Rn. 154

Stand: EL 169 – ET: 12/2023

Der einheitlichen gewerblichen Beurteilung (auch relevant im Fall des s Rn 162a – Aufwärtsinfektion) lässt sich durch zwei Ausgliederungsmodelle ausweichend wie folgt entgegenwirken:

(1)

Ausgliederung I: Gewerbliche Sonder-BE eines Gesellschafters einer freiberuflichen PersGes (zB auch eine gewerbliche Vermittlungsprovision neben gewerblichen Tätigkeiten gegenüber Kunden) färben die freiberufliche PersGes selbst nicht gemäß § 15 Abs 3 Nr 1 EStG insgesamt gewerblich: weil eine wortlauterweiternde Auslegung des § 15 Abs 3 Nr 1 EStG nach Auffassung des BFH verfassungsrechtlich bedenklich wäre, weil sie gegen die Rechtsformneutralität verstoßen würde (der Wortlaut bezieht sich nur auf Gesellschaften, nicht jedoch auf Einzelunternehmen: BFH XI vom 28.06.2006, BStBl II 2007, 378; so auch H 15.8 Abs 5 EStH 2022 "Gewerbliche Einkünfte im Sonderbereich des Gesellschafters"); ebenso BFH BStBl II 2009, 795 (glA Kempermann, FR 2007, 577, 578; Schulze zur Wiesche, BB 2006, 75, 76 f; Söffing, DB 2006, 2479; Demuth, KÖSDI 2005, 14 491, 14 498 f; Seer/Drüen, BB 2000, 2176, 2182; Neumann, GmbHR 1997, 621, 628; aA Schoor, INF 1997, 269, 271; Wendt, FR 1996, 265, 273; Gosch, StBp 1995, 43, 44). Der Schutz oder gar die Erhöhung des Steueraufkommens allgemein ist lt BFH kein anzuerkennender Grund für eine den Wortlaut der Vorschrift ausdehnende Auslegung.

Diese Lösung kann sich insbesondere dann anbieten, wenn der betreffende Mitunternehmer ohnehin für die Erbringung der gewerblichen Leistungen gegenüber dem Kunden verantwortlich ist. Es ist nach Ansicht von Korn, NWB 2015, 1042, 1050 nicht steuerschädlich, wenn dem Gesellschafter wegen seiner gewerblichen Nebeneinkünfte bei der Gewinnverteilung der PersGes ein Gewinnmalus auferlegt wird; skeptisch sieht er aber Vereinbarungen im Sozietätsvertrag, die Gesellschaftern gewerbliche Tätigkeiten für Rechnung der Sozietät untersagen (Korn, aaO; mE zutreffend, wenn der Sachverhalt vom gesellschaftsvertraglichen Verbot abweicht).

(2)

Ausgliederung II: Errichtung zweier zivilrechtlich selbstständiger (beteiligungsidentischer) PersGes mit – nach außen erkennbar – jeweils eigenem Zweck und getrenntem Gesellschaftsvermögen

Das BVerfG vom 15.01.2008, 1 BvL 2/04, DB 2008, 1243 verweist zur Vermeidung der Umqualifizierung ausdrücklich auf die Ausweichgestaltung der Gründung einer zweiten (gewerblichen) personengleichen PersGes hin – "weitgehend risikolos und ohne großen Aufwand durch Gründung einer zweiten personenidentischen Schwestergesellschaft" –, ebenso der IV. Senat, BFH vom 13.11.1997, BStBl II 1998, 254; weiter BFH vom 17.12.2008, BStBl II 2009, 795; BFH vom 12.06.2002, BFH/NV 2002, 1554; BFH vom 10.11.1983, BStBl II 1984, 152): hierfür reicht grundsätzlich die Gründung einer weiteren (gewerblichen) BGB-Gesellschaft: BFH vom 19.02.1998, BStBl II 1998, 603; BMF vom 14.05.1997, BStBl I 1997, 566; BMF vom 22.05.1987, DB 1987, 1611. Hierzu führt der BFH ergänzend im Urteil BFH vom 30.06.2022, BFH/NV 2022, 1356 aus, dass es sich insoweit um eine nach außen erkennbare Zweitgesellschaft handeln muss (Rz 19).

Mit einer mit Einkünfteerzielungsabsicht betriebenen Photovoltaikanlage werden bei einer ansonsten vermögensverwaltenden PersGes im Regelfall gewerbliche Einkünfte im Rahmen eines eigenen Gewerbebetriebs erzielt: § 15 Abs 3 Nr 1 EStG. Eine Ausweichgestaltung zur Vermeidung einer Seitwärtsabfärbung ist bei Einspeisungsentgelten aus Photovoltaikanlagen jedoch idR (für Photovoltaikanlagen iSd § 3 Nr 72 S 1 EStG) nicht mehr erforderlich, weil die Seitwärtsabfärbung durch die Neuregelung in § 3 Nr 72 S 3 EStG im JStG 2022 (s vor § 1 Rn 259 (Bitz)), rückwirkend für 2022 entschärft wurde. Lt Kanzler, FR 2023, 241 eine unkonventionelle Lösung des Liebhabereiproblems. Wenn für solche Photovoltaikanlagen ab 2022 kein Gewinn mehr zu ermitteln ist, löst dies keine gewerbliche Seitwärtsabfärbung mehr aus. Ein Übergangswahlrecht für Anlagen, die vor dem Jahr 2022 installiert wurden, existiert nicht, was zur Folge hat, dass ggf Verluste ab 2022 nicht mehr berücksichtigungsfähig sind. Bei einer im Übrigen vermögensverwaltend tätigen Mitunternehmerschaft, die bisher nur aufgrund des Betriebs einer oder mehrerer Photovoltaikanlagen iSd § 3 Nr 72 S 1 EStG gewerblich infiziert war, sind sämtliche WG, insbesondere ein Gebäude, auf, an oder in dem sich eine solche Anlage befindet, mit Ausnahme der Anlage selbst, in 2022 zu entnehmen. Aus Vertrauensschutzgründen wird von einer Entnahme abgesehen, wenn die Verstrickung der stillen Reserven bis zu 31.12.2023 aus anderen Gründen wiederhergestellt ist; wird der mit einer Photovoltaikanlage erzeugte Strom in einem anderen Betrieb des StPfl verbraucht, ist die Überführung unter den weiteren Voraussetzungen des § 6 Abs 5 S 1 EStG mit dem Buchwert zu bewerten: BMF vom 17.07.2023, IV C 6 – S 2121/23/10001 :001, BStBl I 2023, 1494 Rz 23, 27. Ein einheitlicher Betrieb ist unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung dabei – nur – dann anzunehme...

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