Rn. 50c
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Hinsichtlich der Rechte des stillen Gesellschafters hat sich, insb unter ertrag- und erbschaftsteuerlichen Gesichtspunkten, die Unterscheidung in typisch und atypisch stille Beteiligungen eingebürgert. Zur Abgrenzung von der atypischen Gestaltung eingangs die Merkmale der vom Gesetzgeber im HGB initiierten typischen stillen Gesellschaft.
Die typisch stille Gesellschaft ist die Beteiligung eines Stillen am Handelsgewerbe eines (anderen) Geschäftsinhabers, der die Kaufmannseigenschaft besitzen muss (Einzelkaufmann, Personenhandels- oder KapGes). Stiller Gesellschafter kann werden, wer Träger von Rechten und Pflichten sein kann, also natürliche und juristische Personen, PersGes, Vereine und Erbengemeinschaften. Anders als der Geschäftsinhaber bedarf der Stille nicht der Kaufmannseigenschaft. Sie ist in den §§ 230ff HGB geregelt und eine Innengesellschaft in Form der GbR mit lediglich einer Einlage des Stillen (somit gelten ergänzend die §§ 705–740 BGB). Die stille Gesellschaft ist nicht Unternehmensträger, sie gilt laut HGB deshalb auch nicht als Handelsgesellschaft. Das HGB geht von einer zweigliedrigen Gesellschaft aus. Es kann jedoch auch mit mehreren still Beteiligten jeweils ein voneinander unabhängiger Vertrag über eine stille Gesellschaft geschlossen werden bzw können sich mehrere Personen, zusammengeschlossen in einer GbR, am Handelsgewerbe still beteiligen (Jung in Blaurock, Handbuch Stille Gesellschaft, 8. Aufl 2016, Rz 661 ff; Schulze zur Wiesche, GmbH & Still, 7. Aufl. 2019, Rz 41ff).
Eine stille Beteiligung kann sich auch nur auf einen Teilbetrieb (Segment) oder eine Zweigniederlassung beschränken.
Die typische stille Gesellschaft nimmt als Innengesellschaft bürgerlichen Rechtsi als solche nicht am Rechtsverkehr teil und verfügt nicht über Gesamthandsvermögen (BGH v 24.02.1954, II ZR 3/53, BGHZ 12, 308). Sie führt dem Handelsgewerbe steuer- und bilanzrechtlich Fremdkapital zu (BFH v 27.03.2012, BStBl II 2012, 745 Rz 13; BFH v 06.03.2003, BStBl II 2003, 656 zu II.1.b.: qualifizierter Kredit), ohne dass der Stille an der Geschäftsführung beteiligt ist, Zugriff auf das Vermögen des Handelsgewerbes hat oder eine persönliche Haftung eingeht: Frieling/Meyer, DB 2020, 569 mwN. Die Einlage des Stillen geht zwar in das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes über (§ 230 Abs 1 HGB), sie ist aber bei Auflösung der stillen Gesellschaft im Falle der Kündigung bzw am Ende der Laufzeit zurückzuzahlen. Sie führt deshalb in der Bilanz des Geschäftsinhabers zu einer zu passivierenden Verbindlichkeit. Ebenso ist der noch nicht ausgezahlte Gewinnanteil des stillen Gesellschafters als Verbindlichkeit zu passivieren.
Unabdingbare Voraussetzungen für die Begründung einer typisch stillen Gesellschaft sind
- die Beteiligung an einem Handelsgewerbe (eine GmbH gilt als Handelsgesellschaft von Gesetzes wegen gemäß § 13 Abs 3 GmbHG); ist Inhaber eine gewerblich geprägte PersGes iVm § 15 Abs 3 Nr 2 EStG, ist ungeklärt, ob eine stille Gesellschaft iSv § 230 HGB oder lediglich eine BGB-Innengesellschaft vorliegt (so BFH v 16.12.2003, BFH/NV 2004, 1080);
- eine Einlage, wobei das Gesetz keine Kapital-, sondern lediglich eine Vermögenseinlage fordert. Diesen Begriff fasst die Rspr des BFH in Übereinstimmung mit der herrschenden Literaturmeinung weit, hierzu sei verwiesen auf BFH v 27.02.1995, BStBl II 1995, 611, wonach auch Know-how Gegenstand der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters sein kann. Die Einlage kann in allen WG geleistet werden, die für die GmbH einen Vermögenswert repräsentieren, übertragbar und in Geld abschätzbar sind. Auch die Übertragung bzw Nutzungsüberlassung von Sachen und Rechten sowie anderen Gegenständen kann als Einlage anerkannt werden, selbst Dienstleistung ist möglich. BFH BStBl II 1988, 62; BStBl III 1965, 560;
- die Beteiligung am Gewinn (§ 231 Abs 2 Hs 2 HGB; unabdingbar notwendig; BFH BStBl II 1988, 62; BStBl II 1969, 690). Eine Verlustbeteiligung – ohnehin beschränkt auf die Höhe der Einlage – kann abbedungen werden (§ 231 Abs 2 HGB, § 232 Abs 2 HGB).
Der typisch stille Gesellschafter ist am Unternehmen rein kapitalistisch beteiligt (kein Auseinandersetzungsanspruch zum Verkehrswert, erbschaftsteuerlich daher Ansatz der Kapitalforderung zum Nennwert gem R B 12.4 ErbStR 2019), seine Mitwirkung ist beschränkt auf reine Informationsrechte, wie die Vorlage des JA oder die Einsicht in die Bücher (§ 233 HGB; keine Rechte nach § 716 BGB). Der typische stille Gesellschafter nimmt nicht am Geschäftsvermögen und an den stillen Reserven teil; er erzielt Einkünfte aus KapVerm (§ 20 Abs 1 Nr 4 EStG), die der KapSt zu unterwerfen sind: § 43 Abs 1 S 1 Nr 3 EStG. Bei Familienmitgliedern kommt die AbgSt nicht zur Anwendung wegen § 32d Abs 2 EStG iVm § 15 AO.
Bei typischer Ausgestaltung kann die stille Beteiligung eingesetzt werden, um Familienangehörige finanziell abzusichern, ohne ihnen Mitspracherechte am Unternehmen einräumen zu müssen. Die Verzinsung der typisch stillen Einlage ist...