Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückgängigmachung eines Erwerbsvorgangs

 

Leitsatz (amtlich)

  1. An einer "Rückgängigmachung" des Erwerbsvorgangs i.S. des § 16 GrEStG fehlt es, wenn die Aufhebung des ursprünglichen Kaufvertrages und die Weiterveräußerung in aufeinander folgenden Urkunden vorgenommen werden. Dasselbe gilt, wenn die Urkundenrollennummern anderer Verträge dazwischen liegen, diese Verträge aber zum selben Komplex gehören und im selben Notartermin abgeschlossen werden.
  2. Die Verwertung einer aus dem ursprünglichen Vertrag verbliebenen Rechtsposition im eigenen (wirtschaftlichen) Interesse des Erstkäufers ist anzunehmen, wenn die Weiterveräußerung an einen Dritten erfolgt, dem der Erstkäufer das Grundstück vor der Vertragsaufhebung bereits verkauft hatte.
 

Normenkette

GrEStG § 16 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

A.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte verpflichtet ist, einen Grunderwerbsteuerbescheid nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) aufzuheben.

  • 1. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 06. Mai 2008 (Grunderwerbsteuerakten -GrEStA- Bl. 2 ff.) erwarb die Klägerin von der aus Herrn A und Herrn B bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: C-GbR) das im X-Straße in Hamburg belegene und im Grundbuch von Hamburg-1 Blatt .... eingetragene Grundstück (Flurstück ...1) zum Preis von Euro 1.625.000,00. Das 2.112 qm große Grundstück war mit einem ca. im Jahr 1900 errichteten Mehrfamilienhaus bebaut. Die Verkäuferseite bewilligte und die Klägerin beantragte die Eintragung einer Auflassungsvormerkung (§ 4 des Vertrages). Der Kaufpreis sollte sechs Wochen nach der Beurkundung auf ein Notaranderkonto eingezahlt werden (§ 2 des Vertrages). Der Tag des Zahlungseingangs sollte als Übergabe- und Verrechnungstag gelten (§§ 5, 6 des Vertrages). Auf den weiteren Vertragsinhalt wird Bezug genommen.
  • 2. Mit Vertrag vom selben Tag veräußerte die Klägerin eine noch nicht vermessene Teilfläche dieses Grundstücks von ca. 1.160 qm, auf der sich das Gebäude befand, an die D GmbH zum Preis von Euro 1.050.000,00 zuzüglich zu erstattender Grunderwerbsteuer aus dem Ankauf des Grundstücks in Höhe von Euro 36.750,00 (Anlage K 1, Finanzgerichtsakten - FGA - 3 K 25/10, Anlagenband).
  • 3. Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 23. Mai 2008 (GrEStA Bl. 12 f.) für den Grundstückserwerb durch die Klägerin eine Grunderwerbsteuer von Euro 56.875,00 fest.
  • 1. Am 22. September 2008 schlossen die C-GbR und die Klägerin vor dem beurkundenden Notar E in F einen Vertrag (UR-Nr. ...4/2008; GrEStA Bl. 18 ff.), in dem die Aufhebung des Kaufvertrages vom 06. Mai 2008 vereinbart wurde. In der Vorbemerkung zu diesem Vertrag heißt es:

    "Wir nehmen Bezug auf den am 06.05.3008 UR.Nr. ...5/08 geschlossenen Kaufvertrag. Ein Teilbetrag von Euro 575.000,00 ist am 19.06.2008 auf dem in dem Kaufvertrag genannten Anderkonto (...) hinterlegt worden. Die Restfinanzierung sollte durch den Weiterverkauf von der Käuferin an die Firma D GmbH (UR.Nr. ...6/08) in Höhe von Euro 1.086.750,00 finanziert werden. Dieser Kaufpreis ist am 12.09.2008 auf dem Notaranderkonto (...) hinterlegt worden.

    Auf Wunsch der Käuferin und Drittkäuferin (D) sind die Verkäufer damit einverstanden, dass der oben genannte Kaufvertrag mit Frau G aufgehoben und stattdessen von den Verkäufern die neugebildeten Flurstücke ...2 und ...3 direkt an die Firma H GmbH (anstelle von Frau G) und die Firma D GmbH verkauft werden.

    Voraussetzung und damit aufschiebende Bedingung für die Aufhebung des Kaufvertrages vom 06.05.2008 UR.Nr. ...5/08 mit Frau G ist, dass der auf den beiden Anderkonten hinterlegte Betrag in Höhe von Euro 1.661.750,00 zuzügl. Anderkontozinsen bis spätestens 26.09.2008 an die Verkäufer ausgekehrt werden kann. Sollte diese Bedingung nicht eintreten, ist der nachstehende Aufhebungsvertrag gegenstandslos und der Kaufvertrag vom 06.05.2008 UR.Nr. ...5/08 durchzuführen."

    Die Parteien bewilligten und beantragten die Löschung der eingetragenen Auflassungsvormerkung, verzichteten auf die Geltendmachung gegeneinander gerichteter Ansprüche und erteilten sich Generalquittung. Die Klägerin beantragte die "Nichterhebung" der Grunderwerbsteuer gem. § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Auf den weiteren Vertragsinhalt wird Bezug genommen. Die in der Vorbemerkung genannte Bedingung trat nachfolgend ein.

  • 2. Im selben Notartermin (UR.Nr. ...7/2008 des Notars E) wurde der Kaufvertrag zwischen der Klägerin und der D GmbH ebenfalls aufgehoben (Anlage K 3, FGA 3 K 25/10, Anlagenband).
  • 3. Im unmittelbaren Anschluss verkaufte die C-GbR das inzwischen vermessene, 999 qm große, unbebaute Flurstück ...3, eingetragen im Grundbuch von Hamburg-1 Blatt ...., zum Preis von Euro 575.000,00 an die H GmbH (UR-Nr. ...8/2008 des Notars E, Anlage K 3, FGA Anlagenband). Diese Gesellschaft war durch Gesellschaftsvertrag vom 05. Juni 2008 gegründet worden. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war Herr G (vgl. Handelsregisterauszug und Gesellschafterliste, GrEStA Bl. 24 f.), der Ehemann der Klägerin. D...

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