Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Voraussetzungen der Halbdeckung
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Hinterbliebenenrente ist der Versicherungsfall der Tod des Versicherten; auf diesen Zeitpunkt kommt es deshalb auch für die Prüfung der vom Eintritt des Versicherungsfalles abhängigen Voraussetzungen für die "Halbdeckung" an.
2. Gemäß AVG § 45 (idF vor dem Inkrafttreten des RVÄndG) wird die Witwenrente nach einem Bruchteil - nämlich sechs Zehntel - der Versichertenrente gewährt. Je nach den persönlichen Verhältnissen der Witwe ist entweder von einer Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit auszugehen; dabei kommt es nicht darauf an, ob der Versicherte selbst Anspruch auf Rente wegen BU oder EU oder auf Altersruhegeld gehabt hat. Hat der Versicherte bis zu seinem Tode Rente bezogen, so ist deshalb auch der Bruchteil von sechs Zehntel nicht von dieser Versichertenrente zu nehmen, vielmehr ist die Versichertenrente eigens für die Feststellung der Witwenrente auf den Todestag des Versicherten zu berechnen.
Normenkette
AVG § 36 Abs. 3; RVO § 1259 Abs. 3; AVG § 45 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1268 Fassung: 1957-02-23
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 9. August 1962 und das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. September 1964 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind der Klägerin nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Klägerin, geboren ... 1904, erhält seit 1. Oktober 1960 von der Beklagten Witwenrente (Bescheid vom 10. Oktober 1961). Der am 14. April 1895 geborene und am 14. September 1960 verstorbene Ehemann der Klägerin bezog seit 1. Januar 1949 Ruhegeld wegen Berufsunfähigkeit; das Ruhegeld wurde nach dem Inkrafttreten der Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetze nach Art. 2 §§ 30, 31 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) umgestellt und ab 1. April 1960 (Vollendung des 65. Lebensjahres des Versicherten) auf fünfzehn Dreizehntel der Versichertenrente erhöht; es betrug unter Berücksichtigung des 1. und 2. Rentenanpassungsgesetzes (RAG) und der Höchstbetragsgrenze nach Art. 2 § 33 AnVNG zuletzt 480,- DM monatlich. Die Rente der Klägerin, die zunächst niedriger festgestellt worden war, wurde von der Beklagten auf Grund der von der Klägerin erhobenen Klage durch die Anrechnung weiterer Ersatzzeiten mehrfach erhöht und mit Bescheid vom 31. Januar 1962 ab 1. Januar 1961 (nach Ablauf des Sterbevierteljahres) auf 200,70 DM monatlich und ab 1. Januar 1962 auf 212,40 DM monatlich - sechs Zehntel der auf den Todestag errechneten Versichertenrente - festgestellt. Die Beklagte rechnete dabei neben der Beitragszeit Ersatzzeiten, eine Zurechnungszeit und eine "pauschale" Ausfallzeit nach Art. 2 § 14 AnVNG aF (idF vor dem Inkrafttreten des Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes - RVÄndG -) mit 16 Monaten aus einer Pflichtbeitragszeit von 160 Monaten an; die für den Versicherten maßgebende Rentenbemessungsgrundlage wurde bis zu der im Jahre 1960 geltenden Beitragsbemessungsgrenze (10.200,- DM) berücksichtigt. Gegen diese Berechnung wandte sich die Klägerin nur noch insoweit, als sie die Anrechnung höherer nachgewiesener Ausfallzeiten begehrte. Die Beklagte lehnte dies ab, weil zur Zeit des Todes des Versicherten die Voraussetzungen der "Halbdeckung" im Sinne von § 36 Abs. 