Entscheidungsstichwort (Thema)

(Drei-Objekt-Grenze bei Grundstücksveräußerungen einer Personengesellschaft oder einer Grundstücksgemeinschaft: "Veräußerungen" an die Gemeinschafter oder Mitunternehmer als Zählobjekte bei der "Drei-Objekt-Grenze", Realteilung ohne Ausgleichszahlungen oder Teilauseinandersetzung mit Schuldübernahme, Schenkung von Grundstücken)

 

Leitsatz (amtlich)

Werden einzelne Objekte einer Grundstücksgemeinschaft den Gemeinschaftern gegen Zahlung auf das gemeinsame Baukonto zu Alleineigentum zugewiesen, so handelt es sich nicht um Vorgänge, die auf die "Drei-Objekt-Grenze" Anrechnung finden.

 

Orientierungssatz

1. Wird von den Mitgliedern einer Personengesellschaft oder Personengemeinschaft Grundbesitz veräußert, so ist für das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels darauf abzustellen, ob die Gesellschaft oder Gemeinschaft mehr als drei Objekte veräußert hat. Es bleibt offen, ob Grundstücksgeschäfte einer Mitunternehmerschaft mit ihren Mitunternehmern überhaupt als Vorgänge anzusehen sind, die auf die Drei-Objekt-Grenze Anrechnung finden.

2. In die Drei-Objekt-Grenze sind weder Grundstücke, die ohne Gewinn an Bekannte und Freunde verschenkt werden, noch Grundstücke, die im Wege der Realteilung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft oder Bruchteilsgemeinschaft den einzelnen Gesellschaftern zu Alleineigentum übertragen werden, einzubeziehen. Die Realteilung ohne zusätzliche Ausgleichszahlung wird auch dann nicht als Anschaffungsgeschäft und Veräußerungsgeschäft angesehen, wenn im Rahmen der Realteilung Schulden der vermögensverwaltenden Gesellschaft oder Gemeinschaft übernommen werden oder wenn ein Grundstück im Rahmen einer gegenständlichen Teilauseinandersetzung gegen Übernahme von Schulden der Gesellschaft oder Gemeinschaft übertragen wird.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2; GewStDV § 1

 

Verfahrensgang

FG Köln (Entscheidung vom 16.08.1995; Aktenzeichen 1 K 4456/89)

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute. Der Ehemann ist selbständiger Architekt. Gemeinsam erwarben die Kläger im September 1979 ein Grundstück in S. Auf diesem Grundstück begannen sie, ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung zu errichten. Im Dezember 1981 veräußerten sie das Grundstück im Zustand der Bebauung mit der Verpflichtung zur schlüsselfertigen Erstellung zum Preis von 500 000 DM.

Im Januar 1980 erwarben die Kläger ein unbebautes Grundstück in W. Im Juni 1982 begannen sie mit der Errichtung eines Gebäudes, das zwei Wohnungen, zwei Büro- bzw. Praxiseinheiten und eine Garage umfaßte. Das Gebäude war im Juni 1983 bezugsfertig. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten beliefen sich insgesamt auf 936 252 DM. Bereits im März 1983 hatten die Kläger in mehreren Fachzeitschriften inseriert und eine der beiden Praxiseinheiten zur Vermietung oder zum Verkauf angeboten. Im August vermieteten die Kläger diese Einheit auf die Dauer von fünf Jahren an ein Vermessungsbüro. Die andere Büroeinheit nutzte der Kläger zur Ausübung seiner Architektentätigkeit. Von den beiden Wohnungen ist eine vermietet, die andere nutzen die Kläger zusammen mit der Garage zu eigenen Wohnzwecken.

Mit notariell beurkundeter Teilungserklärung vom 29. Dezember 1983 teilten die Kläger das Grundstück wie folgt in Wohnungs- und Teileigentum auf:

Nr.1

Wohnungseigentum, 70 qm, Anteil 133/1000

(fremdvermietet)

Nr.2

Teileigentum, 128 qm, Anteil 247/1000

(vermietet an Vermessungsbüro)

Nr.3

Teileigentum, 82 qm, Anteil 159/1000

(eigenbetrieblich genutzt)

Nr.4

Wohnungseigentum, 224 qm, Anteil 433/1000

(zu eigenen Wohnzwecken genutzt)

Nr.5

Garage, Anteil 28/1000 (zu Nr.4 gehörig).

