Zukunftskanzlei: Diese Rolle spielt Social Media

Wie sieht die Zukunft der Steuerkanzlei aus? Im Rahmen der Initiative #Zukunftskanzlei haben wir dazu mit unterschiedlichen Expertinnen und Experten aus der Branche gesprochen. Sarah Klinkhammer, 27 Jahre alt, ist durch ein duales Studium Steuerassistentin geworden. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen dreht sie nach Feierabend Videos für ihren Youtube-Kanal „Wir lieben Steuern“. Wie sie sich die Zukunft der Branche vorstellt, erzählt sie im Interview.

Was sind in Ihren Augen die großen Herausforderungen für die Steuerkanzlei der Zukunft?

Wenn ich die Herausforderungen auf ein Schlagwort runterbrechen müsste, wäre das die Schnelligkeit. Alles entwickelt sich immer schneller, auch, weil Vieles vermehrt online stattfindet. Es entstehen neue Berufsfelder oder Möglichkeiten, Geld zu verdienen, für die es zunächst keine Rechtsprechung gibt. Trotzdem müssen wir in der Lage sein, unsere Mandantinnen und Mandanten dahingehend zu beraten.

Ist die Steuerberaterbranche dieser Herausforderung gewachsen?

Wenn man den Durchschnitt der Kanzleien betrachtet: Nein. Die Branche ist zu langsam, zu festgefahren in den alten Mustern und Denkstrukturen. Es gibt viele ältere Steuerberater und Kanzleien, in denen die Dinge so gemacht werden, wie sie eben immer schon gemacht wurden. Gleichzeitig bemerke ich einen Umbruch, besonders bei uns, der jüngeren Generation. Die Steuerberaterinnen und Steuerberater, die offen sind für neue Entwicklungen, können sich auf neue Beratungschancen stürzen. Für die bricht eine rosige Zeit an.

Was könnte so eine neue Beratungschance sein?

Wenn ich zum Beispiel nicht weiß, was ein Influencer ist oder was diese Person tut, kann ich diese Berufsgruppe auch nicht beraten. Jüngere Kanzleiinhaber, die selbst Social Media nutzen, haben da einen Vorteil.

Sind junge Steuerberaterinnen und Steuerberater besser vorbereitet für die Zukunft?

Was ein absoluter Wettbewerbsvorteil ist – und den sehe ich eher bei jungen Steuerberatern - ist, dass sie wahnsinnig neugierig sind und sich gerne in neue Themen einarbeiten. Außerdem sind das häufig Leute, die nicht viel Wert auf Prestige und die klassischen Statussymbole legen. Sie wollen nicht zeigen, dass sie allwissend sind, ihnen geht es vielmehr darum, etwas über und von ihren Mandanten zu lernen. Das sind Steuerberater, die als Berater wahrgenommen werden wollen. Sie bewältigen die Schnelllebigkeit, indem sie sich Sachverhalte von ihren Mandanten erklären lassen.

Was ist mit den Steuerberatern „vom alten Schlag“, wie können sie bei diesen Entwicklungen mitgenommen werden und Schritt halten?

Das geht nur, wenn sie auch wollen. Wer nicht offen ist für Veränderungen, braucht am Ende den Druck von außen – und der wird kommen. Die Aufgaben, die Steuerberater früher klassischerweise gemacht haben, fallen immer mehr weg. Buchhaltung und Steuererklärung kann man nicht mehr für das gleiche Geld anbieten wie früher. Beratung, betriebswirtschaftliche Beratung, Unternehmensberatung - das sind die Felder, mit denen Einzelkanzleien eine Chance haben. Es geht darum, den Mandanten klarzumachen, dass der Steuerberater ihr Sparringspartner ist und nicht nur irgendwelche bürokratischen Aufgaben erledigt.


Die Initiative #Zukunftskanzlei begibt sich gemeinsam mit Menschen aus der Steuerberatungsbranche auf die Suche nach einem Zukunftsbild für Steuerberatungskanzleien. Im Rahmen der Initiative ist unter anderem die Studie #Zukunftskanzlei 2025 entstanden. Hier erfahren Sie mehr.


Bieten Sie diese Beratungsleistungen bei Ihnen in der Kanzlei bereits an?

Wir sprechen regelmäßig mit unseren Mandanten über ihre Pläne, nicht nur über die beruflichen. Wir fragen zum Beispiel, ob der Kauf eines Eigenheims geplant ist. Aus den ganzen Informationen können wir dem Mandanten die bestmögliche Unterstützung bieten. Dabei ist auch ein breites Netzwerk wichtig, damit man weiß, an wen man den Mandanten verweisen kann, wenn man selbst nicht weiterhelfen kann.

Was ist für Sie die Steuerkanzlei der Zukunft?

Die Steuerkanzlei der Zukunft ist für mich eine Beraterkanzlei mit Start-up-Feeling und ein Ort, an den ich nicht nur zum Arbeiten gehe.

Hat die Coronavirus-Pandemie die Kanzleien näher in Richtung dieser Zukunft gerückt?

Die Pandemie, so blöd das auch klingen mag, hat einen Schub in die richtige Richtung gegeben. Das Thema Homeoffice ist in der Branche angekommen. Dadurch ergeben sich neue Chancen bei der Fachkräftesuche. Jeder kann theoretisch mit Leuten aus ganz Deutschland zusammenarbeiten, die zur eigenen Kanzlei und Spezialisierung passen und die genau das drauf haben, was man braucht. Die Kommunikation mit den Mandanten hat sich verändert. Außerdem ist die Bereitschaft gewachsen, zu digitalisieren, damit man von jedem Ort aus auf alle Informationen zugreifen kann.

Werden all diese Veränderungen bereits jetzt in den Aus- und Weiterbildungsformaten für Steuerexperten abgebildet?

Es tut sich etwas in der Aus- und Weiterbildung. Es gibt die Möglichkeit, einen Fachassistenten für Digitalisierung und IT zu machen. Allerdings ist die Art, wie Inhalte vermittelt werden, recht klassisch. Das ist auch einer der Gründe, weswegen ich mit meinen Kolleginnen den Youtube-Kanal „Wir lieben Steuern“ gegründet habe. Wir wollen die Inhalte so vermitteln, dass es Spaß macht, sie zu lernen. Das kommt nicht nur bei Mandanten gut an, sondern auch bei vielen Leuten aus der Branche.

Wir lieben Steuern

Weil es ein anderes Bild vom Beruf des Steuerberaters vermittelt?

Genau. Deswegen haben wir mit „ Wir lieben Steuern“ begonnen. Wie oft habe ich schon zu hören bekommen: „Was du machst, könnte ich nicht. Das wäre mir viel zu langweilig. Aber kannst du mir bitte helfen?“ Das Thema Steuern betrifft jeden, aber niemand hat Lust darauf. Das wollen wir ändern. Wir wollen mit unserem Kanal zeigen, dass der Job cool sein kann, das Thema spannend ist und dass Steuerberater ganz normale Menschen sind, mit denen man reden kann.

Funktioniert das?

Es ist der Wahnsinn, was wir schon an Reaktionen bekommen haben, seit wir den Kanal betreiben. Wir bekommen Rückmeldungen von Mandanten, die sich für ein Video bedanken und sagen: „Jetzt habe ich das endlich mal verstanden“ und die so mit uns ins Gespräch und zu einer Beratung kommen. Wir erhalten Anfragen von Neu-Mandanten aufgrund der Videos. Und Leute schreiben uns, dass sie bei uns arbeiten wollen. Auch innerhalb der Branche lernen wir dank unserer Social-Media-Präsenz spannende Menschen kennen. Unser Social-Media-Auftritt ermöglicht uns also Mandantenakquise, ist ein Türöffner in der Branche und ein effektives Recruitinginstrument.

Trotzdem geben Sie mit den Videos Wissen preis, für das man vor noch nicht so langer Zeit bezahlen musste. Kannibalisiert sich der Steuerexperte der Zukunft selbst?

Ich bin der festen Überzeugung: Je mehr Wissen ich teile, desto mehr bekomme ich am Ende auch zurück. Die Menschen müssen sehen können, dass wir uns auskennen und die Expertinnen sind. Die Steuerexperten der Zukunft sollten offen sein, ihre Erfahrungen zu teilen und von den Erfahrungen anderer zu lernen.

Zur Person

Sarah Klinkhammer arbeitet als Steuerassistentin und Digitalisierungsmanagerin in der Dortmunder Steuerberatungsgesellschaft Dieckhöfer & Partner. Gemeinsam mit den beiden Steuerberaterinnen der Kanzlei betreibt sie „ Wir lieben Steuern“. Auf dem gleichnamigen Youtube-Kanal bereiten die drei Expertinnen Steuerthemen so interessant und verständlich wie möglich auf.

Schlagworte zum Thema:  Kanzleiorganisation, Kanzleimarketing