Leitsatz

1. Der Steuerentstehungstatbestand des § 8 Abs. 4a Satz 5 StromStG, nach dem die Steuer für die vom Steuerpflichtigen zu ermittelnde Differenzmenge erst bei Beendigung des Ablesezeitraums entsteht, ist nur dann erfüllt, wenn der Steuerpflichtige zur Aufteilung der im gesamten Ablesezeitraum entnommenen Strommenge auf die betroffenen Veranlagungszeiträume eine Schätzung vorgenommen und die voraussichtlich entnommene Menge zur Versteuerung angemeldet hat.

2. Unterlässt der Steuerpflichtige eine solche Schätzung und Anmeldung, ist die Steuer für die gesamte im Kalenderjahr gelieferte und dem Leitungsnetz entnommene Strommenge nach § 5 Abs. 1 Satz 1 StromStG entstanden, sodass die Steuer bei jährlicher Anmeldung nach § 8 Abs. 4 StromStG im der Entnahme folgenden Kalenderjahr anzumelden ist.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 1 Satz 1, § 8 Abs. 4 und 4a StromStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen, das für den geleisteten Strom jährlich Steueranmeldungen abgab. Der Steueranmeldung für das Kalenderjahr 2009 legte sie nur die gegenüber ihren Kunden bereits abgerechneten Strommengen, nicht jedoch die tatsächlich gelieferten Mengen zugrunde. Dementsprechend wurde im Rahmen einer Außenprüfung festgestellt, dass die Klägerin eine Menge von (…) MWh zum Regelsteuersatz sowie eine Menge von (…) MWh zum ermäßigten Steuersatz zu versteuernden Strom nicht angemeldet, sondern lediglich als "Abgrenzung 2009" ermittelt hatte. Daraufhin setzte das HZA die Stromsteuer für das Kalenderjahr 2009 neu fest, wobei es auch die im Prüfbericht als nicht angemeldet festgestellte Menge der Stromsteuer unterwarf.

Die daraufhin erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG urteilte, das HZA habe die Stromsteuer für das Kalenderjahr zu Unrecht neu festgesetzt. Sofern Ablesezeiträume später endeten als der jeweilige Veranlagungsjahr, sei nach § 8 Abs. 4a Satz 2 StromStG für diese Ablesezeiträume die voraussichtlich im Veranlagungsjahr entnommene Strommenge zur Versteuerung anzumelden. Nach dem Ende eines Ablesezeitraums sei die angemeldete Strommenge und die darauf entfallende Steuer nach § 8 Abs. 4a Satz 3 StromStG zu berichtigen. Aus § 8 Abs. 4a Satz 5 StromStG ergebe sich, dass die Steuer für die Differenzmenge erst in dem Zeitpunkt entstehe, in dem der Ablesezeitraum ende. Durch diese Regelung entstehe ein eigener Steueranspruch für die Differenzmenge. Deshalb hätte die von der Prüferin ermittelte Mehrmenge allenfalls zu einer Änderung der für das Kalenderjahr 2010 festgesetzten Steuer führen können (FG Düsseldorf, Urteil vom 17.4.2013, 4 K 4692/12 VSt, Haufe-Index 6528236).

 

Entscheidung

Aus den in den Praxis-Hinweisen dargestellten Gründen hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen.

 

Hinweis

1. Die Stromsteuer entsteht (u.a.) dadurch, dass vom im Steuergebiet ansässigen Versorger geleisteter Strom durch Letztverbraucher im Steuergebiet dem Versorgungsnetz entnommen wird. Steuerschuldner ist der Versorger; er kann die entstandene Steuer monatlich oder jährlich anmelden. Entscheidet sich der Steuerschuldner (wie im Streitfall) für eine jährliche Anmeldung, ist die Steuer nach § 8 Abs. 4 StromStG für jedes Kalenderjahr (Veranlagungsjahr) bis zum 31. Mai des folgenden Kalenderjahres anzumelden. In der Steueranmeldung sind die im Veranlagungsjahr dem Versorgungsnetz entnommenen Strommengen anzugeben, für die die Steuer durch Entnahme entstanden ist.

2. Die Ablesezeiträume, die ein Versorger für seine Stromkunden vorsieht, sind oft nicht mit dem Veranlagungsjahr identisch. Für solche Fälle ermöglicht das Verfahren nach § 8 Abs. 4a StromStG eine den Veranlagungsjahr übergreifende Ermittlung und Anmeldung der Steuer. Der Versorger hat die in dem betreffenden Veranlagungsjahr durch den Stromkunden entnommenen, aber bei diesem noch nicht abgelesenen Strommengen zu schätzen (das Gesetz verlangt insoweit eine sachgerechte und von einem Dritten nachvollziehbare Schätzung), und die darauf entfallende Steuer anzumelden und zu entrichten. Wird dann im folgenden Veranlagungsjahr beim Kunden abgelesen, muss der Versorger die zunächst geschätzte Entnahmemenge auf der Grundlage der nunmehr vorliegenden Abrechnung berichtigen. Dies geschieht im laufenden neuen Veranlagungsjahr. Um eine Änderung der ursprünglichen Steueranmeldung zu vermeiden, fingiert § 8 Abs. 4a Satz 5 StromStG die Entstehung der Steuer bzw. des Erstattungsanspruchs für die Differenzmenge zwischen der angemeldeten und der berichtigten Menge für das Ende des Ablesezeitraums.

3. Der BFH hat mit vorliegendem Urteil entschieden, dass eine Steuerberichtigung nach diesem Verfahren nicht möglich ist, wenn der Versorger es unterlässt, die im Veranlagungsjahr durch den Kunden entnommene, jedoch noch nicht abgelesene Strommenge zu schätzen, sondern diese (vermutlich entnommene) Menge schlicht nicht anmeldet. In einem solchen Fall kann es sich bei der von der Steueranmeldung noch nicht erfassten Entnahmemenge nicht um eine Differenzmenge i.S.d. § 8 Abs. 4a Satz...

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