Im selben Vertrag wurden zwei Einheiten den Klägern jeweils zu Alleineigentum zugewiesen, und zwar:

a) die Einheit Nr.1 dem Ehemann gegen eine Zahlung von 160 000 DM,

b) die Einheit Nr.3 der Ehefrau gegen eine Zahlung von 184 000 DM zuzüglich 25 760 DM Umsatzsteuer. Die Beträge waren zu zahlen auf das gemeinsame Baukonto der Kläger.

Mit Vertrag vom selben Tag veräußerten die Kläger die an das Vermessungsbüro vermietete Einheit Nr.2 an einen Onkel der Ehefrau zum Kaufpreis von 310 000 DM zuzüglich 43 400 DM Umsatzsteuer.

Die Einheiten Nr.4 und 5 blieben im gemeinsamen Eigentum der Kläger.

Anläßlich einer Betriebsprüfung behandelte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Vorgänge als gewerblichen Grundstückshandel. Das FA war der Meinung, daß die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung überschritten seien. Zwar seien nur das Grundstück in S und eine Büroeinheit an fremde Dritte veräußert worden. Die Kläger hätten aber auch die Zuteilung der Wohnung Nr.1 an den Ehemann und der Büroeinheit Nr.3 an die Ehefrau wie Veräußerungen unter Dritten behandelt. Der gezahlte "Kaufpreis" entspreche dem damaligen Marktpreis und übersteige deutlich die tatsächlichen Anschaffungs- und Herstellungskosten. Die Kläger hätten den "Kaufpreis" auch bei der Ermittlung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Bemessungsgrundlage zur Absetzung für Abnutzung (AfA) angesehen.

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage führte zu einem Zwischenurteil, mit dem das Finanzgericht (FG) den Gewinnfeststellungsbescheid für 1983 dergestalt teilweise aufhob, daß Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel entfielen. Das FG vertrat die Auffassung, daß lediglich der Verkauf des Grundstücks in S und der Verkauf an den Onkel als Veräußerung im Sinne der "Drei-Objekt-Grenze" anzusehen sei. Daher fehle es insbesondere an der Nachhaltigkeit einer vermögensumschichtenden Tätigkeit.

Hiergegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision des FA, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

I. Das FG konnte nach § 99 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Zwischenurteil über die entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob die Kläger einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben haben, vorab entscheiden. Eine solche Entscheidung war sachdienlich. Die Beteiligten haben diesem Vorgehen nicht widersprochen.

II. Auch in der Sache selbst ist die Entscheidung des FG revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Die Kläger haben in den Streitjahren keinen gewerblichen Grundstückshandel betrieben.

Nach § 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung a.F. --ab Veranlagungszeitraum 1983 § 15 Abs.2 des Einkommensteuergesetzes (EStG)-- ist Voraussetzung für die Annahme eines Gewerbebetriebs eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Tätigkeit i.S. des § 18 EStG anzusehen ist. Hinzukommen muß, daß die Tätigkeit den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet.

Über den Bereich privater Vermögensverwaltung hinausgehende Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden beim An- und Verkauf von Grundstücken nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dann erzielt, wenn mindestens vier einzelne Objekte angeschafft bzw. errichtet und in einem engen zeitlichen Zusammenhang hiermit wieder veräußert werden (vgl. BFH-Urteil vom 18. September 1991 XI R 23/90, BFHE 165, 521, BStBl II 1992, 135, m.w.N.).

Wird von den Mitgliedern einer Personengesellschaft oder Personengemeinschaft Grundbesitz veräußert, ist nach der Rechtsprechung des BFH darauf abzustellen, ob die Gesellschaft oder Gemeinschaft mehr als drei Objekte veräußert hat (BFH-Urteile vom 20. November 1990 VIII R 15/87, BFHE 163, 66, BStBl II 1991, 345; vom 25. April 1991 IV R 111/90, BFHE 165, 188, BStBl II 1992, 283, und vom 10. November 1992 VIII R 100/90, BFH/NV 1993, 538).

Die Kläger haben die vorstehend beschriebene "Drei-Objekt-Grenze" nicht überschritten und damit das Gebiet der privaten Vermögensverwaltung nicht verlassen. Die auf die beiden Eheleute zu Alleineigentum übertragenen Wohn- bzw. Büroeinheiten sind nicht mitzurechnen, da es den Klägern als Veräußerer insoweit an einer Gewinnerzielungsabsicht gefehlt hat. Diese Rechtsgeschäfte stellen sich mithin auch nicht als Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Vermögensumschichtung dar.

