Rz. 300
Da sich die Miterben zuweilen nicht über die Aufteilung des Nachlasses einigen können, bietet das Gesetz für diesen Fall eine Notlösung an: Die Teilung des Nachlasses findet gemäß §§ 2042 Abs. 2, 752 BGB durch Teilung in Natur statt. Soweit dies nicht möglich ist, weil sich ein Gegenstand nicht in gleichartige Anteile teilen lässt, greifen §§ 2042 Abs. 2, 753 BGB ein: Der Gegenstand, sei es Sache oder Recht, ist nach den Regeln des Pfandverkaufs (§§ 1233 ff. BGB), bei Grundstücken durch Teilungsversteigerung gem. §§ 180 ff. ZVG zu versilbern. Sodann erfolgt die Teilung des Geldes.
Rz. 301
Beispiel
Der Großvater setzt seine vier Enkel zu Erben ein. Die vier Enkel stammen ab von drei Kindern des Großvaters.
Der Nachlass bestand nur aus beweglichem Gut. Die drei Elternpaare waren schnell darüber einig, was zu entsorgen war und taten dies. Die Wohnung des Großvaters wurde gekündigt. Die offenen Verbindlichkeiten wurden einverständlich aus dem Nachlasskonto beglichen. Der verbliebene Nachlass besteht aus 100 gleichartigen Inhaberaktien, Bargeld von 600 EUR und einem Restguthaben von 1.200 EUR bei der Bank. Diese können in jeweils vier Teile aufgeteilt werden. Das beschließen die drei Elternpaare und tun dies dann auch gemeinschaftlich. Der Nachlass ist geteilt.
Die Eltern können ihre minderjährigen Miterben bei der Nachlassteilung vertreten. Das eine Elternpaar, das zwei Minderjährige vertritt, kann das auch, denn bei der Kündigung der gemieteten Wohnung, bei der Bezahlung der Schulden, bei dem Auftrag zur Entrümpelung geben alle Miterben gleichgerichtete Willenserklärungen an den jeweiligen Geschäftsgegner, z.B. den Vermieter, ab, auf die § 181 BGB nicht angewandt wird (vgl. Rdn 182).
Wäre eine Versteigerung beweglicher Sachen notwendig, so wäre das bei dem Verkaufsangebot im Rahmen der Versteigerung nicht anders. Wäre auch noch ein Elternteil zusätzlicher Miterbe, so wäre – wegen der Gleichgerichtetheit der Willenserklärungen – ebenfalls § 181 BGB nicht anwendbar, die Mehrvertretung erlaubt. Es bedarf für solche Nachlassauseinandersetzung, also ohne Auseinandersetzungsvertrag, keiner Pflegerbestellung nach § 1909 BGB.
Rz. 302
Die Verteilung des Bargeldes, z.B. 400 EUR, oder des Guthabens auf einem Konto unter vier Kinder, ausgeführt von deren Eltern, drei Ehepaaren, hat nach den gesetzlichen Regeln zu erfolgen. Jeder Miterbe hat einen Anspruch auf Auseinandersetzung (§ 2042 Abs. 2, 749, 758 BGB), der mit der Verteilung der Gegenstände abgeschlossen wird. Die Eltern als gesetzliche Vertreter handeln daher in Erfüllung der Verbindlichkeiten, so dass ein Elternpaar auch mehrere Kinder vertreten kann (§ 181 BGB). Die Bestellung von Ergänzungspflegern (§ 1909 BGB) ist daher nicht notwendig.
Das Vorstehende gilt auch dann, wenn die Verteilung des Erlöses aus den Verkäufen unter den Miterben nicht nur ein einfaches Rechenexempel ist (Beispiel: ¼ aus 100.000 EUR), sondern auch dann, wenn Fragen der Ausgleichung (§§ 2050 ff. BGB) dem Grunde und der Höhe nach anstehen; hier schließen die minderjährigen Kinder nicht sogleich Verträge ab. Anders aber, wenn Streit über die Ausgleichung vergleichsweise durch Pfleger oder Vormund beigelegt wird (vgl. § 1822 Nr. 12 BGB).
Rz. 303
Indem die Elternpaare sich absprechen, wie sie zwecks Auseinandersetzung vorgehen wollen (hier nach den gesetzlichen Regeln), schließen sie noch keinen "Erbteilungsvertrag", wie er in § 1822 Nr. 2 BGB genannt ist: sie teilen noch nichts. Würden sie beschließen, ein im Nachlass befindliches riesengroßes Wiesengrundstück in die Teilungsversteigerung zu geben und würde man in der Einigung der Miterben darüber einen Erbteilungsvertrag i.S.d. § 1822 Nr. 2 BGB erblicken, dann müsste die Absprache notariell beurkundet werden (§ 311b Abs. 1 BGB), obgleich nur ein formloser Antrag auf Teilungsversteigerung (§§ 180, 16 ZVG) zu stellen ist. Gleichermaßen ist die Einigung, das Grundstück in gleichwertige Teile aufzuteilen, noch kein Erbteilungsvertrag.
Später werden die Elternpaare sich einigen, wie der Netto-Nachlass verteilt wird, was hier höchst einfach ist: Sie werden einen mündlichen oder schriftlichen Erbteilungsvertrag abschließen. Anschließend werden Übereignungen nach §§ 929 ff. BGB, Abtretungen (§ 398 BGB) und Auflassungen von Teilgrundstücken (§§ 873, 925 BGB) von der Gesamthand auf die einzelnen Miterben vorgenommen
Bei der Durchführung der Vereinbarung steht jeder Miterbe auf beiden Seiten, der Gebenden als Gesamthänder, wie der Nehmenden als Einzelperson. Eine Sache wird beispielsweise aus dem Gesamthandseigentum aller Miterben auf den Miterben zu Alleineigentum übertragen. § 181 BGB verbietet dies In-Sich-Geschäft nicht, weil dies in Erfüllung einer Verbindlichkeit geschieht. Es bedarf keiner Bestellung von Ergänzungspflegern, wenn Eltern den Vertrag schließen (§§ 1643, 1822 Nr. 2 BGB).
Werden für die geschilderte Nachlassauseinandersetzung keine Ergänzungspfleger für die beiden Kinder bestellt, die von demselben gesetzlichen Vertreter vertreten w...