Das vom Gesetzgeber vorprogrammierte Antragschaos
Einführung
Aufgrund der Güterrechtsreform sollte doch alles so viel besser werden …
I. Zur Erinnerung – die Rechtslage bis 31.8.2009
Nach alter Rechtslage gab es wechselseitig insgesamt nur vier gesetzlich geregelte Auskunftsansprüche. Sie bezogen sich ausschließlich auf das Endvermögen. Dies war zum einen der "normale" Auskunftsanspruch gem. § 1379 Abs. 1 S. 1 BGB. Zusätzlich gab es den ergänzenden Wertermittlungsanspruch gem. § 1379 Abs. 1 S. 2 BGB a.F., der allerdings gesondert geltend gemacht werden musste. Diese Ansprüche wurden wechselseitig geschuldet (daher 4 Ansprüche).
Zusätzlich hatte der BGH für besondere Sachgestaltungen die Möglichkeit eröffnet, die Auskunftsverpflichtung unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB zu erweitern. Gemeint waren die Fälle, bei denen der Schuldner den Auskunftsberechtigten über Bestehen und Umfang seines Rechts im Unklaren ließ und daher auf die Auskunft angewiesen war. Zusätzlich mussten konkrete Anhaltspunkte für ein Handeln im Sinne von § 1375 Abs. 2 BGB vorgetragen werden. Die Auskunftspflicht bezog sich dann aber auch lediglich auf den konkret angesprochenen Vermögenswert, dessen Entwicklung und Verbleib.
II. Der Auskunftsanspruch gem. § 1379 BGB ab dem 1.9.2009
1. Im Zuge der Güterrechtsreform wurde u.a. das negative Anfangsvermögen eingeführt. Schulden, die abgebaut werden, führen zu einer Erhöhung des Zugewinnausgleichs. Im Gegensatz zur früheren Rechtslage – im Zweifel Anfangsvermögen 0 EUR (vgl. § 1374 Abs. 1 letzter Hs. BGB a.F.) – können sich jetzt Schulden auf den Zugewinnausgleich auswirken. Daher musste ein Auskunftsanspruch zum Anfangsvermögen eingeführt werden.
2. Völlig überraschend – und ohne dass dies vorher überhaupt diskutiert worden wäre – wurde durch den Rechtsausschuss eine zusätzliche Auskunftsverpflichtung über das Vermögen zum Trennungszeitpunkt eingeführt. Dieses Recht kann bereits mit der Trennung verfolgt werden. Natürlich gilt der Anspruch aber auch im Rahmen des Zugewinnausgleichsverfahrens (vgl. § 1379 Abs. 1 S. 2 BGB). Auf diese Weise sollte offenbar der vermuteten – in der Tat vielfach latent vorhandenen – Absicht entgegengewirkt werden, während der Trennungszeit, die eigene Vermögensbilanz zu "schönen". Diese Intention des Gesetzgebers war zwar gut gemeint. Bekanntlich ist dies aber ja das Gegenteil von gut. Bei besonnener Betrachtung hätte eine Vielzahl von praktischen Schwierigkeiten in der Umsetzung eigentlich vorhersehbar sein müssen. Beispielhaft seien hierbei nur folgende Probleme erwähnt:
a) In vielen Fällen ist die Trennung der Eheleute ein schleichender Vorgang. "Wir haben uns in den letzten Jahren auseinandergelebt." Diesen Satz wird ein Familienrechtler häufiger hören, als die Schilderung eines Auszuges der Ehefrau am Aschermittwoch nach den karnevalistischen "Aktivitäten" ihres Ehemanns. Dabei ist nahezu unstreitig, dass der Trennungszeitpunkt taggenau angegeben und bewiesen werden muss. Die Auskunftsverpflichtung beschränkt sich auf diesen Tag. Sie erstreckt sich nicht auf Zeiträume. Der vorsichtige Auskunftspflichtige, der dieses Problem kennt, wird tunlichst keinen genauen Tag mehr für die Trennung angeben, sich vielmehr in vage Zeitwolken ("im Februar", "im Frühjahr") flüchten. Seit dem 1.9.2009 entstehen bei den Gerichten teilweise endlose Debatten und Beweisaufnahmen mit der Vernehmung von Verwandten, Lebensgefährten, Freunden, Nachbarn etc. über den Trennungszeitpunkt. All dies ist nie zielführend, weil die Trennung eben auch subjektive Elemente enthält, die gerade einer objektiven Überprüfung nur schwer zugänglich sind. Solche Verfahren vergeuden die Zeit und Nerven der Beteiligten. Versuche, dieses Problem mittels eines Feststellungsantrages zum Trennungszeitpunkt zu lösen, müssen scheitern. Ein solcher Antrag kann nur zur Klärung von Rechtsfragen, nicht aber zur Feststellung eines Tatbestandes erhoben werden. Außerdem ist Vorsicht geboten, wenn die Parteien eine Vereinbarung zum Trennungszeitpunkt treffen. Da hierdurch auf die Höhe der Zugewinnausgleichsforderung Einfluss genommen werden kann, bedarf eine solche Absprache der notariellen Beurkundung (vgl. § 1378 Abs. 3 S. 2 BGB). Derartige Vereinbarungen können im Vorfeld nicht ohne notarielle Beurkundung rechtswirksam abgeschlossen werden.
b) Schon die eindeutige Rechtslage hat seit dem 1.9.2009 zu einer geradezu inflationären Vervielfältigung von Auskunftsansprüchen geführt. Mittlerweile werden nämlich wechselseitig 24 (!) Auskünfte geschuldet, als da sind:
- Auskunft zum Anfangsvermögen, zum Endvermögen und zum Trennungszeitpunkt (3 Ansprüche).
- Hierzu gehören dann die entsprechenden selbstständigen Wertermittlungsansprüche (weitere 3 A...