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) aF (idF vor dem Inkrafttreten des RVÄndG) nicht gegeben seien. Das Sozialgericht (SG) Freiburg verurteilte die Beklagte zur Anrechnung einer Ausfallzeit von 95 Monaten (Urteil vom 9. August 1962). Die Berufung der Beklagten wies das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg - im wesentlichen - zurück (Urteil vom 29. September 1964). Es führte aus: Die Beklagte habe bei der Rentenberechnung 160 Pflichtbeiträge berücksichtigt; da der Zeitraum zwischen dem Eintritt des Versicherten in die Versicherung und dem Beginn seines Ruhegeldes wegen Berufsunfähigkeit 310 Monate umfasse, sei damit die "Halbdeckung" gegeben. Entgegen der Meinung der Beklagten komme es dann, wenn ein Versicherter schon vor dem 1. Januar 1957 Leistungen bezogen habe, die nach Art. 2 §§ 30 ff AnVNG ab 1. Januar 1957 umgestellt worden seien, für die Prüfung der Voraussetzungen der "Halbdeckung" nicht auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalles des Todes, sondern auf den der Berufsunfähigkeit an. An dem nach den Rentenversicherungsgesetzen von jeher geltenden Grundsatz, daß nach Eintritt des Versicherungsfalles bei dem Versicherten eine "Verschlechterung der Rechtsposition zum Nachteil der Hinterbliebenen" nicht mehr eintreten könne, hätten die Rentenversicherungsneuregelungsgesetze nichts geändert. Bei § 36 Abs. 3 Satz 1 AVG aF handele es sich um eine Regelung ähnlich den Vorschriften des alten Anwartschaftsrechts über die Halbdeckung, eine Anwartschaft nach altem Recht habe aber nach Eintritt des Versicherungsfalles nicht mehr erlöschen können; zu einem entsprechenden Ergebnis sei auch das Bundessozialgericht (BSG) in dem Urteil vom 28. Januar 1960 (BSG 11, 254 ff) hinsichtlich der "neuartigen Anwartschaftsregelung" in Art. 2 § 42 ArVNG gekommen. Auch aus dem Zusammenhang der Vorschriften des § 45 Abs. 1 und 2 AVG über die Berechnung der Witwenrente mit den Vorschriften des § 30 Abs. 1 und 2 AVG über die Berechnung der Berufsunfähigkeits- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente, auf die § 45 verweise, ferner aus § 31 Abs. 2 AVG, der ebenfalls auf die nach § 30 Abs. 2 berechnete Rente verweise, ergebe sich, daß die beim Eintritt des ersten Versicherungsfalles angerechneten Zeiten auch bei den sich an die Rentenbezugszeiten aus diesem Versicherungsfall unmittelbar anschließenden Versicherungsfällen weiter anzurechnen seien. Dies gelte entgegen der Meinung der Beklagten auch dann, wenn der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit vor dem 1. Januar 1957 eingetreten sei. Für die Berechnung der Witwenrente sei daher die Rente zugrunde zu legen, die dem Versicherten gewährt worden wäre, wenn bei Eintritt des für ihn maßgebenden Versicherungsfalles bereits die Vorschriften des neuen Rentenversicherungsrechts gegolten hätten. Im vorliegenden Fall habe die Klägerin im Hinblick auf die für die Berechnung ihrer Rente maßgebenden neuen Vorschriften die Kürzung der persönlichen Bemessungsgrundlage von 416 % auf 200 % hinzunehmen, während die Versichertenrente ohne Kürzung umgestellt worden sei; sie habe aber andererseits auch Anspruch auf Anrechnung aller Zeiten, die für den Versicherten selbst anzurechnen gewesen wären, wenn die Vorschriften des neuen Rechts am 1. Januar 1949 (Beginn des Ruhegelds des Versicherten) bereits gegolten hätten. Deshalb seien im vorliegenden Fall (abgesehen von einer sich aus § 36 Abs. 1 Nr. 4 AVG hier ergebenden Kürzung bei den Schulausbildungszeiten um drei Monate) für die Berechnung der Witwenrente statt der "pauschalen" Ausfallzeit die nachgewiesenen längeren Ausfallzeiten anzurechnen. Das LSG ließ die Revision zu.
