Arbeitgeber sind gemäß § 164 Abs. 1 Satz 1 SGB IX verpflichtet, zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Der Arbeitgeber muss hierzu nach § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit aufnehmen. Verletzt der Arbeitgeber eine dieser Obliegenheiten, kann bereits dies die Benachteiligung wegen der Behinderung indizieren.

Die Pflicht aus § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX bedeutet konkret, dass Arbeitgeber grundsätzlich jeden freien Arbeitsplatz der Agentur für Arbeit frühzeitig melden müssen. Die Kontaktaufnahme erfolgt "frühzeitig", wenn die Arbeitsagentur in der Lage ist, einen Vermittlungsvorschlag zu erstellen.[1]"Frühzeitig" bedeutet nach in der Literatur vertretener Auffassung, dass mindestens eine Woche vor der öffentlichen oder internen Bekanntmachung der Ausschreibung die Arbeitsagentur informiert wird, damit sie den entsprechenden Vorlauf für die Erarbeitung von Vermittlungsvorschlägen hat, bevor die Bewerbungen eingehen.[2] Die bloße Einstellung einer Stelle in die Online-Jobbörse der Agentur für Arbeit genügt jedenfalls den Anforderungen nicht, wenn nicht zugleich ein Vermittlungsauftrag erteilt wird. Wird die Arbeitsagentur nicht eingeschaltet, begründet dies die widerlegliche Vermutung einer Benachteiligung des Bewerbers wegen der Schwerbehinderung.[3] Eine höchstrichterliche Klärung der insofern aufgeworfenen Fragen liegt – soweit ersichtlich – noch nicht vor.

 
Praxis-Tipp

Umsetzung in der Praxis

Ein vor diesem Hintergrund aus unserer Sicht derzeit grundsätzlich denkbarer Weg wäre eine E-Mail des Arbeitgebers an die zuständige Agentur für Arbeit, noch ehe die Stellenausschreibung veröffentlicht wird. In dieser E-Mail könnte der Arbeitgeber der Agentur den freien Arbeitsplatz mitteilen und sie gleichzeitig um die Vermittlung eines schwerbehinderten Menschen für den freien Arbeitsplatz bitten. Diese E-Mail könnte der Arbeitgeber z. B. zudem mit der Erklärung versehen, dass er – sollte er innerhalb von 10 Tagen keine Rückmeldung auf seine E-Mail erhalten – davon ausgeht, dass der Agentur für Arbeit kein schwerbehinderter Mensch bekannt ist, mit dem der freie Arbeitsplatz besetzt werden könnte. Nach Ablauf der 10 Tage könnte der Arbeitgeber die Stelle öffentlich ausschreiben.

[1] LAG Berlin-Brandenburg, v. 12.12.2013, 26 TaBV 1164/13.
[2] Düwell, Dau/Düwell/Joussen/Luik, SGB IX, 2022, § 164 SGB IX, Rz. 138, m. w. N.
[3] LAG Berlin-Brandenburg, v. 12.12.2013, 26 TaBV 1164/13.

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