1. Anfechtung bei Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung (§ 164 Abs. 3 S. 2 AO)

§ 164 Abs. 3 S. 2 AO ordnet an, dass die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Daher muss die Mitteilung der Aufhebung in der für Steuerbescheide geltenden Form (§ 157 Abs. 1 S. 1 AO) ergehen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung (§ 157 Abs. 1 S. 3, § 356 AO) versehen werden.

Beraterhinweis Die wesentliche Bedeutung der Norm liegt darin, dass die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung eine neue Anfechtungsmöglichkeit eröffnet. Das heißt, gegen die Mitteilung über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung kann Einspruch (§ 347 Abs. 1 S. 1 AO) eingelegt werden. Dies ist für den Berater immer dann von Bedeutung, wenn die bisherige Steuerfestsetzung auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen (§ 162 AO) beruht. Denn die Mitteilung nach § 164 Abs. 3 S. 2 AO eröffnet die letzte Möglichkeit, innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist (§ 355 Abs. 1 S. 1 AO) noch eine Steuererklärung nachzureichen.

Beachten Sie: Ein FA ist nicht verpflichtet, bei der Aufhebung eines Nachprüfungsvorbehaltes (§ 164 Abs. 3 S. 1 AO) zusätzlich auf deren Folgen hinzuweisen oder die Einlegung eines Einspruchs zu empfehlen, weil eine Änderung nach § 164 Abs. 2 AO danach nicht mehr in Betracht kommt (BFH v. 12.4.2016 – III B 114/15, BFH/NV 2016, 1249).

Beachten Sie: Beruht ein Steuerbescheid auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen (§ 162 AO) und wird im dagegen gerichteten Einspruchsverfahren immer noch keine Steuererklärung abgegeben, wird der Vorbehalt der Nachprüfung oftmals in der Einspruchsentscheidung aufgehoben. Dies ist ohne weiteres zulässig, da der Vorbehalt gem. § 164 Abs. 3 S. 1 AO jederzeit – also auch in der Einspruchsentscheidung – aufgehoben werden kann (vgl. z.B. BFH v. 9.9.1998 – I R 31/98, BStBl. II 1999, 26). Eines Verböserungshinweises (§ 367 Abs. 2 S. 2 AO) bedarf es dabei nicht (s. z.B. BFH v. 10.7.1996 – I R 5/96, BStBl. II 1997, 5).

Für den Rechtsschutz bedeutet dies: Da die Aufhebung des Vorbehalts Teil der Einspruchsentscheidung ist, gegen die ein weiterer Einspruch gem. § 348 Nr. 1 AO nicht statthaft ist, kann der Steuerpflichtige im Hinblick auf § 164 Abs. 3 S. 2 AO nur Klage erheben (s. z.B. BFH v. 4.8.1983 – IV R 216/82, BStBl. II 1984, 85).

2. Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung und § 68 FGO

Der Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung ist ein Änderungsbescheid i.S.v. § 68 FGO. Ein Bescheid, mit dem das FA nach § 164 Abs. 3 S. 1 AO den Vorbehalt der Nachprüfung aufhebt, wird demnach als Änderungsbescheid ipso iure zum Gegenstand des Klageverfahrens (vgl. BFH v. 20.3.2001 – VIII R 44/99, BFH/NV 2001, 1133; BFH v. 25.2.2009 – IX R 24/08, BStBl. II 2009, 587 = AO-StB 2009, 191).

3. Verständigung auf Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung als Teil einer Verständigung

Insb. in Klageverfahren, deren Gegenstand ein auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhender Steuerbescheid bildet, hat sich folgende Verfahrensweise in der finanzgerichtlichen Praxis bewährt: Der Kläger legt im Klageverfahren die bislang ausstehende Steuererklärung vor. Die Beteiligten erklären sich mit einer zunächst erklärungsgemäßen Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einverstanden und erklären gleichzeitig den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

Der Vorteil dieser Lösung besteht darin, dass das Gericht von einer reinen "Veranlagungstätigkeit", die originär dem FA obliegt, entlastet wird und sich die Gerichtskosten, die in einer solchen Konstellation regelmäßig dem Kläger aufzuerlegen sein dürften (§ 138 Abs. 2 S. 2 FGO i.V.m. § 137 S. 1 FGO), halbieren (Nr. 6111 des Kostenverzeichnisses [Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG). Änderungen der Steuerfestsetzung können dann noch im Besteuerungsverfahren gem. § 164 Abs. 2 AO vorgenommen werden. Streitigkeiten können danach in einem Einspruchs- und ggf. Klageverfahren geklärt werden. Dabei können sich sowohl der Steuerpflichtige als auch die Finanzbehörde auf konkrete, einzelne streitige Punkte konzentrieren, was regelmäßig erheblich zielführender sein dürfte, als einen Streit um die auf geschätzten Besteuerungsgrundlagen beruhende Steuerfestsetzung in toto zu führen.

Beraterhinweis Die beschriebene Vorgehensweise dürfte sich vor allem bei kurzfristig übernommenen Mandaten empfehlen.

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