Zusammenfassung

 
Begriff

Mit Widerspruchsverfahren wird das Vorverfahren bezeichnet, welches durch Erhebung eines Widerspruchs als Rechtsmittel gegen den Erlass eines Verwaltungsaktes oder die Ablehnung des Erlasses eines begehrten Verwaltungsaktes beginnt. Das Widerspruchsverfahren dient der Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsaktes.

Es ist einer Klage vor den Sozialgerichten im ersten Rechtszug somit vorgeschaltet und dient der Selbstkontrolle der Verwaltung unter Beteiligung der Selbstverwaltung. Ausnahmen regeln, in welchen Fällen es nicht notwendig ist, ein Widerspruchsverfahren durchzuführen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Sozialversicherung: Die zentralen Vorschriften über das Vorverfahren und den einstweiligen Rechtsschutz sind in den §§ 77 bis 86b SGG geregelt.

1 Ziel und Beginn des Vorverfahrens

Vor Klageerhebung soll in einem Vorverfahren die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsaktes grundsätzlich überprüft werden. Der Widerspruch kann sich richten gegen

  • einen erlassenen Verwaltungsakt, für den in einem späteren Klageverfahren die Anfechtungsklage die richtige Klageart wäre (mit dem Ziel der Aufhebung des Verwaltungsaktes)[1],
  • die Ablehnung des Erlasses eines begehrten Verwaltungsaktes, für den in einem späteren Klageverfahren die Verpflichtungsklage die richtige Klageart wäre (mit dem Ziel des Erlasses eines Verwaltungsaktes).[2]

Das Vorverfahren beginnt mit der Erhebung des Widerspruchs. Mit diesem wird die Überprüfung der getroffenen Entscheidung des Sozialleistungsträgers angestrebt.[3]

 
Wichtig

Vermeidung des Eintritts der Bindungswirkung

Wird der Widerspruch nicht oder erfolglos eingelegt, entfaltet der Verwaltungsakt grundsätzlich für alle Beteiligten Bindungswirkung.[4]

 
Achtung

Ausnahmen von der Erforderlichkeit der Durchführung eines Vorverfahrens

Das grundsätzlich durchzuführende Vorverfahren ist entbehrlich, wenn

  • es gesetzlich besonders bestimmt wurde für besondere Fälle,
  • der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde, einer obersten Landesbehörde oder vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit erlassen worden ist. Das gilt nicht, wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
  • ein Land, ein Versicherungsträger oder einer seiner Verbände klagen will.[5]

2 Frist

Die Frist für die Erhebung des Widerspruchs beträgt grundsätzlich 1 Monat nach Bekanntgabe und 3 Monate bei Bekanntgabe im Ausland.[1]

 
Wichtig

Erhebung bei einer unzuständigen Behörde

Die Frist zur Erhebung des Widerspruchs gilt auch dann als gewahrt, wenn die Widerspruchsschrift bei einer anderen inländischen Behörde oder bei einem Versicherungsträger oder bei einer deutschen Konsularbehörde oder – soweit es sich um die Versicherung von Seeleuten handelt – auch bei einem deutschen Seemannsamt eingegangen ist.[2]

3 Form

Der Widerspruch kann bei der Stelle eingereicht werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat bzw. den Erlass des begehrten Verwaltungsaktes abgelehnt hat.[1]

Er kann in folgender Form erfolgen:

Ausreichend für die fristwahrende Erhebung des Widerspruchs ist es, wenn der Beschwerte/Bescheidempfänger zum Ausdruck bringt, dass er mit dem Bescheid nicht einverstanden ist. Im Übrigen gilt hier das Gleiche wie für Leistungsanträge: Begründung und Unterlagen müssen im Laufe des Verfahrens nicht unbedingt schon bei Erhebung des Widerspruchs eingereicht werden.

4 Verfahrensausgang

4.1 Abhilfeverfahren

In der ersten Stufe des Widerspruchsverfahrens wird der angefochtene Bescheid von der Stelle überprüft, die ihn erlassen hat. Wird hierbei der Widerspruch des Versicherten "für begründet" erachtet, so ist ihm abzuhelfen.[1]

Diese erste Stufe gibt der Verwaltung Gelegenheit,

  • ihr Handeln aufgrund eines konkreten Vorbringens des Betroffenen zu überprüfen,
  • den Betroffenen über die Sach- und Rechtslage zu informieren.

Stellt der Versicherungsträger fest, dass der Widerspruch ggf. auch nur zum Teil begründet ist, so hilft er ihm ab. D. h., er erlässt einen neuen Bescheid, mit dem die Fehler des ursprünglichen Bescheids korrigiert werden.

Sofern dem Widerspruch nur zum Teil abgeholfen werden konnte, muss das Widerspruchsverfahren fortgeführt werden.

In der Praxis kommt es jedoch vor, dass der Widerspruchsführer zuvor angeschrieben wird und unter Darlegung der Rechtsauffassung und Umfang der beabsichtigten Abhilfe gebeten wird mitzuteilen, ob er den Widerspruch im Übrigen zurücknimmt.

 
Achtung

Abgrenzung zur Abänderung

Wenn der Verwaltungsakt während des Vorverfahrens abgeändert wird, wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens. Daher wird er der Stelle unverzüglich mitgeteilt, die über den Widerspruch zu entscheiden hat.[2]

Die Abänderung beendet das Vorverfahren nicht. Im Gegensatz zur Abhilfe, sofern diese in vollem Umfang erfolgt.

4.2 Widerspruchsbescheid

Wenn und soweit nach Überprüfung des Bescheids durch die...

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