Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsausgabe, Fluglizenz, Lebenshaltungskosten
Leitsatz (redaktionell)
Ausbildungskosten zum Hubschrauberpiloten, um "Anti-Frost-Flüge" über eigenen Weihnachtsbaumkulturen durchzuführen, sind jedenfalls dann keine Betriebsausgaben i.S.v. § 4 Abs. 4 EStG, wenn die Ausbildung nicht stringent verfolgt wurde und zumindest auch durch die Freude am Fliegen privat motiviert ist.
Normenkette
EStG § 12 Nr. 1, § 4 Abs. 4
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für eine im Streitjahr 2013 begonnene „Pinch-Hitter”-Ausbildung (Vorstufe zum Erwerb einer Privathubschrauberlizenz [PPL (H)]) als Betriebsausgaben.
Der Kläger, der seinen Wohnsitz im Bezirk des Finanzamts P hat (B), ist ausgebildeter Landwirt und führt als Einzelunternehmer einen forstwirtschaftlichen Betrieb in N. Die diesem Unternehmen zugeordneten Flächen (2-3 ha) nutzt er für den Anbau von Weihnachtsbaumkulturen. Hieraus erzielt der Kläger Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 des Einkommensteuergesetzes – EStG –).
Ferner betreibt der Kläger am identischen Betriebssitz ein gewerbliches Forstunternehmen. Im Rahmen dieses Unternehmens baut er zum einen auf ca. 18 ha (verteilt auf mehrere, nicht zusammenhängende Areale) professionell Nordmanntannen an, die er ebenfalls als Weihnachtsbäume (regelmäßig an Großhändler) veräußert. Zum anderen erbringt er Forstdienstleistungen für andere Waldeigentümer (Holzeinschlag, Holzrücken, Anpflanzen von Jungkulturen, Gitterbau, Anbringen von Verbissschutzmitteln etc.). Die Einkünfte aus dem Forstunternehmen werden übereinstimmend als Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. von § 15 EStG qualifiziert.
Der Beklagte, das Finanzamt J, stellt als zuständiges Betriebsstätten-Finanzamt sowohl die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft als auch diejenigen aus Gewerbebetrieb gesondert fest (§ 180 Abs. 1 Nr. 2b der Abgabenordnung – AO –). Die Feststellungen werden jeweils – so auch im Streitjahr 2013 – in einem zusammengefassten „Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen” ausgewiesen.
Für das Streitjahr 2013 machte der Kläger für sein gewerbliches Forstunternehmen Aufwendungen in Höhe von (netto) 8.046,43 € als Betriebsausgaben geltend, die im Zusammenhang mit einer „Pinch-Hitter”-Ausbildung standen. Jene Ausbildung vermittelt die theoretischen und praktischen Kenntnisse für den Flug, die Navigation und die Landung eines Hubschraubers und soll den Auszubildenden in die Lage versetzen, als Mitfliegender in einem Notfall selbst die Kontrolle über den Hubschrauber zu übernehmen („Notfallpilot”). Mit der erfolgreichen Schulung zum „Pinch-Hitter” erwirbt der Auszubildende zugleich Ausbildungszeiten, die auf den nachfolgenden Erwerb einer Privathubschrauberlizenz (PPL [H]) angerechnet werden können. Einen Antrag auf den Erwerb einer solchen Lizenz stellte der Kläger – über die Flugschule L GmbH – bei der Bezirksregierung N bereits im März 2013.
Anlass für den beabsichtigten Erwerb einer PPL (H)-Lizenz war – nach Einlassung des Klägers – insbesondere die Vermeidung von Substanzschäden durch Frühlings-Frost-einschlag bei den in der Zucht befindlichen Nordmanntannen. Durch Hubschrauberflüge über die Waldgebiete könnten (was wissenschaftlich erwiesen sei) infolge der Luftverwirbelungen durch die Rotorblätter des Hubschraubers Frostschäden vermieden werden (warme Luftschichten werden nach unten gedrückt). Durch die Pilotenlizenz wollte sich der Kläger „schneller und effektiver” gegen den Frost auf seinen eigenen Flächen wappnen. Im Frühling des Jahres 2012 waren dem Kläger nach eigener Darstellung durch den späten Frosteinschlag erhebliche Schäden an den Tannen entstanden, die zu einem Umsatzverlust von ca. 90.000 € geführt hätten. Er plant – wie er anführt – den Erwerb eines eigenen Helikopters, zuvor könnte für Anti-Frost-Flüge ein Helikopter gechartert werden (Hinweis auf die Einlassung des Klägers vom 16.5.2016).
In der Zeit von September bis Anfang November 2013 nahm der Kläger bei der L GmbH für die „Pinch-Hitter”-Ausbildung insgesamt 280 Minuten Flugunterricht. Mit der nachfolgenden Rechnung vom 30.6.2014 – der erste praktische Flugunterricht im Jahr 2014 erfolgte Anfang Juni – stellte die Flugschule die Ausbildung des Klägers auf den Erwerb einer PPL (H)-Fluglizenz um. Der Kläger hat die Ausbildung aktuell noch nicht abgeschlossen. Im Flugbuch (Stand: März 2017) ist aufgezeichnet, dass er
- im Jahr 2014 an insgesamt 1.662 Minuten (Monate Juni-Oktober, Dezember)
- im Jahr 2015 an insgesamt 186 Minuten (Monate Februar, Oktober)
- im Jahr 2016 an insgesamt 1.334 Minuten (Monate April-November)
- (bislang) im Jahr 2017 an insgesamt 566 Minuten (Monate Januar-März)
praktischen Flugunterricht zum Erwerb der PPL (H)-Lizenz in Anspruch genommen hat. In der mündlichen Verhandlung führte der Kläger an, dass er beabsichtige, die PPL (H)-Lizenz noch im Jahr 2017 zu erwerben; die hierfür u.a. erforderlichen zehn Alleinflugstunden könnten erst nach bestandener theoretis...