Die Möglichkeit eines Verzichts auf das Pflichtteilsrecht sieht § 2346 Abs. 2 BGB zwar ausdrücklich vor, allerdings ist hiermit nur der Verzicht vor Eintritt des Erbfalls angesprochen (Everts in BeckOGK/BGB, § 2346 Rz. 25; Lange, ZEV 2022, 557, 558). Der postmortale Verzicht ist letztlich nichts anderes als ein Erlass i.S.d. § 397 Abs. 1 BGB zugunsten der verpflichteten Person (Wachter, DB 2017, 2500, 2501). Ein solcher Erlass ist auch nach Verjährungseintritt möglich, da die verjährte Schuld – wie dargelegt – fortbesteht (Rieble in Staudinger, BGB, § 397 Rz. 69). Formvorschriften bestehen nicht (vgl. LG Mosbach v. 21.10.2020 – 2 O 279/18, ZEV 2021, 542 Rz. 43; Lange, ZEV 2022, 557, 559), allerdings ist ein Erlassvertrag erforderlich und ein "Verzicht" durch einseitige Erklärung grundsätzlich ausgeschlossen (Götz in Stenger/Loose, BewG/ErbStG/GrStG, § 3 ErbStG Rz. 310).

Beraterhinweis Ein Verzicht gegen Abfindungsleistung kann etwa dann sinnvoll sein, wenn die Bewertung der Erbmasse oder einzelner Nachlassgegenstände und damit die Ermittlung des Pflichtteilsanspruchs mit Schwierigkeiten behaftet ist und eine einvernehmliche, rechtssichere Lösung angestrebt wird (vgl. etwa den Formulierungsvorschlag bei Horn, NJW 2016, 1559, 1560).

Ferner können in letztwilligen Verfügungen Sanktionen für die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen vorgesehen sein (Wälzholz, ZEV 2007, 162, 164 f.), weshalb ein Interesse bestehen kann, durch einen Verzicht gegen Abfindung die förmliche Geltendmachung zu umgehen (zur Abgrenzung von Geltendmachung und Verzicht gegen Abfindung vgl. Gottschalk in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 3 Rz. 226).

Steuerlich kann der Verzicht gegen Abfindung – genau wie die Geltendmachung – der optimalen Nutzung der Freibeträge nach § 16 Abs. 1 ErbStG dienen, etwa in den häufigen Fällen des Berliner Testaments (Wälzholz, ZEV 2007, 162, 162 f.; Hülsmann in Wilms/Jochum, ErbStG, § 3 Rz. 159; zu den steuerlichen Folgen s. unten III.). Vor diesem Hintergrund kann sich der Verzicht gegen Abfindung gerade dann als geeignete Gestaltungsalternative darstellen, wenn die Pflichtteilsansprüche verjährt sind (Wälzholz, ZEV 2007, 162, 164).

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