Dr. Dario Arconada Valbuena, Dr. Andreas Nagel
Zusammenfassung
Wegen weiterhin hoher Corona-Zahlen ist es gut möglich, dass Gerichte wie zuletzt das VG Frankfurt/Oder erneut damit befasst sein werden, ob die Tätigkeit von Steuerberatern und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Rechtspflege gehört und damit als systemrelevant einzustufen ist. Das Verwaltungsgericht hatte dies verneint. Herr Dr. Arconada geht in seinem Beitrag auf die Konsequenzen aus diesem Urteil ein, insbesondere, wenn die besondere Stellung der Steuerberater als Organ der Steuerrechtspflege durch Politik und Rechtsprechung weiterhin nicht erkannt wird. Dann erscheint es ihm zwangsläufig, dass sich höhere Kosten und eine pandemiebedingte Mehrbelastung auch bei der Gebührenfindung auswirken müssen.
1 Steuerberatung: Organ der Steuerrechtspflege nicht systemrelevant
Das Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder kommt in einem Beschluss vom 13.5.2020 (Az. VG 6 L 227/20) zu dem Ergebnis, dass ein Steuerberater kein Organ der allgemeinen Rechtspflege, sondern gem. § 32 Abs. 2 Satz 1 StBerG lediglich ein (entbehrliches) Organ der Steuerrechtspflege ist. Daher schlussfolgern die Richter, dass die Steuerrechtspflege nicht als besonderer Teil der Rechtspflege dem kritischen Infrastrukturbereich der allgemeinen Rechtspflege zugeordnet werden kann, soweit es um die Tätigkeit eines Steuerberaters geht. Denn die Tätigkeit eines Steuerberaters sei im Hinblick auf die Aufrechterhaltung der Steuerrechtspflege nicht zwingend notwendig, weil der Tätigkeitsbereich eines Rechtsanwalts im Rahmen der Steuerrechtspflege den Aufgabenbereich eines Steuerberaters vollständig umfasst.
Gegenstand der Entscheidung
Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass nach der SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg (SARS-CoV-2-EindV v. 8.5.2020) Steuerberatern kein Anspruch auf eine Notbetreuung ihrer Kinder besteht.
Die Entscheidung wird damit begründet, dass die Eltern des Kindes, für das die Notbetreuung begehrt wird, nicht in einem der in der Verordnung geregelten kritischen Infrastrukturbereiche tätig sind.
Insbesondere gehörten die Eltern als Steuerberater bzw. Steuerfachangestellte und Finanzbuchhalterin nicht dem Bereich der Rechtspflege an.
Es geht um mehr als nur den Berufsträger
Bei der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung geht es um mehr als lediglich die steuerberatenden Berufsträger. Vielmehr sind von der Entscheidung auch viele Steuerfachangestellte, Steuerfachwirte und Bilanzbuchhalter betroffen, die in einer Steuerberatungskanzlei arbeiten. Angesichts anhaltend hoher Corona-Zahlen kann es durchaus sein, dass sich Gerichte wieder mit der Frage beschäftigen müssen, ob die Tätigkeit von Steuerberatern und von deren Mitarbeitern zu dem Bereich der Rechtspflege gehört und damit als systemrelevant einzustufen ist.
Steuerberater sind als Organ der Steuerrechtspflege in einem Teilbereich der Rechtspflege tätig. Sie sind in diesem Bereich den Rechtsanwälten statusmäßig gleichgestellt. Für die Ungleichbehandlung von Rechtsanwälten und Steuerberatern im Bereich der Hilfeleistung in Steuersachen gibt es somit keinen sachlichen Grund.
Höhere Kosten auf den Mandanten umlegen
Fraglich ist vor dem Hintergrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, wie zwangsläufige Mehrkosten auf die Mandanten umgelegt werden können? Welche Mehrkosten das sein können, lesen Sie im Folgenden.
Ansatzpunkt ist die Angemessenheit einer Gebühr nach der StBVV. Nach § 64 StBerG, der Ermächtigungsnorm der StBVV, gilt für sämtliche Gebühren der Grundsatz der Angemessenheit.
Die Höhe der vom Steuerberater festzusetzenden Gebühren darf den Rahmen des Angemessenen nicht übersteigen und hat sich nach Zeitaufwand, Wert des Objekts und Art der Aufgabe zu richten. Damit ist klargestellt, dass die Gebühren stets nach den Umständen des Einzelfalls zu berechnen sind. Dem trägt § 11 StBVV Rechnung, der § 14 RVG nachgebildet ist und für alle 3 Arten von Gebühren (Wertgebühr, Zeitgebühr und Betragsrahmengebühr) gleichermaßen gilt.
Corona-Pandemie und § 11 StBVV
§ 11 StBVV nennt 5 Gebührenbestimmungsfaktoren, nämlich
- die Bedeutung der Angelegenheit,
- den Umfang
- und die Schwierigkeit der Tätigkeit,
- die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers
- sowie ein besonderes Haftungsrisiko des Steuerberaters.
Vor diesem Hintergrund kann nicht allgemeingültig festgestellt werden, ob die Mittelgebühr im Einzelfall angemessen ist. Die zutreffende Gebühr ist vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Eine Vermutung, dass die Mittelgebühr die „angemessene” Gebühr ist, stellt die StBVV nicht auf. Gleichwohl orientieren sich Teile der Rechtsprechung an der Mittelgebühr und geben ihr damit eine Bedeutung, die ihr nach den Vorstellungen des Verordnungsgebers eigentlich nicht zukommen sollte (m. w. N. Feiter, StBVV-Kommentar, § 11, Rz. 12).
Sonstige Gebührenbestimmungsfaktoren
Da es sich bei den in § 11 StBVV enumerativ aufgezählten Gebührenbestimmungsfaktoren nur um eine beispielhafte Aufzählung handelt, und der Steuerberater die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung „aller Umstände” zu bestimmen hat, kommen auch and...