Die Beklagte legte frist- und formgerecht Revision ein. Sie beantragte,
das angefochtene Urteil und das Urteil des SG Freiburg vom 9. August 1962 aufzuheben und die Klage gegen die Bescheide vom 10. Oktober 1961 und 31. Januar 1962 abzuweisen.
Zur Begründung trug sie vor, das LSG habe § 36 Abs. 3 AVG aF unrichtig angewandt. Die "Halbdeckung" sei hier nach dem Zeitpunkt des Versicherungsfalles des Todes zu prüfen. Eine Schlechterstellung der Hinterbliebenen trete nicht ein, weil der Versicherte selbst zu keiner Zeit Anspruch auf Anrechnung von Ausfallzeiten gehabt habe.
Die Klägerin beantragte,
die Revision zurückzuweisen.
Mit Bescheid vom 7. April 1967 stellte die Beklagte die Rente der Klägerin mit Wirkung vom 1. Juli 1965 an auf Grund der Neufassung des § 36 Abs. 3 AVG durch das RVÄndG neu fest; eine Erhöhung der Rente der Klägerin gegenüber dem Rentenzahlbetrag vor dem 1. Juli 1965 ergab sich dabei nicht.
Die Beteiligten erklärten sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden (§§ 165, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
II
Die Revision der Beklagten ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1; 164 SGG). Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur die Höhe der Rente der Klägerin bis zum 30. Juni 1965. Den Rentenanspruch ab 1. Juli 1965 - vom Inkrafttreten der Neufassung des § 36 Abs. 3 AVG an - hat die Beklagte während des Revisionsverfahrens durch den Bescheid vom 7. April 1967 neu festgestellt; dieser Bescheid gilt als mit der Klage beim SG angefochten (§ 171 Abs. 2 SGG); der Senat darf nicht prüfen, ob dieser Bescheid rechtmäßig ist. Soweit es sich um die Rentenbezugszeit bis zum 30. Juni 1965 handelt, ist die Revision der Beklagten begründet.
Streitig ist die Frage, ob bei der Feststellung der Witwenrente der Klägerin über die mit dem Bescheid vom 31. Januar 1962 angerechnete "pauschale" Ausfallzeit hinaus (Art. 2 § 14 AnVNG aF) nachgewiesene längere Ausfallzeiten anzurechnen sind. Dies ist - wie der Senat bereits in dem die gleiche Rechtsfrage betreffenden Urteil vom 24. Januar 1967 - 11 RA 174/64 - ausgeführt hat - entgegen der Auffassung der Vorinstanzen zu verneinen.
Der Anspruch der Klägerin auf Witwenrente ist mit dem Todes ihres Ehemannes im September 1960 entstanden; er ist daher nach den Vorschriften des seit dem 1. Januar 1957 geltenden AnVNG und des AVG zu beurteilen. Hiervon ist grundsätzlich auch das LSG - ebenso wie das SG - ausgegangen. Gemäß § 45 AVG (idF vor dem Inkrafttreten des RVÄndG) wird die Witwenrente nach einem Bruchteil - nämlich sechs Zehntel - der Versichertenrente gewährt. Je nach den persönlichen Verhältnissen der Witwe ist entweder von einer Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit (§ 45 Abs. 1 AVG) oder wegen Erwerbsunfähigkeit (§ 45 Abs. 2 AVG) auszugehen; dabei kommt es nicht darauf an, ob der Versicherte selbst Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit oder auf Altersruhegeld gehabt hat. Hat der Versicherte bis zu