Auf einer durch das Verkehrszeichen 325.1 (verkehrsberuhigter Bereich) ausgewiesenen Verkehrsfläche oder in einer ausgewiesenen Fußgängerzone ist von den höchsten Anforderungen an das Verhalten des Fahrzeugführers bei zugleich niedrigen Anforderungen an das Verhalten des Fußgängers auszugehen. In diesen Zonen ordnete schon § 42 Abs. 4a StVO a.F.[13] das Einhalten der Schrittgeschwindigkeit, also einer Geschwindigkeit zwischen 4-7 km/h,[14] an. Hier dürfen Fußgänger die gesamte Straßenbreite zur Bewegung und zum Kinderspiel nutzen,[15] Fahrzeuge sind auf dieser Straße, soweit die Benutzung durch den Fahrzeugverkehr überhaupt eröffnet ist, nur "zu Gast". Der Fahrzeugverkehr darf durch die Fußgänger nicht unnötig behindert werden, gleichwohl stellt die Erläuterung zum VZ 325.1 klar, dass schon eine Behinderung der Fußgänger auf der Straße vermieden werden und nötigenfalls gewartet werden muss. Der Fußgängerverkehr hat Vorrang. Die Verhaltensanforderungen an den Fahrzeugführer für das Befahren einer sog. Spielstraße gehen noch über die Bestimmungen des § 3 Abs. 2a StVO hinaus. Nach § 3 Abs. 2a StVO muss nur auf "sichtbare", also erkannte, erkennbare oder wenigstens (aufgrund besonderer Umstände, beispielsweise dem auf die Straße rollenden Fußball) erahnbare Verkehrsteilnehmer besondere Rücksicht genommen werden. In einem verkehrsberuhigten Bereich hingegen gilt diese Pflicht uneingeschränkt auch für nur potenziell vorhandene Fußgänger, auch dann, wenn diese für den Fahrzeugführer zunächst nicht sichtbar waren.[16]

In diesen Bereichen gilt § 25 StVO insoweit nicht, als dass die Fußgänger sich frei auf der Fahrbahn bewegen dürfen.

[13] OLG Stuttgart NJW 2004, 2255. Dazu heute die Erläuterungen zu VZ 325.1, Nr. 1: "Wer ein Fahrzeug führt, muss mit Schrittgeschwindigkeit fahren."
[14] So wohl die h.M. in der Rspr, vgl. OLG Brandenburg, Beschl. v. 23.5.2005 – 1 Ss (OWi) 86 B/05; OLG Köln NJW 1989, 600; OLG Düsseldorf NZV 1993, 158; OLG Hamm NJW-RR 1997, 411: 13 km/h jedenfalls zu schnell, OLG Hamm, Beschl. v. 9.1.2003 – 3 Ss OWi 1038/02: 10 km/h in Ordnung; LG Dortmund DAR 2006, 281: "Schrittgeschwindigkeit ist die denkbar niedrigste Geschwindigkeit"; a.A. AG Leipzig DAR 2005, 703: 15 km/h. Zusammenfassend Anm. zu OLG Naumburg NJW-Spezial 2017, 651: 10 km/h obere Grenze. Eberhardt et al., Der Verkehrsunfall 15, 1977: Geschwindigkeit beim Gehen eines Erwachsenen unter Normalbedingungen zwischen 4,86 km/h bis 5,94 km/h.
[15] Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Heß StVO § 2 Rn 89; Erläuterungen zu VZ 325.1, Nr. 5: "Wer zu Fuß geht, darf die Straße in ihrer ganzen Breite benutzen; Kinderspiele sind überall erlaubt."

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