Der BFH hat im Urteil vom 14. März 1989 VIII R 373/83 (BFHE 158, 214, BStBl II 1990, 1053) entschieden, daß Grundstücke, die ohne Gewinn an Bekannte und Freunde verschenkt werden, nicht in die Betrachtung, ob die Drei-Objekt-Grenze überschritten ist, einzubeziehen sind.

In gleicher Weise sind auch solche Grundstücke nicht in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen, die im Wege der Realteilung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft oder Bruchteilsgemeinschaft den einzelnen Gesellschaftern zu Alleineigentum übertragen werden (so bereits --ohne Problematisierung-- Senatsurteile vom 7. Dezember 1995 IV R 78/94, nicht veröffentlicht --NV--; vom 25. Januar 1992 IV R 76/92, NV). Die Realteilung ohne zusätzliche Ausgleichszahlung wird nicht als Anschaffungs- und Veräußerungsgeschäft angesehen (vgl. zur Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft BFH-Beschluß vom 5. Juli 1990 GrS 2/89, BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837, 844 unter C. II. 2. a; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 11. Januar 1993 IV B 2 - S 2242 - 86/92, BStBl I 1993, 62 Tz.25).

Um einen unentgeltlichen Erwerb handelt es sich auch dann, wenn im Rahmen der Realteilung Schulden der vermögensverwaltenden Gesellschaft oder Gemeinschaft übernommen werden. Das gilt auch dann, wenn die Höhe der übernommenen Schulden die Beteiligungsquote übersteigt (BFH-Beschluß in BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837, 844 unter C. II. 2. a; BMF-Schreiben vom 11. Januar 1993, BStBl I 1993, 62 Tz.25). Schließlich tritt kein anderes Ergebnis ein, wenn ein Grundstück im Rahmen einer gegenständlichen Teilauseinandersetzung gegen Übernahme von Schulden der vermögensverwaltenden Gesellschaft oder Gemeinschaft übertragen wird. Die Folgen der Teilauseinandersetzung entsprechen grundsätzlich denen der Gesamtauseinandersetzung.

Zur letztgenannten Fallgruppe gehört der Streitfall. Die im Vertrag vom 29. Dezember 1983 vereinbarten Zahlungen sollten auf das gemeinsame Baukonto der Kläger bei der X-Bank, für die ausweislich des Vertrages vom 29. Dezember 1983 Grundschulden in Höhe von 740 000 DM eingetragen waren, überwiesen werden. Es handelt sich daher um Beträge, die zur Tilgung der Schulden der Grundstücksgemeinschaft bestimmt waren und nicht um Abfindungszahlungen an den jeweils anderen Gesellschafter. Erst recht liegt nicht der Fall vor, daß eine ohnehin gewerblich tätige Grundstücksgesellschaft Grundbesitz an einen der Gesellschafter zu fremdüblichen Bedingungen veräußert (vgl. hierzu Schmidt, Einkommensteuergesetz, 14.Aufl., § 15 Rdnr.668).

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, daß die Kläger die gemäß dem Vertrag vom 29. Dezember 1983 überwiesenen Beträge als Anschaffungskosten behandelt und der Bemessung der AfA bei ihren jeweiligen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugrunde gelegt haben. Es handelt sich insoweit um eine unzutreffende rechtliche Würdigung. Das FA wird prüfen, ob die Veranlagungen, denen diese Würdigung zugrunde liegt --ggf. nach § 174 Abs.4 der Abgabenordnung (AO 1977)-- geändert werden können.

Da mithin die Übertragungen des Alleineigentums an den Einheiten 1 und 3 in W nicht als Verkaufsgeschäfte anzusehen sind, bietet der Streitfall keine Veranlassung zu der Entscheidung der Frage, ob Grundstücksgeschäfte einer Mitunternehmerschaft mit ihren Mitunternehmern überhaupt als Vorgänge anzusehen sind, die auf die Drei-Objekt-Grenze Anrechnung finden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66078

BFH/NV 1996, 367

BStBl II 1996, 599

BFHE 181, 19

BFHE 1997, 19

BB 1996, 2180-2181 (LT)

DB 1996, 2107-2108 (LT)

DStR 1996, 1597-1598 (KT)

DStZ 1997, 53 (KT)

HFR 1997, 20-21 (L)

StE 1996, 666 (K)

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