Leitsatz
Auch die ab 2001 geltende Rechtslage setzt für einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn i.S.d. § 34 Abs. 3 i.V.m. § 16 EStG voraus, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen entweder veräußert oder ins Privatvermögen überführt werden.
Normenkette
§ 34 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, § 16 Abs. 2, Abs. 3 EStG
Sachverhalt
Im Rahmen einer Betriebsaufspaltung vermietete der Kläger das Grundstück R an die A-GmbH, an der er bis Anfang 2001 mit 51 % beteiligt war. Das vermietete Grundstück und die Anteile an der A-GmbH waren notwendiges Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens. Die ebenfalls 51 % betragende Beteiligung an der B-GmbH, die er als gewillkürtes Betriebsvermögen aktiviert hatte, brachte der Kläger im Januar 2001 zum Buchwert in das Gesamthandsvermögen der neu gegründeten C-KG ein, an der er als Mitunternehmer beteiligt war. Die Anteile an der A-GmbH veräußerte er kurze Zeit später an einen Dritten. Durch die Veräußerung endete die Betriebsaufspaltung, und das Grundstück R ging zum gemeinen Wert in das Privatvermögen des Klägers über. Der Kläger beantragte, auf den Betriebsaufgabegewinn den ermäßigten Steuersatz gem. § 34 Abs. 3 EStG in der im Streitjahr 2001 geltenden Fassung anzuwenden. Das FA lehnte dies ab, weil nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert worden seien. Vorverfahren und Klage blieben ohne Erfolg (Hessisches FG, Urteil vom 13.4.2011, 12 K 1395/07, Haufe-Index 3458303).
Entscheidung
Die Revision hatte keinen Erfolg. Auch nach Auffassung des BFH konnte der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der A-GmbH und der damit verbundenen Beendigung der Betriebsaufspaltung nicht mit dem ermäßigten Steuersatz gem. § 34, 16 EStG besteuert werden.
Hinweis
Dieses Urteil bestätigt die bisherige Rechtsprechung des BFH, dass §§ 34, 16 EStG nicht zur Anwendung kommen, wenn im Zuge der Betriebsveräußerung bzw. -aufgabe nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen entweder an verschiedene Erwerber veräußert oder ins Privatvermögen überführt werden oder eine Kombination aus beiden Möglichkeiten vorliegt (vgl. dazu BFH, Urteil vom 30.8.2012, IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376), auch für die seit 2001 geltende Rechtslage.
1. Die an Sinn und Zweck des § 34 Abs. 3 i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG orientierte Auslegung erlaubt keine auf den Anteilsübertragungszeitpunkt bezogene isolierte Betrachtung. Der Zweck der Tarifvergünstigung nach §§ 16, 34 EStG besteht nämlich darin, die zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht nach dem progressiven Einkommensteuertarif zu erfassen. Die Tarifvergünstigung setzt demnach voraus, dass alle stillen Reserven der wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang aufgedeckt werden. Eine Zusammenballung liegt nicht vor, wenn dem Veräußerer oder Aufgebenden noch stille Reserven verbleiben, die erst in einem späteren Veranlagungszeitraum aufgedeckt werden.
Das bedeutet, dass auch weiterhin die Tarifvergünstigung dann nicht zu gewähren ist, wenn aufgrund einheitlicher Planung und in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs wesentliche Betriebsgrundlagen ohne Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven aus dem Betriebsvermögen der Gesellschaft ausgeschieden sind.
2.Dem im Revisionsverfahren vorgetragenen Gedanken, durch die Neufassung des § 34 EStG durch das StSenkErgG sei aus einer Fiskalzwecknorm eine Sozialzwecknorm geworden, die insbesondere kein Missbrauchspotenzial mehr beinhalte, sodass die bisherige Rechtsprechung keine Geltung mehr beanspruchen könne, erteilt der X. Senat eine Absage. Weder der Entstehungsgeschichte noch dem eindeutigen Wortlaut des § 34 EStG, der ausdrücklich auf die Veräußerungsgewinne gem. §§ 14, 14a, 16 und 18 EStG verweise, noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift sei zu entnehmen, dass auf eine Zusammenballung der Einkünfte verzichtet werden könne.
Der Charakter und die Funktion einer Vorschrift als Sozialzwecknorm können damit nicht dazu führen, trotz eines anderslautenden, klar zum Ausdruck gekommenen gesetzgeberischen Willens eine Steuervergünstigung zu gewähren. Dass § 34 EStG, insbesondere dessen Abs. 3, im Vergleich zur Rechtslage vor 1998 einen eingeschränkteren Anwendungsbereich hat (nur noch auf Antrag und nur noch für bestimmte Steuerpflichtige) und zudem eine geringere steuerliche Entlastung vorsieht (nur noch einmal im Leben und nur noch für Veräußerungsgewinne bis – derzeit – 5 Mio. EUR), kann nicht dazu führen, auf die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale dieser Norm zu verzichten.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 5.2.2014 – X R 22/12