seinem Tode Rente bezogen, so ist deshalb auch der Bruchteil von sechs Zehntel nicht von dieser Versichertenrente zu nehmen, vielmehr ist die Versichertenrente eigens für die Feststellung der Witwenrente auf den Todestag des Versicherten zu berechnen (vgl. Urteile des BSG vom 20. Dezember 1960 - BSG 13, 251, 253 und vom 24. Januar 1967 - 11 RA 174/64 -). Dieser Berechnungsweise entspricht der Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 1962. Da die Klägerin im September 1960 das 45. Lebensjahr vollendet gehabt hat, hat ihre Witwenrente nach § 45 Abs. 2 Nr. 1 AVG sechs Zehntel der Rente betragen, die der Versicherte erhalten hätte, wenn er im September 1960 erwerbsunfähig geworden wäre. Nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2 AVG hat die Beklagte 26 anrechnungsfähige Versicherungsjahre ermittelt, nämlich 280 Monate Versicherungszeiten - darunter 160 Pflichtbeitragsmonate -, 16 Monate Zurechnungszeit und 16 Monate Ausfallzeit nach Art. 2 § 14 AnVNG aF (ein Zehntel der mit Pflichtbeiträgen belegten Zeit). Nachgewiesene längere Ausfallzeiten im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 4 AVG (Schul- und Berufsausbildungszeiten des Versicherten) haben nicht angerechnet werden dürfen, weil die Voraussetzungen des § 36 Abs. 3 AVG aF nicht erfüllt sind. Nach dieser Vorschrift sind Ausfallzeiten nur dann anrechenbar, wenn die Zeit vom Eintritt in die Versicherung bis zum Eintritt des Versicherungsfalles mindestens zur Hälfte, jedoch nicht unter 60 Monaten, mit Beiträgen für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt ist (sogenannte "Halbdeckung"). "Versicherungsfall" im Sinne der Rentenversicherungsgesetze ist das Ereignis oder das Zusammentreffen mehrerer Ereignisse im Leben des Versicherten, gegen deren Nachteile dem Versicherten und seinen Hinterbliebenen durch die Versicherung Schutz gewährt wird (vgl. Urteile des BSG vom 25. Oktober 1963 und vom 5. März 1965, BSG 20, 48, 50 und 22, 278, 280 sowie das Urteil vom 24. Januar 1967). Bei den Hinterbliebenen ist dieses Ereignis der Tod des Versicherten; auf diesen Zeitpunkt kommt es deshalb auch für die Prüfung der vom Eintritt des Versicherungsfalles abhängigen Voraussetzungen für die "Halbdeckung" an. Nach dem von der Klägerin insoweit nicht angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 1962 hat der für die Berechnung der Halbdeckung maßgebende Zeitraum - vom Eintritt in die Versicherung bis zum Monat des Todes des Versicherten - 450 Monate, die mit Pflichtbeiträgen belegte Zeit 160 Monate, sonach weniger als die Hälfte, umfaßt. Die "Halbdeckung" ist daher zur Zeit des Todes des Versicherten nicht gegeben gewesen. Das LSG ist - ebenso wie das SG - zu einem anderen Ergebnis deshalb gekommen, weil es davon ausgegangen ist, daß nach Eintritt des Versicherungsfalles bei dem Versicherten selbst eine "Verschlechterung der Rechtsposition zum Nachteil der Hinterbliebenen" nicht mehr eintreten könne, deshalb sei für die Berechnung der "Halbdeckung" von