Zusammenfassung

 
Überblick

Die Nachteile schwerbehinderter Menschen und sog. Gleichgestellter im Arbeitsleben versucht das Sozialgesetzbuch (SGB IX) auszugleichen. Insgesamt zählt das SGB IX zum Sozialrecht. Ein wichtiger Bereich innerhalb des SGB IX betrifft die Pflicht von Arbeitgebern, schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen. Der folgende Beitrag behandelt umfassend die Ausgestaltung der Beschäftigungspflicht schwerbehinderter Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der aktuellen Regelungen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Das Recht der Schwerbehinderten ist im Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) geregelt. Zuletzt wurde es durch das Gesetz zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 17.7.2017 (BGBl 2017 I , S. 2541) sowie durch das Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts vom 6.6.2023 geändert.

1 Geschützter Personenkreis

Jeder Arbeitgeber mit einer bestimmten Anzahl von Mitarbeitern hat nach dem SGB IX die Pflicht, einen gewissen Anteil schwerbehinderter Menschen zu beschäftigen. Wann ein Arbeitnehmer als schwerbehindert bzw. als gleichgestellt gilt, definiert § 2 SGB IX.

1.1 Schwerbehinderte Menschen

Menschen sind schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von mindestens 50 vorliegt.[1] Behinderung bedeutet: die körperliche Funktion, die geistige Fähigkeit oder die seelische Gesundheit des Betreffenden weicht höchstwahrscheinlich für länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand ab und beeinträchtigt seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Den Grad der Behinderung (GdB) stellt auf Antrag das zuständige Versorgungsamt nach SGB IX fest. Die Rechtsprechung verlangt für die Bewertung des Grades der Behinderung eine am jeweiligen Einzelfall orientierte Beurteilung, die alle die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinflussenden Umstände berücksichtigt.[2]

Beträgt der Grad der Behinderung mindestens 50, wird auf Grundlage der Feststellung des Versorgungsamts ein Ausweis über die Schwerbehinderteneigenschaft des Antragstellers ausgestellt (Schwerbehindertenausweis) – und zwar mit einer Gültigkeitsdauer von längstens 5 Jahren. Existieren Anhaltspunkte dafür, dass die Schwerbehinderung nicht über 5 Jahre anhält, kann der Ausweis auch auf einen entsprechend kürzeren Zeitraum befristet werden. Nach dem Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen wurde § 6 Abs. 2 SchwbAwV dahingehend geändert, dass der Ausweis nun auch auf unbestimmte Dauer ausgestellt werden kann. Dies ist immer dann möglich, wenn eine wesentliche Veränderung der gesundheitlichen Verhältnisse des Antragsstellers nicht zu erwarten ist.

Voraussetzung für die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft ist schließlich, dass der Mensch mit Behinderungen seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland hat.

 
Hinweis

Kein Antragsrecht für Arbeitgeber

Der Arbeitgeber hat kein eigenes Recht, den Antrag zu stellen und kann deshalb die Feststellung der Schwerbehinderung eines Mitarbeiters nicht einleiten. Dies gilt unabhängig davon, wenn er aufgrund seiner Beschäftigungspflicht ein Interesse an dieser Feststellung hat.

1.2 Gleichgestellte

Der Arbeitgeber kann seiner Pflicht auch genügen, indem er sog. Gleichgestellte[1] beschäftigt. Als den schwerbehinderten Menschen Gleichgestellte gelten Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von 30 oder 40, die aufgrund ihrer Behinderung keinen geeigneten Arbeitsplatz erlangen oder behalten können. Im Abs. 3 des § 2 SGB IX werden also 2 Fälle geregelt:

  • Der Mensch mit Behinderungen hat bereits einen geeigneten Arbeitsplatz, kann ihn aber nicht behalten, wenn er nicht gleichgestellt wird.
  • Der Mensch mit Behinderungen hat keinen Arbeitsplatz und kann ohne Gleichstellung auch keine geeignete Arbeitsstelle finden.

Die Gleichstellung – die ebenfalls befristet werden kann – erfolgt durch die Agentur für Arbeit auf Antrag des Betroffenen.[2]

Voraussetzung ist, dass bereits beim Versorgungsamt ein Verfahren durchgeführt, dabei der Grad der Behinderung von mindestens 30 festgestellt wurde und der Antragsteller wiederum seinen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland hat.

1.3 Jugendliche mit Behinderungen in der Berufsausbildung

Durch das Gesetz zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen werden auch Jugendliche mit Behinderungen und junge Erwachsene während ihrer Zeit der Berufsausbildung den schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.[1] Das gilt auch, wenn der Grad der Behinderung weniger als 30 beträgt oder gar nicht festgestellt wurde. Der Nachweis der Behinderung erfolgt durch eine Stellungnahme der Agentur für Arbeit.

2 Die Arbeitgeberpflicht zur Einstellung von schwerbehinderten Menschen

2.1 Beschäftigungspflichtquote

Die Pflicht eines Arbeitgebers zur Einstellung von schwerbehinderten Menschen besteht, wenn er jahresdurchschnittlich monatlich 20 Arbeitnehmer oder mehr beschäftigt.[1] Er hat dann...

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