Revision eingelegt (BFH X R 39/16)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksame Bekanntgabe eines Steuerbescheids gegenüber einem Insolvenzverwalter

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Steuerbescheid kann auch dann dem Insolvenzverwalter gegenüber wirksam bekanntgegeben sein, wenn er ohne den ausdrücklichen Zusatz "als Insolvenzverwalter" namentlich im Adressfeld des Steuerbescheides aufgeführt ist. In einem solchen Fall ist die Bekanntgabe gleichwohl wirksam, wenn sich gemessen am objektiven Empfängerhorizont aus den Gesamtbeständen der Bekanntgabe heraus keine Zweifel daran ergeben, dass der Adressat in seiner Funktion als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Insolvenzschuldners angesprochen ist. Abgrenzung zu BFH, Urteil vom 15. März 1994 XI R 45/93, BFHE 174, 290 und zu BFH, Beschluss vom 22. Juni 1999 VII B 244/98, BFH/NV 1999, 1583

 

Normenkette

AO § 33 Abs. 1, § 171 Abs. 3a; BGB §§ 133, 242

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.04.2018; Aktenzeichen X R 39/16)

BFH (Urteil vom 11.04.2018; Aktenzeichen X R 39/16)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Wesentlichen über die Wirksamkeit der Bekanntgabe von Steuerbescheiden an den klagenden Insolvenzverwalter.

Der Kläger ist seit dem 2. Februar 2006 Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn RG, Inhaber der Firma G-Bau. Mit Bescheid vom 30. April 2008 setzte der Beklagte - das Finanzamt (FA) - die Einkommensteuer (ESt) "für Herrn und Frau R und HG" auf 0 Euro fest. Ebenfalls am 30. April 2008 erging der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2006 in Höhe eines Betrages von 204.900 Euro für A und in Höhe von 57.943 für seine Ehefrau HG. Das Adressfeld beider Bescheide enthält die Angabe "Herrn Wolfgang P, Postfach 100000 20000 H.". Der ESt-Bescheid 2006 enthält den handschriftlichen Zusatz "als Insolvenzverwalter". Der Feststellungsbescheid erging ohne weiteren Zusatz über den Grund der postalischen Adressierung an den Kläger. Beide Bescheide ergingen jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Gegen die vorgenannten Bescheide erhob der Kläger am 20. Mai 2008 Einspruch. Am 9. Dezember 2008 erging ein geänderter Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2006. Der verbleibende Verlustvortrag wurde darin für RG auf 206.886 Euro und für seine Ehefrau auf 92.163 Euro festgestellt. Der Kläger macht geltend, dass ihm dieser Bescheid nicht zugegangen sei. Am 13. Februar 2009 erließ das FA einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten ESt-Bescheid 2006. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufrechterhalten. Das Adressfeld des Bescheides enthält die Angabe "Herrn Wolfgang P., Postfach 100000 20000 H." ohne weiteren Zusatz über den Grund der Adressierung. Durch Bescheid vom 4. März 2009 setzte das FA die ESt 2007 für Herrn RG" auf 81.557 Euro fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, § 164 Abs. 1 AO. Das Adressfeld des Bescheides enthält wiederum die Angabe "Herrn Wolfgang P., Postfach 100000 20000 H." ohne weiteren Zusatz über den Grund der Adressierung. Hiergegen erhob der Kläger am 18. März 2009 Einspruch. Am 21. März 2014 erging ein gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderter ESt-Bescheid 2007 betreffend Herrn RG. Die ESt 2007 ist darin auf 50.940 Euro herabgesetzt. Das Adressfeld des Bescheides enthält die Angabe "Herrn Wolfgang P., Postfach 100000 20000 H. als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn RG". Hiergegen erhob der Kläger am 15. April 2014 Einspruch.

Mit Einspruchsentscheidungen vom 22. Juli 2014 verwarf das FA den Einspruch des Klägers in Sachen ESt 2006 als unzulässig, da wegen der Nullfestsetzung eine Beschwer nicht ersichtlich sei, und wies die Einsprüche in Sachen ESt 2007 sowie in Sachen Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur ESt zum 31.12.2006 als unbegründet zurück.

Mit der am 15. August 2014 erhobenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend:

Der Änderungsbescheid zur ESt 2006 vom 13. Februar 2009, der Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur ESt zum 31.12.2006 und der ESt-Bescheid 2007 vom 4. März 2009 seien aufzuheben, da sie jeweils nicht ordnungsgemäß gegenüber der Insolvenzmasse bekanntgegeben worden seien. Keinem der vorgenannten Bescheide sei zu entnehmen, dass er gegenüber dem Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter habe ergehen sollen. Dies widerspreche den Vorgaben der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und sei im Übrigen auch deshalb nicht hinnehmbar, weil der Kläger nicht nur als Partei kraft Amtes, sondern auch als Rechtsvertreter/Rechtsanwalt tätig sei, so dass er auch den konkreten Rechtsgrund der Zustellung an seine Person kennen müsse. Der Änderungsbescheid zur ESt 2007 vom 21. März 2014 sei zwar ordnungsgemäß adressiert. Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch bereits Festsetzungsverjährung eingetreten. Ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe ungeachtet der Nullfestsetzung in Sachen ESt 2006, weil der Kläger die Existenz eines nicht wirksam zugegange...

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