dem Versicherungsfall auszugehen, der zur Gewährung von Rente an den Versicherten geführt habe (nach den Rentenakten hat hier Berufsunfähigkeit seit 1944 bestanden, die Rente hat - nach vorheriger Behandlung des Versicherten in Lazaretten und Lungenheilstätten - am 1. Januar 1949 begonnen). Dieser Auslegung des § 36 Abs. 3 AVG aF kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist zu beachten, daß sich die Prüfung der Voraussetzungen des § 36 Abs. 3 AVG aF für die Feststellung der Hinterbliebenenrente nach dem Zeitpunkt des Todes des Versicherten dann zum Vorteil der Hinterbliebenen auswirkt, wenn ein Versicherter, der bereits Rente wegen Berufsunfähigkeit bezieht, während des Rentenbezugs noch Pflichtbeiträge entrichtet hat und erst auf Grund dieser Pflichtbeiträge die Voraussetzung der "Halbdeckung" bei der Feststellung der Hinterbliebenenrente gegeben ist. Aber auch dann, wenn die Voraussetzungen der "Halbdeckung" im Zeitpunkt des Todes des Versicherten nicht gegeben sind, tritt in den Fällen, in denen der Versicherte bereits vor dem 1. Januar 1957 Rente bezogen hat, eine "Verschlechterung der Rechtsposition der Hinterbliebenen" nicht ein, weil Ausfallzeiten bei der Feststellung der Rente des Versicherten weder vor noch nach dem 1. Januar 1957 anzurechnen gewesen sind. Das vor dem 1. Januar 1957 geltende Recht hat den Begriff der Ausfallzeiten im Sinne von § 36 AVG nicht gekannt und deshalb auch keine Vorschriften enthalten, die den Vorschriften über die "Halbdeckung" im Sinne von § 36 Abs. 3 AVG entsprochen haben. Die Vorschriften über die "Halbdeckung" im Sinne der vor dem 1. Januar 1957 geltenden §§ 1265 der Reichsversicherungsordnung (RVO), 32 AVG sind nur für die aus ihnen folgende Fiktion der Erhaltung der Anwartschaft erheblich gewesen, sie haben einen ganz anderen Sinngehalt gehabt als die auch wörtlich abweichenden Vorschriften über die "Halbdeckung" im Sinne des § 36 Abs. 3 AVG aF, die für die Anrechenbarkeit von Ausfallzeiten und damit für die Anzahl der anzurechnenden Versicherungsjahre (§ 35 AVG) bedeutsam sind (vgl. Urteile des BSG vom 25. Mai 1961, BSG 14, 220 und vom 24. Januar 1967). Auch bei der Umstellung der Rente des Ehemannes der Klägerin zum 1. Januar 1957 ist es auf die Erfüllung der "Halbdeckung" im Sinne von § 36 Abs. 3 AVG aF nicht angekommen. Diese Umstellung ist nach Art. 2 § 31 AnVNG auf Grund von Tabellenwerten erfolgt, eine Neuberechnung der Rente nach den Vorschriften des seit dem 1. Januar 1957 geltenden Rechts ist nicht vorzunehmen gewesen. Zwar ist bei der Umstellung auf Grund der Tabellenwerte im Umstellungsfaktor auch ein Ausgleich für die "pauschale" Ausfallzeit nach Art. 2 § 14 AnVNG aF enthalten, weitere Ausfallzeiten sind darin nicht berücksichtigt. Diese "pauschale" Ausfallzeit kommt aber auch den Hinterbliebenen bei der Feststellung ihrer Rente zugute, sofern nicht die Voraussetzungen für die Anrechnung längerer Ausfallzeiten im Zeitpunkt des Todes des Versicherten vorliegen.
