Kippschalter, der umgelegt wird und aus einer traditionell geprägten auf einen Schlag eine agile Organisation entstehen lässt. Die agile Entwicklung ist nicht binär, keine 0 und 1, es gibt kein nicht agil und agil. Vielmehr vollziehen Organisationen auf jeder einzelnen Dimension eine Entwicklung, bei der sie im Laufe der Zeit unterschiedliche Reifegrade erreichen und Entwicklungsstufen passieren. Wir haben daher für jede der 6 Dimensionen wiederum 5 signifikante unterschiedliche Entwicklungsstufen identifiziert und ebenfalls in das Modell aufgenommen.

Abb. 1: TRAFO-Model

Die vorher genannten 6 Dimensionen sind maßgeblich für die Entwicklung einer Organisation hin zu einer agilen Organisation. Neben der bereits erwähnten Prozessebene, die vielen Organisationen als Startpunkt in die agile Welt dient, erweist sich die Struktur einer Organisation als weitere wichtige Dimension. Die Bedeutung der Struktur zeigt sich darin, dass sich aus agilen Prozessen heraus zwangsläufig notwendige strukturelle Anpassungen ergeben, um diese zu unterstützen.

Die nächste zentrale Dimension für die agile Entwicklung einer Organisation ist die Strategie, der sich ein Unternehmen verschreibt. Diese ist letztlich eng mit den Prozessen verknüpft, denn eine Veränderung der Prozesse ergibt sich oftmals aus dem Druck seitens des Kunden, da dieser beispielsweise unzufrieden mit der Geschwindigkeit der Lieferung und/oder der Qualität ist, oder um flexibler und schneller auf Kundenanfragen reagieren zu können. Der Kunde rückt in den Mittelpunkt der strategischen Ausrichtung und es geht in erster Linie darum, bei ihm dauerhafte Zufriedenheit zu erwirken. Durch die Vorstellungen des Kunden lässt sich die Organisation strategisch so ausgestalten, dass sie auch zukünftig dessen Bedürfnisse bestmöglich erfüllt. Eine Kundenzentrierung ist der zentralste Aspekt agiler Organisationen hinsichtlich ihrer Strategie.

Des Weiteren gibt es eine Wechselbeziehung von agilen Prozessen und Führung. Veränderte Rollen durch andere Prozesse und Strukturen führen auch zu einer veränderten Verteilung von Führung und somit auch zu einem anderen Führungsverständnis. Hierarchien verlieren an Bedeutung, laterales Führen nimmt dafür zu.

Nicht nur für Führungskräfte, sondern auch für die HR-Instrumente wie Zielvereinbarungen ändert sich innerhalb der Organisation im Zuge des agilen Wandels eine Menge. So ergibt sich die Möglichkeit, sich viel stärker und intensiver in der Organisationsentwicklung einzubringen und den Wandel aktiv mitzugestalten. Im Zuge dessen muss sich HR als Teil-Organisation allerdings auch kritisch mit sich selbst und seinem Wertbeitrag auseinandersetzen, die bisherigen HR-Instrumente auf den Prüfstand stellen und sowohl die HR-Organisation als auch die HR-Instrumente in agilere Formen überführen.

Entscheidend ist zu guter Letzt auch die Organisationskultur. Sie spiegelt sich bereits in jeder anderen Dimension schon in irgendeiner Form mittelbar oder unmittelbar wider. An der Unternehmenskultur ist der agile Reifegrad der gesamten Organisation vermutlich am deutlichsten abzulesen. Man könnte auch sagen, sie dient als Lackmus-Test für agile Organisationen. Dies ist gleichzeitig eine große Herausforderung, drückt sich die Kultur einer Organisation eben in unheimlich vielen unterschiedlichen Facetten aus und ist daher nur schwer im Ganzen wahrzunehmen.

Das TRAFO-Modell kann dabei helfen einzuschätzen, wie weit die agile Transformation einer Organisation in den einzelnen Dimensionen jeweils vorangeschritten ist und in welcher Dimension die aktuell limitierenden Faktoren liegen, den agilen Reifegrad der Organisation zu steigern. Wie bereits betont, ist jede der einzelnen Dimensionen wichtig, um den Wandel voranzutreiben und alle Dimensionen sind sehr stark miteinander vernetzt und beeinflussen sich gegenseitig. Allerdings ist es zunächst entscheidend zu wissen, wo man überhaupt steht und insbesondere auch, wohin man möchte, ehe man losläuft. Jede Organisation hat einen individuellen Startpunkt und somit einen unterschiedlich langen Weg mit individuellen Herausforderungen und Stolpersteinen zu bewältigen und jede Organisation versucht ein individuelles Ziel zu erreichen.

 
Praxis-Tipp

Eine Art Landkarte zur Orientierung hilft

Wie bei herkömmlichen Expeditionen hat es sich auch bei der Suche nach dem Ziel einer agilen Transformation bewährt, sich für den Weg mithilfe einer "Roadmap" vorzubereiten, die einem den Überblick über das bisweilen unwegsame Gelände liefert und auch die einzelnen Etappen kennzeichnet.

Man muss sich klar darüber sein, dass sich diese Roadmap aus Einzelfall-Entscheidungen zusammensetzt, welche Wege und Methoden bei jeder einzelnen Organisation gewählt werden. Darüber hinaus weist sie keine detaillierten Besonderheiten aus und bereitet auf jedwede Eventualität vor, sondern dient vielmehr als Leitlinie und Orientierungshi...

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