Zusammenfassung
Ziel des Mutterschutzgesetzes ist es, eine verantwortungsvolle Abwägung zwischen dem Gesundheitsschutz für eine schwangere oder stillende Frau und ihr (ungeborenes) Kind einerseits und der selbstbestimmten Entscheidung der Frau über ihre Erwerbstätigkeit andererseits sicherzustellen. Das Gesetz gewährt Schutz vor zu hohen körperlichen Belastungen bis hin zu völliger Freistellung von der Arbeit, insbesondere durch die Mutterschutzfristen von 6 Wochen vor und verschieden langer Fristen nach der Entbindung, sowie durch die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und Kündigungsschutz.
Da das Mutterschutzgesetz Frauen und Kindern kurz vor und nach der Entbindung besonderen Schutz zukommen lassen soll, bestehen für die werdenden Mütter Mitwirkungsobliegenheiten und -pflichten. Zwar bestehen die Schutzpflichten auch ohne Kenntnis des Arbeitgebers, aber nur bei Einhaltung der Informationsobliegenheiten kann die Frau ihre weitergehenden Rechte auf der Basis der für den Arbeitgeber entstehenden Pflichten vollständig in Anspruch nehmen. Die zentrale Norm ist hier § 15 MuSchG.
1 Geltungsbereich des Mutterschutzgesetzes
1.1 Persönlicher Geltungsbereich
Das Mutterschutzgesetz gilt nach § 1 Abs. 2 MuSchG zum einen für Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen. Hinsichtlich der Art des Arbeitsverhältnisses unterscheidet das Gesetz nicht. Teilzeit (also auch ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis) oder Vollzeit, befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis, einfache Tätigkeit oder Führungsposition (leitende Angestellte), Haupt- oder Nebentätigkeit – sämtliche Arbeitsverhältnisse werden erfasst. Der Begriff des Arbeitsverhältnisses entspricht dem des allgemeinen Arbeitsrechts. Es muss also ein privatrechtliches, vertraglich begründetes Dauerschuldverhältnis vorliegen, in dem die Frau im Dienste eines anderen zur Leistung fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Erfasst werden in unionsrechtskonformer Auslegung auch weibliche Vorstandsmitglieder und Geschäftsführerinnen. Familienstand, Lebensalter oder Staatsangehörigkeit sind ohne Belang. Ebenso spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob die Frau gesetzlich oder privat krankenversichert ist und welches Einkommen sie oder die Familie bezieht. Die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung hat lediglich Auswirkungen auf Leistungen nach dem Mutterschutzgesetz.
Das Gesetz galt auch schon für in Heimarbeit Beschäftigte und ihnen Gleichgestellte, soweit diese am Stück mitarbeiten, da es anderenfalls an einer vergleichbaren Belastung am Arbeitsplatz fehlt. Mitarbeit am Stück bedeutet, dass die Heimarbeiterin selbst an der für die Heimarbeit festgelegten Arbeit beteiligt sein muss, nicht nur organisatorische oder andere Aufgaben wahrnehmen darf. "Soweit" bedeutet, dass bei Heimarbeiterinnen mit gemischter Tätigkeit (z. B. Organisation/Mitarbeit am Stück) der Mutterschutz nicht schlechthin ausgeschlossen ist, sondern sich nur auf denjenigen Teil der Tätigkeit erstreckt, der mit der Tätigkeit am Stück verbunden ist.
Gemäß § 1 Abs. 2 MuSchG fallen nun insgesamt 8 Gruppen unter den Anwendungsbereich des Gesetzes. Dies sind:
- Auszubildende und Praktikantinnen,
- Frauen mit Behinderungen, die in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen beschäftigt sind,
- Frauen, die als Entwicklungshelferinnen i. S. d. Entwicklungshelfer-Gesetzes tätig sind (ohne dass Lohnersatzleistungen gewährt werden sollen),
- Frauen, die einen Jugend- oder Bundesfreiwilligendienst absolvieren,
- Frauen, die als Mitglieder einer geistlichen Genossenschaft, Diakonissen oder als Angehörige einer ähnlichen Gemeinschaft tätig sind,
- Heimarbeiterinnen,
- arbeitnehmerähnlich beschäftigte Frauen und
- Schülerinnen und Studentinnen, soweit die Ausbildungsstelle Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildungsveranstaltung verpflichtend vorgibt oder die ein im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung verpflichtend vorgegebenes Praktikum ableisten (ohne dass Kündigungsschutz oder Lohnersatzleistungen gewährt werden sollen).
Das Mutterschutzgesetz findet grundsätzlich auch Anwendung bei fehlerhaft begründeten Arbeitsverhältnissen, die nichtig und zu jedem Zeitpunkt für die Zukunft auflösbar sind (sog. faktische Arbeitsverhältnisse). Solange auf unwirksamer Rechtsgrundlage die Arbeits- und Entgeltleistungen ausgetauscht werden, gelten die Arbeitsschutzbestimmungen, einschließlich der Beschäftigungsbeschränkungen und -verbote. Indes besteht kein Kündigungsschutz na...