Eine andere Beurteilung hinsichtlich des für die Berechnung der "Halbdeckung" maßgebenden Zeitraums ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen auch nicht deshalb geboten, weil im vorliegenden Fall bei der Berechnung der Witwenrente die persönliche Bemessungsgrundlage nur bis zu der im Jahre des Todes des Versicherten geltenden Beitragsbemessungsgrenze (§§ 32 Abs. 1, 2. Halbsatz, 112 Abs. 2 AVG) berücksichtigt wird, während die Versichertenrente ohne eine solche Begrenzung (abgesehen von der Begrenzung durch den damaligen Rentenhöchstbetrag) umgestellt worden ist. Einer "Schlechterstellung" sowohl des Versicherten als auch der Hinterbliebenen durch das neue Recht ist in Art. 2 § 41 AnVNG allgemein damit begegnet, daß ihnen unter den dort genannten Voraussetzungen Anspruch auf die nach altem Recht berechnete Rente eingeräumt ist, wenn dies für sie günstiger ist. Zu vergleichen ist nach dieser Vorschrift aber die nach neuem Recht berechnete Rente - hier die Witwenrente nach § 45 AVG nF - mit der nach altem Recht berechneten Rente der gleichen Gattung - hier der Witwenrente nach § 39 AVG aF - unter Hinzurechnung des Zuschusses nach Art. 2 § 35 AnVNG (vgl. BSG 13, 251, 253). Diese Vergleichsberechnung hat die Beklagte in dem Bescheid vom 31. Januar 1962 durchgeführt. Die nach dieser Methode berechnete Witwenrente der Klägerin wäre jedoch damals um etwa 458,- DM jährlich niedriger gewesen als die Rente, die die Klägerin nach neuem Recht zu beanspruchen hat. Auf die Höhe der Umstellungsrente des Versicherten und die Höhe der Witwenrente, die sich hieraus ergeben hätte, wenn der Versicherte vor dem 31. Dezember 1956 gestorben wäre, kommt es für die Vergleichsberechnung nicht an. Deshalb können aus der Höhe der Umstellungsrente des Versicherten auch für die Frage, auf welchen Zeitpunkt für die "Halbdeckung" im Sinne von § 36 Abs. 3 AVG aF abzustellen ist, keine Schlüsse gezogen werden. Die Witwe wird bei der Berechnung ihrer Rente nach neuem Recht so gestellt, wie wenn der Versicherte unter der Herrschaft des neuen Rechts gestorben wäre, nachdem er zuvor keine Rente oder eine nach den Vorschriften des neuen Rechts berechnete Versichertenrente bezogen hätte. Dies gilt auch für die Anrechnung oder Nichtanrechnung von Ausfallzeiten. Der Senat hat bereits in dem Urteil vom 24. Januar 1967 darauf hingewiesen, daß in den Fällen, in denen der Versicherte bis zu seinem Tode eine Rente neuen Rechts unter Anrechnung von Ausfallzeiten bezogen hat, bei der eigens für die Feststellung der Witwenrente erforderlichen Berechnung der Versichertenrente möglicherweise Gesichtspunkte zu beachten sind, die für die Umwandlung von Renten gelten. Hieraus ergeben sich aber keine Schlußfolgerungen für die Fälle, in denen - wie hier - der Versicherte eine nach den Vorschriften des alten Rechts berechnete und nach Art. 2 §§ 30 ff AnVNG umgestellte Rente bezogen hat, für die eine Anrechnung von Ausfallzeiten nicht in Betracht gekommen ist.
Seit der Neufassung des § 36 Abs. 3 AVG (wie auch des § 37 AVG) durch das RVÄndG kommt es auf die im vorliegenden Fall streitige Frage nicht mehr an. Bei der Ermittlung des für die "Halbdeckung" maßgebenden Zeitraums bleiben nunmehr die dort genannten Ersatz- und Ausfallzeiten sowie Zeiten des Rentenbezugs für die Feststellung sowohl der Versichertenrente als auch der Hinterbliebenenrente unberücksichtigt. Für die Rentenbezugszeit der Klägerin bis zum 30. Juni 1965 führt dies aber zu keiner anderen Beurteilung, weil die Neufassung des § 36 Abs. 3 AVG erst am 1. Juli 1965 in Kraft getreten ist (Art. 2 § 2 Nr. 19 Buchst. g, Art. 5, § 10 Abs. 1 Buchst. e RVÄndG).
Der Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 1962 ist sonach rechtmäßig. Das SG hat diesen Bescheid zu Unrecht aufgehoben, das LSG hat zu Unrecht die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückgewiesen. Auf die Revision der Klägerin sind die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben, die Klage ist abzuweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen