BMF, 12.4.2013, IV D 2 - S 7330/09/10001 :001

Ungeachtet der besonderen Berichtigungspflichten im Insolvenzverfahren wegen Uneinbringlichkeit aus Rechtsgründen (vgl. Abschnitt 17.1 Abs. 11 bis 13 UStAE) finden die grundsätzlichen Regelungen des § 17 UStG weiterhin Anwendung. Wie die sich hieraus ergebende Steuerverbindlichkeit im Insolvenzverfahren zu qualifizieren ist, richtet sich nach den Grundsätzen der Insolvenzordnung – InsO – und den hierzu ergangenen Verwaltungsanweisungen.

Nach § 55 Abs. 4 InsO gelten Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners aus dem Steuerschuldverhältnis, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeiten. Es handelt sich insoweit um Verbindlichkeiten, die während der vorläufigen Insolvenzverwaltung begründet wurden. Die neue Regelung ist auf alle Insolvenzverfahren anzuwenden, deren Eröffnung ab dem 1.1.2011 beantragt wurde. § 55 Abs. 4 InsO findet ausschließlich auf den sog. schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter Anwendung (vgl. auch Rz. 2 des BMF-Schreibens vom 17.1.2012, IV A 3 – S 0550/10/10020-05 (2012/0042691), BStBl 2012 I S. 120).

Werden im vorläufigen Insolvenzverfahren Entgelte aus Umsätzen durch den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter oder durch den Insolvenzschuldner mit Zustimmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters vereinnahmt, die vor der vorläufigen Insolvenzverwaltung durch den (späteren) Insolvenzschuldner nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG berichtigt wurden, sind die hierauf entfallenden Steuerbeträge (erneut) zu berichtigen. Diese auf Grund der Vereinnahmung entstehende Steuerberichtigung begründet eine sonstige Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 4 InsO. Denn der sich aus § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG ergebene Steueranspruch ist erst mit der Vereinnahmung vollständig verwirklicht, mithin im vorläufigen Insolvenzverfahren.

Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO liegen auch dann vor, wenn die Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG während der vorläufigen Insolvenzverwaltung erfolgt und das Entgelt durch den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter oder durch den Insolvenzschuldner mit Zustimmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters vereinnahmt wird.

Von diesen Berichtigungen nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG wegen Uneinbringlichkeit aus sonstigen Gründen (z.B. Zahlungsunfähigkeit des Entgeltschuldners, vgl. auch Abschnitt 17.1 Abs. 16 neu) während der vorläufigen Insolvenzverwaltung sind die Berichtigungen auf Grund der Uneinbringlichkeit aus Rechtsgründen (d.h. Insolvenz des Unternehmers) abzugrenzen. Uneinbringlichkeit aus Rechtsgründen tritt (erst) mit Eröffnung des eigentlichen Insolvenzverfahrens (vgl. Abschnitt 17.1 Abs. 11 UStAE) bzw. mit Bestellung des starken vorläufigen Insolvenzverwalters (Abschnitt 17.1 Abs. 12 UStAE) ein.

Die vorstehenden Grundsätze gelten sinngemäß auch für den vorläufigen Insolvenzverwalter, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 22 Abs. 1 InsO übergegangen ist (sog. starker vorläufiger Insolvenzverwalter). Die sich aus der Berichtigungspflicht nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG ergebende Umsatzsteuer begründet jedoch eine sonstige Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 2 InsO (vgl. auch Rz. 5 des BMF-Schreibens vom 17.1.2012, a.a.O.). Diese Vorschrift findet – im Gegensatz zu § 55 Abs. 4 InsO – bereits mit Inkrafttreten der InsO zum 1.1.1999 Anwendung.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird Abschnitt 17.1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1.10.2010, BStBl 2010 I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 9.4.2013, IV D 3 – S 7346/12/10001 (2013/0323753), BStBl 2013 I S. …, geändert worden ist, wie folgt geändert:

1. Absatz 13 Sätze 3 und 4 werden wie folgt gefasst:
   
  3Für Steuerbeträge aus Umsätzen, die nach der Bestellung des sog. starken vorläufigen Insolvenzverwalters erbracht worden sind, kommt keine Berichtigung des Umsatzsteuerbetrags nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 UStG in Betracht. 4Diese Steuerbeträge gelten mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als sonstige Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO.”
   
2. Folgender Absatz 14 wird eingefügt:
   
  „(14) 1Ungeachtet der Berichtigungspflichten im Insolvenzverfahren wegen Uneinbringlichkeit aus Rechtsgründen (vgl. Absätze 11 bis 13) findet § 17 UStG weiterhin Anwendung, wenn der Steuerbetrag bereits vor der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters wegen Uneinbringlichkeit des Entgelts aus tatsächlichen Gründen (z.B. wegen Zahlungsunfähigkeit des Entgeltschuldners, vgl. auch Absatz 16) nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 UStG berichtigt wurde und der vorläufige Insolvenzverwalter oder der Insolvenzschuldner mit Zustimmung des schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters das Entgelt im vorläufigen Insolvenzverfahren vereinnahm...

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