Zusammenfassung

 
Überblick

Der Beitrag erläutert die rechtlichen Grundlagen zum Betriebsübergang und zur Anwendung des § 613a BGB und geht dabei speziell auf die Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers nach § 613a Abs. 5 BGB ein. Die umfangreiche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) werden dargestellt.

1 Die Unterrichtungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB

Nach § 613a Abs. 5 BGB sind die an dem Betriebsübergang beteiligten Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitnehmer über den Betriebsübergang zu unterrichten. Eine fehlerhafte Unterrichtung kann Folgen für die Ausübung des Widerspruchsrechts durch die Arbeitnehmer haben und ggf. Schadensersatzansprüche begründen.

1.1 Unterrichtungspflichtige

Sowohl der bisherige als auch der neue Inhaber des Betriebs- oder Betriebsteils sind zur Unterrichtung der vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 5 BGB verpflichtet.[1] Die Unterrichtungspflicht gilt unabhängig von der Betriebsgröße. Der Betriebsveräußerer und der Betriebserwerber müssen sich verständigen, in welcher Weise sie ihre gemeinsame Pflicht erfüllen. Damit können die Folgen fehlerhafter oder unterbliebener Unterrichtung beide Arbeitgeberparteien des Betriebsinhaberwechsels treffen. Der betroffene Arbeitnehmer kann im Falle unrichtiger oder unterbliebener Unterrichtung seine Rechte wahlweise gegen den Veräußerer oder den Erwerber geltend machen. Im Regelfall wird die Verpflichtung zur Unterrichtung in der Praxis den Betriebsveräußerer treffen. Die Unterrichtungspflicht steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers aus Abs. 6. Die Ausübung des Widerspruchsrechts trifft in erster Linie den Betriebsveräußerer, da die Arbeitsverhältnisse bei ihm verbleiben und er die Arbeitnehmer ggf. nicht mehr einsetzen kann. In Einzelfällen ist es jedoch auch denkbar, dass der Betriebserwerber ein Interesse daran hat, die Arbeitnehmer des Betriebs zu halten.

Die Unterrichtungspflicht gegenüber den Arbeitnehmern besteht neben der ggf. gegenüber dem Betriebsrat bestehenden Pflicht zur Unterrichtung über den Betriebsübergang. Die Unterrichtung des Betriebsrats allein ist aber nicht ausreichend.

Die Unterrichtung muss gegenüber den vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmern erfolgen. Das sind die Arbeitnehmer, die dem vom Übergang betroffenen Betrieben oder Betriebsteilen zuzuordnen sind.

[1] Vgl. auch Schiefer/Worzalla NJW 2009, S. 558; C. Meyer SAE 2009, S. 212; zu Fehlerquellen vgl. Schiefer, PuR 2023, S. 27; zu grenzüberschreitenden Übergängen vgl. Simon/Hinrichs NZA 2008, S. 391.

1.2 Inhalt der Unterrichtung

1.2.1 Grundsätze

Der bzw. die Arbeitgeber haben den vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer so zu unterrichten, dass dieser sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände (siehe im Folgenden) ein Bild machen kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts erhalten.[1] § 613a Abs. 5 BGB fordert eine Information der Arbeitnehmer auch über die mittelbaren Folgen des Betriebsübergangs, auch wenn von diesen nicht direkt Positionen der Arbeitnehmer betroffen werden, die ökonomischen Rahmenbedingungen des Betriebsübergangs jedoch zu einer so gravierenden Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer bei dem neuen Betriebsinhaber führen, dass dies ein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses ist.[2] Der Inhalt der Unterrichtung richtet sich nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung.[3] Zu beachten ist, dass Kenntnisse eines Beteiligten am Betriebsübergang dem anderen zugerechnet werden.[4] Sie müssen sich somit ggf. untereinander informieren.[5]

 
Praxis-Beispiel

Informationspflicht zwischen den Unternehmen

Der Betriebsübernehmer hatte dem A nach dem Betriebsübergang betriebsbedingt gekündigt. Der A erhob nach Ablauf der 3-Wochenfrist Kündigungsschutzklage. Er hatte beim Betriebsveräußerer Schwerbehindertenurlaub erhalten. Die Kenntnis des Betriebsveräußerers über die Schwerbehinderung des A wird dem Betriebserwerber zugerechnet. Da die Schwerbehinderung als ihm bekannt galt, hätte er vor der Kündigung das Integrationsamt um Zustimmung ersuchen müssen. Mangels Zustimmung des Integrationsamts begann nach § 4 Satz 4 KSchG die Klagefrist für die Kündigungsschutzklage nicht zu laufen. Die Kündigungsschutzklage war daher mangels Anhörung des Integrationsamts erfolgreich.[6]

Die Unterrichtung kann auch erst nach dem Betriebsübergang erfolgen.[7] Das ist in der Praxis vor allen Dingen dann der Fall, wenn notwendige Informationen im Einzelfall vor dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs noch nicht vorliegen.[8] Wird die Unterrichtung später vervollständigt, ist die Vervollständigung aus Gründen der Rechtssicherheit und Klarheit als solche zu bezeichnen, damit der Arbeitnehmer von dem nunmehrigen Beginn der Widerspruchsfrist Kenntnis erlangt. Sie wirkt nicht auf die ursprüngliche Information zurück.[9] Die Widerspruchsfrist begin...

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