Der Anspruch auf Zeugniserteilung entsteht nach den gesetzlichen Bestimmungen bei Beendigung des Beschäftigungs- oder Berufsausbildungsverhältnisses.[1] Voraussetzung ist natürlich immer, dass der Arbeitnehmer die Erteilung des Zeugnisses beim Arbeitgeber beansprucht. Dabei darf man keine zu hohen Anforderungen an die Wortwahl des Zeugnisantrags stellen. Wünscht der Arbeitnehmer ein "Zeugnis", dann wird man aufgrund des Sprachgebrauchs davon ausgehen müssen, dass er ein qualifiziertes Zeugnis haben möchte; das einfache Zeugnis wird üblicherweise nur als "Bescheinigung" bezeichnet, während mit dem Begriff des Zeugnisses auch eine Leistungs- und Verhaltensbeurteilung verbunden wird.

Vom Bundesarbeitsgericht wird ein Anspruch auf ein Endzeugnis spätestens nach Ablauf der Kündigungsfrist zuerkannt, und zwar auch dann, wenn Kündigungsschutzklage erhoben wurde und die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses rechtlich noch nicht geklärt ist,[2] da der Arbeitgeber, der die Kündigung ausgesprochen hat, von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgeht. Der Arbeitgeber darf nicht bis zur Beendigung des Kündigungsrechtsstreits zuwarten, bis er das Zeugnis erteilt,[3] selbst wenn der Arbeitnehmer zur Vermeidung von wirtschaftlichen Nachteilen (Verzugslohn) während der Dauer des Kündigungsschutzprozesses vorläufig weiterbeschäftigt wird.

In der Literatur wird dem Arbeitnehmer bereits vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Zeugnisanspruch zuerkannt, wenn davon auszugehen ist, dass das Arbeitsverhältnis demnächst enden wird; dies ist der Fall, wenn entweder eine Kündigung ausgesprochen oder ein Aufhebungsvertrag geschlossen wurde. Das Zeugnis soll ihm die Möglichkeit geben, sich rechtzeitig bewerben zu können. Allerdings kann das Zeugnis erst nach Ausspruch der Kündigung verlangt werden. Wird die Kündigung bereits vor Beginn der gesetzlichen oder vereinbarten Kündigungsfrist ausgesprochen, entsteht der Anspruch mit Beginn der Kündigungsfrist. Endet das Arbeitsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf – z. B. bei befristeten Beschäftigungsverhältnissen –, entsteht der Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses ab dem Zeitpunkt, der der gesetzlichen Kündigungsfrist entspricht.[4] Da das Beschäftigungsverhältnis zu diesem Zeitpunkt noch nicht beendet ist und sich die für die Beurteilung im Zeugnis maßgeblichen Umstände bis zum Ablauf der Kündigungsfrist noch ändern können, kann das Zeugnis nur als Zwischenzeugnis oder vorläufiges Zeugnis beansprucht werden.[5]

In Ausnahmefällen steht dem Arbeitnehmer auch vor Ausspruch der Kündigung und vor Beginn der Kündigungsfrist ein Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses zu, z. B.

  • wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer demnächst eine Kündigung in Aussicht stellt,
  • wenn das Zwischenzeugnis für Fortbildungskurse bedeutsam ist,
  • zur Vorlage bei Behörden, Gerichten oder zur Kreditgewährung bei einer Bank,
  • wenn eine Versetzung in einen anderen Arbeitsbereich oder an einen anderen Arbeitsort vorgesehen oder erfolgt ist,
  • wenn der Vorgesetzte wechselt oder gewechselt hat,[6]
  • bei organisatorischen Änderungen des Unternehmens,
  • bei Bewerbung um eine neue Stelle, auch bei einem anderen Unternehmen,
  • bei längeren Arbeitsunterbrechungen (Wehr- oder Zivildienst, Elternzeit, Ruhen des Arbeitsverhältnisses wegen einer längeren beruflichen Fortbildungsmaßnahme, Beginn der Freistellungsphase in der Altersteilzeit o. Ä.),
  • im Fall der drohenden Insolvenz des Arbeitgebers, damit der noch zuständige Vorgesetzte das Zeugnis erteilen kann,
  • im Fall der Betriebsnachfolge oder des Betriebsübergangs nach § 613a BGB.

Kein triftiger Grund für das Beanspruchen eines Zwischenzeugnisses ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer es nur deshalb haben will, um mit dessen Hilfe den Anspruch auf eine Höhergruppierung durchsetzen und beweisen zu wollen.[7]

Die Beschäftigten müssen in diesen Fällen begründen, warum sie ein Zwischenzeugnis begehren.

Ein Recht, das Zeugnis wegen etwaiger Gegenansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zurückzubehalten – z. B. Rückforderung des Weihnachtsgeldes –, steht dem Arbeitgeber nicht zu. Dies wäre nicht vereinbar mit der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Der durch die Zurückbehaltung des Zeugnisses möglicherweise verursachte Schaden des Arbeitnehmers stände außer Verhältnis zu den Belangen des Arbeitgebers.

[4] Schaub, Linck, Arbeitsrechtshandbuch, 19. Aufl. 2021, § 147 Rz. 7.
[5] Münchener Kommentar, Henssler, 9. Aufl. 2023, § 630 Rz. 14.

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