Rz. 2

Die Vorschrift bestimmt in Abs. 1 Satz 1, dass das Leistungsverfahren nicht von Amts wegen, sondern grundsätzlich auf Antrag des Versicherten beginnt. Das grundsätzliche Erfordernis der Antragstellung beruht auf der Erwägung, dass der Versicherungsträger von sich aus in aller Regel den Eintritt eines Versicherungsfalles nicht zu erkennen vermag. Hierfür ist die Mitwirkung des Anspruchsberechtigten erforderlich. Ausdrücklich wird dies auch in § 19 Satz 1 SGB IV bestimmt, nach dem Leistungen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung auf Antrag erbracht werden, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt. Insoweit enthalten die Regelungen in § 115 Abs. 1 Satz 1 und § 19 SGB IV Sonderbestimmungen für das Rentenrecht. Das bedeutet gleichzeitig, dass der Rentenversicherungsträger – von den gesetzlich geregelten Ausnahmetatbeständen abgesehen – ohne Antrag nicht tätig werden kann. Der Antrag ist damit grundsätzlich Voraussetzung für die Einleitung des Verfahrens. Der Anspruch auf Rente entsteht als Stammrecht unabhängig vom Leistungsantrag (BSGE 61 S. 108). Er hat allerdings auch materiell-rechtliche Bedeutung, d. h., er ist Voraussetzung für die Entstehung des materiell-rechtlichen Anspruchs dann, wenn es dem Willen des Versicherten anheim gestellt ist, den Versicherungsfall auszulösen (z. B. §§ 36, 37). Gleichzeitig bewirkt der Antrag in materieller Hinsicht, ab wann die Leistung beginnt (vgl. § 99).

Andererseits besteht nach dem SGB keine Verpflichtung zur Rentenantragstellung. Jedoch kann sich eine Obliegenheit zur Antragstellung etwa gemäß § 51 SGB V aufgrund einer entsprechenden Aufforderung seitens des Krankenversicherungsträgers ergeben. Es besteht allerdings auch im Falle des § 51 SGB V rechtlich keine Verpflichtung zur Antragstellung, denn der Versicherte kann der Aufforderung des Krankenversicherungsträgers nicht entsprechen. In der Praxis wird aus der Obliegenheit jedoch eine Verpflichtung werden, da der Versicherte sich den Konsequenzen einer Weigerung nicht stellen wird (z. B. Einstellung der Krankengeldzahlung).

Neben den Berechtigten können auch in genau bestimmten Ausnahmen Behörden einen Antrag stellen. Ein eigenständiges Recht auf eine Antragstellung haben die Träger der Sozialhilfe (§ 95 SGB XII), der Grundsicherung (§ 5 SGB II) und der Kriegsopferfürsorge (§ 27 BVG).

§ 115 Abs. 1 ist aber auch im Zusammenhang mit § 17 SGB I zu sehen. Daraus ergibt sich die Verpflichtung des Versicherungsträgers, darauf hinzuwirken, dass unverzüglich klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden. Diese Verpflichtung des Leistungsträgers besteht aber nur, soweit er aus den Gesamtumständen Kenntnis davon hat, dass ein Leistungsanspruch bestehen kann.

 

Rz. 3

Für die Stellung des Antrags ist eine bestimmte Form nicht vorgeschrieben, insbesondere ist nicht die Benutzung der von den Versicherungsträgern erstellten Vordrucke notwendig, wenngleich dies zur Vollständigkeit der Angaben auch dienlich erscheint. Der Antrag kann auch mündlich oder etwa per E-Mail gestellt werden. Erforderlich ist jedoch, dass der Versicherte erkennbar zum Ausdruck bringt, eine Leistung zu beanspruchen bzw. von seinem Antragsrecht Gebrauch zu machen. Bei Unklarheiten ist der Rentenversicherungsträger gemäß § 16 Abs. 3 SGB I verpflichtet, diese durch Rückfragen zu beseitigen. Aus § 16 Abs. 1 Satz 1 SGB I folgt, dass der Antrag grundsätzlich beim zuständigen Leistungsträger zu stellen ist. Die Antragstellung bei den in § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB I genannten Stellen (u. a. andere Leistungsträger, Gemeinden) ist – auch bezüglich der Frist – unschädlich. Ferner sind gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1 SGB IV auch die Versicherungsämter verpflichtet, Anträge auf Leistungen aus der Sozialversicherung, mithin auch Rentenanträge, entgegenzunehmen.

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