Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
Rn. 4
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Zum 01.01.2009 wurde für private Kapitaleinkünfte und Veräußerungsgewinne ein einheitlicher ESt-Satz von 25 % eingeführt. Hinzu kommen SolZ und ggf KiSt. Der gesonderte Steuertarif für Einkünfte aus KapVerm im PV ist im zum 01.01.2009 neu eingefügten § 32d EStG geregelt. Die Regelungen zur AbgSt sind Bestandteil des UntStRG 2008 (UntStRG 2008 vom 14.08.2007, BGBl I 2007, 1912 (s vor § 1 Rn 177 (Bitz)); Ergänzungen wurden durch das JStG 2009, BGBl I 2009, 1872 (s vor § 1, Rn 183) und das JStG 2010, BGBl I 2010, 1768 (s vor § 1 Rn 200 (Bitz)) vorgenommen).
Die AbgSt wird grds durch Einbehalt einer KapSt durch inländische Kreditinstitute oder Schuldner der KapErtr mit abgeltender Wirkung erhoben, sofern die KapErtr § 20 EStG zuzuordnen sind und nicht unter das Subsidiaritätsprinzip von § 20 Abs 8 EStG fallen. Der KapSt-Abzug ist in den §§ 43 und § 43a EStG geregelt. Anzurechnende Quellensteuern werden direkt beim KapSt-Abzug gekürzt (§ 32d Abs 5 EStG), sofern keine Verluste aufgelaufen sind. Ein Abzug tatsächlich angefallener WK ist ab 2009 nicht mehr möglich.
Die Einführung der AbgSt geht einher mit einer Verbreiterung der Steuerbemessungsgrundlagen im § 20 EStG. Veräußerungsgeschäfte wurden in den Regelungsbereich des § 20 EStG aufgenommen. Die zum VZ 2008 geltende Haltefrist von einem Jahr als Voraussetzung für die Steuerfreiheit von Veräußerungsgeschäften wurde aufgehoben. Die bisherige Haltefrist von einem Jahr als Voraussetzung für die Steuerfreiheit von Veräußerungsgeschäften wird aufgehoben.
Aufgrund der damit vollkommenen StPfl von Erträgen aus KapVerm verliert die Abgrenzung laufender Einnahmen von Kursgewinnen praktisch an Bedeutung. Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung iSd § 20 Abs 1 Nr 7 EStG in der privaten Vermögenssphäre führt nach Einführung der AbgSt zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 7, S 2, Abs 4 EStG (BFH vom 14.10.2017, VIII R 13/15, BStBl II 2021, 378). Das Halb- bzw Teileinkünfteverfahren, s Rn 21, für Dividenden und Veräußerungsgewinne aus Aktien uÄ ist nicht mehr anzuwenden. Für Dividenden und Veräußerungsgewinne aus Aktien uÄ, die anderen Einkunftsarten zuzuordnen sind, gilt das Teileinkünfteverfahren weiter.
Vom Grundsatz her ist die ESt für KapErtr mit dem Einbehalt der KapSt abgegolten (§ 43 Abs 5 EStG; sog AbgSt), vorausgesetzt die KapErtr sind keiner anderen Einkunftsart zuzuordnen.
Die Bestimmungen des § 32d EStG enthalten Regelungen für eine besondere Besteuerung der KapErtr iRd Veranlagungsverfahrens:
- Pflichtveranlagung zum AbgSt-Satz, wenn kein KapSt-Einbehalt vorgenommen wurde, zB ausländische Depots, private Darlehen;
- Wahlveranlagung zum AbgSt-Satz, zur Berücksichtigung besonderer Umstände, zB bei nicht ausgeschöpftem Sparer-Pauschbetrag, Verlustverrechnung zwischen verschiedenen Depots;
- Wahlveranlagung zum individuellen Steuersatz, sofern dieser niedriger als der AbgSt-Satz von 25 % ist;
- Pflichtveranlagung bei nicht von der AbgSt erfassten KapErtr zum individuellen Steuersatz, zB bei Darlehen und stillen Beteiligungen zwischen Angehörigen, beim Zusammenfallen von Schuldner der KapErtr und Gläubiger bei im Zusammenhang stehender Kapitalüberlassung (Back-to-back-Finanzierungen).
Auf die Kommentierung zu § 32d EStG (s Erläut zu § 32d (Weiss)) wird verwiesen.
Die Besteuerung mit dem einheitlichen Steuersatz von 25 % gilt ausschließlich für den Bereich der privaten Kapitaleinkünfte. Gehören Kapitaleinkünfte zu anderen Einkunftsarten, ist der einheitliche Steuersatz nicht anwendbar und WK sind berücksichtigungsfähig; es gilt das Teileinkünfteverfahren für Dividenden (§ 3 Nr 40 S 1 EStG; 40 % steuerfrei).
Die KiSt wird bei der AbgSt als Zuschlagsteuer erhoben und der Abzug als Sonderausgabe direkt im modifizierten AbgSt-Satz berücksichtigt (§ 32d Abs 1 EStG; § 43a Abs 1 S 2 und 3 EStG). Wahlweise kann die Veranlagung der KiSt erfolgen.
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Stand: EL 171 – ET: 02/2024
vorläufig frei