Rz. 28

[Autor/Stand] Angesichts der erheblichen Mängel der Einheitsbewertung stellt sich die Frage, ob die Regelungen noch dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gerecht werden. Wenn bei der Einheitsbewertung als Bewertungsziel der gemeine Wert angestrebt wird und gleichzeitig bestehende Wertverzerrungen zwischen den Grundstücksarten als unstreitige Tatsache hingenommen werden, wird dies dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit mE jedenfalls dann nicht mehr gerecht, wenn die Wertverzerrungen einen allgemein akzeptierten Toleranzbereich für unvermeidbare Bewertungsungenauigkeiten überschreiten. Dies gilt mE auch dann, wenn die Einheitsbewertung nur noch für die Grundsteuer von Bedeutung ist und sich insoweit nur eine als gering einzuschätzende Belastung ergibt. Denn der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung muss auch für Abgaben mit geringer Belastungswirkung gelten. Dagegen kann aus der ebenfalls zwischenzeitlich offenkundigen Tatsache, dass der festgestellte Einheitswert das Wertniveau des gemeinen Werts auch nicht annähernd abbildet, für sich allein mE kein Verstoß gegen die Verfassungsmäßigkeit hergeleitet werden. Denn das Bewertungsniveau wirkt sich aufgrund der gemeindespezifischen Hebesätze ohnehin nicht unmittelbar auf die Grundsteuerbelastung aus. Insoweit erscheint die Abweichung des festgestellten Einheitswerts vom gemeinen Wert allenfalls als Schönheitsfehler.

 

Rz. 29

[Autor/Stand] Dagegen sind nach dem BFH-Urteil v. 2.2.2005[3] die bestehenden Wertverzerrungen innerhalb der Einheitsbewertung des Grundvermögens im Ertragswertverfahren verfassungsrechtlich hinnehmbar. In dem Urteilsfall errichteten die Kläger 1994 ein Einfamilienhaus, das das FA auf den 1.1.1995 im Ertragswertverfahren bewertete. Gegen den entsprechenden Einheitswertbescheid wendeten die Kläger ein, dass sie im Vergleich mit den Eigentümern älterer Häuser benachteiligt würden, weil noch immer auf die Wertverhältnisse vom 1.1.1964 (Hauptfeststellungszeitpunkt) abgestellt und in der Praxis nicht geprüft werde, ob die Ertragsfähigkeit älterer Häuser mittlerweile durch vorgenommene Renovierungen gesteigert worden sei. Klage und Revision der Kläger blieben erfolglos.

Der BFH wies zunächst darauf hin, dass die Einheitswerte des Grundbesitzes nach dem Wegfall der Vermögensteuer und als Folge der Maßgeblichkeit der Grundbesitzwerte nach §§ 138 ff. BewG für die Erbschaft- und Schenkungsteuer – abgesehen von Ausnahmen in der Landwirtschaft – nur noch für die Grundsteuer von Bedeutung seien. Beschränkt auf die Grundsteuer sei aber zu berücksichtigen, dass die im Ertragswertverfahren festgestellten Einheitswerte des Grundbesitzes regelmäßig erheblich unter dem gemeinen Wert lägen, so dass schwer vorstellbar sei, eine Neuregelung der Einheitsbewertung werde rückbezogen auf den 1. Januar 1964 oder den im Streitfall betroffenen Stichtag "1. Januar 1995" zu einer Herabsetzung der Einheitswerte für Ein- und Zweifamilienhäuser führen. Es komme hinzu, dass Wertverzerrungen in Bezug auf die Bemessungsgrundlage bei der Grundsteuer wegen der geringeren steuerlichen Belastungswirkung verfassungsrechtlich in höherem Ausmaß hinnehmbar seien als bei der Vermögensteuer sowie bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer. 2 Auch etwaige Mängel beim Vollzug der Einheitsbewertung durch die Finanzverwaltung führten nochnicht zur Verfassungswidrigkeit der Vorschriften über die Einheitsbewertung, da diese auf einen korrekten Vollzug, nicht aber im Widerspruch dazu auf Ineffektivität angelegt seien.[4]

 

Rz. 30

[Autor/Stand] Die Bemessung der Einheitswerte nach den Wertmaßstäben auf den 1.1.1964 ist auch nach dem Urteil des FG Berlin v. 30.11.2005[6] verfassungsgemäß. Der BFH hat die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil als unbegründet zurückgewiesen.[7] Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen.[8] Nach dem Urteil des FG Berlin v. 30.11.2005 trifft es zwar zu, dass bei dem streitbefangenen Bescheid über den Einheitswert des Grundvermögens noch immer auf die Wertverhältnisse auf den 1.1.1964 abgestellt wird, da es zu einer gesetzlich angeordneten neuen Hauptfeststellung bisher nicht gekommen ist, und dass der Umstand, dass die ursprünglich vom Gesetz vorgesehene turnusmäßige Durchführung von Hauptfeststellungen unterblieben ist, zu erheblichen Wertverzerrungen innerhalb des Grundbesitzes geführt hat. Das Absehen von einer neuen Hauptfeststellung führt aber noch nicht zu einem Verstoß der Einheitsbewertung gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da die im Ertragswertverfahren festgestellten Einheitswerte regelmäßig erheblich unter dem gemeinen Wert liegen und es daher schwer vorstellbar ist, dass eine Neuregelung der Einheitsbewertung zu einer Herabsetzung der Einheitswerte führen würde.[9] Nach Auffassung des BFH ist die Rechtslage durch die Rechtsprechung des BFH geklärt, der die Verfassungsmäßigkeit trotz der lange zurückliegenden Hauptfeststellungszeitpunkte und der Wertverzerrungen, die sich daraus ergeben können, in stRspr. bejaht.[10] Mit eben die...

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